17. März 2008

07. – 08.02.2008


Nach allem Packen, Essen für die Reise vorbereiten, mit Anands frechem Neffen Kricket spielen und letzte Einkäufe tätigen, ging es gegen 16.00 Uhr endlich los. Heute würden Anands Mutter, Anand und ich, mit dem Zug nach Rajasthan fahren um an einer Hochzeit in dem Dorf Babai teilzunehmen und schon morgen mittag würden wir in Jaipur ankommen. Irgendwie hatten wir viel zu viel Gepäck und Anand war etwas fiebrig, aber nun gab es kein zurück mehr. Am Bahnhof Byculla angekommen, suchten wir ein Taxi um zum Bahnhof Mumbai-Central zu gelangen (das ist ein Bahnhof von dem hauptsächlich Fernzüge abfahren). Leider streikten die Taxis gerade, da während einer politischen Demonstration mehrere Taxis beschädigt wurden und die verursachende Partei nicht für den Schaden aufkommen wollte. Die Polizei half uns ein Taxi zu suchen und letztlich zwangen sie einen Taxifahrer, uns wenigstens in die Nähe des Fernbahnhofs zu bringen, denn die Zeit wurde knapp und mit unseren sieben Gepäckstücken, verteilt auf Anand, mich, seine Mutter und sein Bruder, der zum Tragen mitkam, war der Weg zum Bahnhof auch nicht so einfach. (Wenigstens waren aufgrund des Taxistreiks die Straßen recht leer.)
Aber wir erreichten den Bahnhof früh genug, ca 45 min vorher. Als der Zug (Mumbai-Jaipur Superfast Train...) den Bahnhof mit der üblichen Verspätung erreichte, suchten wir unser Schlafabteil auf und dann ging es los.
Dank der perfekten Vorbereitung von Anands Mutter hatten wir ein reichhaltiges Abendessen bestehend aus zwei verschiedenen Gemüsesorten, Pickle und mit Methi (so eine Art Mini-Spinat) sowie Paneerkäse gefüllte Parathas zur Verfügung, so dass es uns an nichts mangelte. Im Zug kauften wir nur Getränke (Wasser, Tee und Saft.)
Bald klappten wir unsere Betten auf (3-stöckig) und ließen uns vom Zug in den Schlaf wiegen, nicht ohne aufzuwachen, wenn in den Stationen Leute ein- und ausstiegen, bzw. ich aufpasste, dass niemand meine Handtasche klaut.
Am Morgen sahen wir den Sonnenaufgang in Rajasthan. Nun fuhren wir stundenlang durch die karge Steppen- und Wüstenlandschaft, sahen bewässerte Rapsfelder (das Bewässerungssystem ist z.T. ebenfalls Jahrhunderte alt), leere Flussbetten, hochaufragende Berge mit Festungsruinen und immer wieder kleine gepflegte Bahnstationen mit Wasserbecken in Kreuzform. Man sah wenig Menschen und wenn standen sie oft mutterseelenallein auf einem Feld herum und arbeiteten, weit und breit kein Haus in Sicht und man wunderte sich, wie sie dahin gekommen waren. Immer wieder sah ich Kamele, als Lasttiere, die Karren zogen, beim Grasen oder Schlafen. Ansonsten sah man gut ernährte Hunde (nicht wie die Straßenhunde in Mumbai- hier hatten sie Jobs), Schafe, Ziegen, Rinder, Erdmännchen-Kolonien am Bahndamm und in den Dörfern viele, viele Kinder. Die Berge stachen dabei förmlich aus der Landschaft heraus, die ansonsten eher flach, weitläufig und eben war.
Gegen 13.00 Uhr kamen wir in Jaipur an. Auf dem Bahnhof sah man auch einige andere westliche Reisende. Ein Cousin von Anand bildete das Empfangskomando. Anands Mutter und er fuhren mit dem meisten Gepäck weiter in das Dorf in dem die Hochzeit stattfinden sollte, während Anand und ich, für zwei Nächte in Jaipur blieben. Wir wollten uns mit der Motorrikshaw (hier gab es auch Fahradrikshaws) zu einem Hotel fahren lassen, was sein ältester Bruder empfohlen hatte, aber der Rikshawfahrer meinte, es läge in einem komplett muslimischen Viertel, ist muslimisch geführt und westlich gekleidete Menschen sind dort generell nicht gerne gesehen und westlich gekleidete Westler noch weniger. Wir waren zwar nicht überzeugt, er ließ sich aber auch partout nicht überreden uns zu dem Hotel zu fahren, so dass wir uns letztlich das Hotel seiner Wahl ansahen, in dem viele westliche Touristen übernachten. Die Zimmer waren in Ordnung, aber zu teuer für den
Standard. Also fuhr er uns zu einem weiteren Hotel. Dieses war sehr schön, aber es lag etwas abgelegen in Seitengassen und war ziemlich leer. Wir ließen uns zwei Zimmer zeigen, von denen eines sehr klein und das andere nach Zigarettenqualm stank. Außerdem war es noch teurer, als das erste Hotel. Ich wollte nicht weitersuchen, solcherlei Zimmersuche geht mir auf die Nerven; Kopfschmerzen, wenig Schlaf und eine lange Reise hinter sich, hatte ich wenig Lust auf einen ausgedehnten Hotel-such-Streß. Vielleicht hat es auch etwas von dieser Ur-Angst: Hilfe ich bin obdachlos, in sich und so etwas ertrage ich schlecht, vor allem, wenn ich müde bin. Also fuhren wir zurück zum ersten Hotel, was etwas peinlich war, schließlich hatten wir das Zimmer, das wir nun mieteten, erst 30 min vorher abgelehnt. Aber Anand konnte sogar noch den Preis etwas herunterhandeln und wir hatten endlich ein Zimmer im Hotel Bani Park Palace. Es hatte eine lokaltypische Malerei an der Wand, es war eiskalt, da es keine Heizung besaß und keine nennenswerten Fenster, aber es hatte ein (hartes) Bett und war unser. Zuerst ruhten wir uns etwas aus, um dann heiß zu duschen (hurra eine Dusche, hurra heißes Wasser einfach so aus dem Wasserhahn!).
Derart erfrischt versuchten wir uns an einem kleinen Einkaufsbummel in der Stadt. Die Straßen sind gut ausgebaut und sechsspurig, so dass Fahrzeuge schnell fahren können, was überqueren der Straße als Fußgänger zu einem Selbstmordversuch werden ließ.
Wir waren Fußgänger.
Wie immer war das Streß pur für mich, - mein Herz raste wie verrückt, während Anand diese Angst ebenfalls wie immer völlig übertrieben findet, wieso rege ich mich auch über die annähernd hundert Autos, Busse, Lkws, Motorräder etc. auf, die gerade auf uns zurasen, sie werden schon alle anhalten.. . Wir erreichten die andere Straßenseite in einem Stück und besuchten zwei Shopping Malls, die für Touristen erbaut wurden und sehr leer waren, da die Touristen aufgrund fehlender Bürgersteige einfach nicht kommen wollen. Indische Stadtplaner können sich nicht vorstellen, dass westliche Touristen, einen Weg nur zum Laufen benötigen. Außerdem bekommen die Touristen von jedem gesagt, dass in Jaipur nur Gauner unterwegs sind, vor allem von den Jaipurern selbst. Dafür werden einem allenthalben Drogen, Nutten und Diskothekenbesuche empfohlen, so dass ich eine Ahnung davon bekomme, wonach Touristen offenbar normalerweise verlangen. Ich werde auch wesentlich mehr angestarrt als in Dombivli, was mich insofern verwundert, als dass man hier an soviel mehr Ausländer gewöhnt ist. Offenbar haben die Menschen in Mumbai generell weniger Zeit. In der zweiten Mall landeten wir nur, weil sie eine Filiale von “Subway” beherbergte und mir nach Chicken-Sandwich war. Dort fanden wir Läden mit dem tollsten Kunsthandwerk überhaupt und kauften zwei kurze Baumwolltuniken für mich (handbestickt), sowie ein Bettüberwurf, der sich Sonntag/Montag nennt und eine mit Elefanten bedruckte Seite aus blauer Seide, sowie eine bedruckte Baumwollseite zum Wechseln besitzt (für 12 €). Die Händler ließen so bereitwillig mit sich handeln, obwohl ihre Produkte wirklich hochwertig waren. Wir vermuteten demnach, dass sie Geldprobleme hatten, denn die Ladenmieten werden nicht billig sein und Käufer von Kunsthandwerk in der Preisklasse, wird es in der dortigen Bevölkerung eher wenige geben.
Auf dem Rückweg kauften wir unser erstes Bier (Kingfisher) seit langem. Ein Polizist führte uns zu dem richtigen Laden, so dass wir nicht ausversehen Bier für 6 € statt 2 € pro Flasche bezahlten – manchmal heisst es eben auch in Indien... die Polizei, dein Freund und Helfer... Danach kehrten wir mit der Rikshaw ins Hotel zurück, ich erneuerte am Hotelrechner meinen Blog und freute mich über die schnelle Internetverbindung. Da wir zu müde zum Ausgehen waren, aßen wir im Hotelrestaurant, als einzige Gäste. Aber für 4 € bekamen wir ein sehr gutes Abendessen, inklusive aller Getränke und waren sehr satt und zufrieden mit unserer Wahl. Beim Verlassen des Restaurants hatten wir nur eine seltsame Begegnung mit einem französichen Besoffenen, der unbedingt mit seinen Rikshawfahrern im Restaurant essen wollte (“all my friends”) und uns fragte, ob wir die Eigentümer wären- jup, wat sonst ...und ich sah einen Lizzard, mitten durchs Restaurant huschen, so schnell, dass ich noch nicht mal sagen könnte, wie ein Lizzard aussah (vielleicht konnten die anderen auch nichts sehen, und immer wenn man nicht weiß, was es ist, ist es ein Lizzard..:-p) Wieder auf unserem Zimmer, tranken wir unser wohlverdientes Bier und schliefen sofort ein.

1 Kommentar:

  1. In Rom waren die Straßen nicht sechsspuhig, aber ich hatte auch große Angst und hab Hannes damit fast zur Weißglut getrieben. ;)

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