10. März 2008

Stadttour Mumbai

Es geht weiter
Heute ist der 5.März und nach langer Pause kann ich mich wieder meinem Blog widmen. In der Zwischenzeit habe ich Rajasthan, Delhi und Agra besucht und war nach gut einem Monat wieder zurück in Mumbai. Ich hoffe, ich finde nun einen halbwegs vernünftigen Anschluss an die vorhergehenden Posts.
Also zurück zum 31.01.2008, es war ein Donnerstag.
Für diesen Tag hatten wir eine “Touri-Tour” per Bus durch Mumbai gebucht um alles Sehenswerte zumindest einmal irgendwie auch gesehen zu haben, der “Bombay Darshan.”
Um 7.30 Uhr morgens sollte es losgehen, Abholpunkt direkt vor dem Haus. Eine halbe Stunde später ging ich wieder ins Haus weil ich nicht die ganze Zeit draußen herumstehen wollte. Nach noch einer halben Stunde öffnete der Laden in dem wir die Tour gebucht hatten und der Besitzer rief den Busfahrer an. Da sie vergessen hatten uns abzuholen, kehrten sie nach Dombivli zurück, so daß wir schon mit ein-einhalb stündiger Verspätung unsere Tour antreten konnten. Andere Gäste, die später zustiegen hatten dafür bereits zwei Stunden Verspätung in Kauf zu nehmen, aber ja richtig: das ist Indien.
Der erste Punkt, Zoobesuch fiel aus diesem verständlichen Grund vollkommen aus, so dass wir direkt zum zweiten Programmpunkt übergingen, Besuch des Tores “Gateway of India”. Einst errichtet zur Begrüßung königlich britischen Besuchs, ist es heute ein Symbol der Unabhängigkeit Indiens. Ich suchte derweil nur verzweifelt eine Toilette und wir wurden von den Leuten, die wir fragten immer weiter weggeschickt, ohne zu finden was wir suchten. Letztlich gingen wir in das nahegelegene Luxushotel Taj Mahal & Towers und erwarteten fast -freundlich aber bestimmt- wieder herauskomplimentiert zu werden, doch wir hatten keinerlei Probleme. So konnte ich auch das Hotel von innen bewundern. Die “Restrooms” waren mit Blumen geschmückt, sowie einer Dame, die jedem Besucher ein kleines Handtuch zum Händeabtrocknen gab. Manchmal macht es doch Sinn, Ausländer zu sein. Danach konnte ich mir das Gateway of India ansehen, eher es weiterging mit der Bustour. Unsere Mitreisenden waren Inder aus allen Landesteilen, die zu Besuch bei Verwandten in Mumbai waren und eigentlich nur möglichst viele Häuser von Stars sehen wollten, sowie möglichst wenig Geschichtsträchtiges.
Nach einer Fahrt über den Marine-Drive (umbenannt in: Netaji Subashchandra Bose Marg), der bekanntesten Straße in Bombay, besuchten wir das Aquarium. Der Marine Drive, ist eine geschwungene Straße zwischen Arabischen Meer und Stadt und wird aufgrund der Straßenlaternen in der Nacht auch Queens Necklace genannt. Diese Straße spielt häufig eine Rolle in diversen Bollywood-Produktionen. Das Aquarium ist nicht halb so spektakulär. Die Aquarien sind alt und klein, und ohne die geringste Vegetation (nicht mal Plastikwasserpflanzen). Die wenigen Fische leben in grauen Betonbecken und trübem Wasser. Nur einige große Lederschildkröten sind bemerkenswert. Danach hatten wir unser Frühstück(alles von zu Hause mitgenommen, weil ich nicht von Straßenhändlern kaufe- jedenfalls nichts Essbares) auf dem Wall, mit Blick aufs Wasser und der Stadtsilouette gegenüber- ca. 500m entfernt vom Chowpatty-Beach- dem Stadtstrand und anderem bekannter Bollywoodfilm-Tanzszenen-Ort. Das Wasser sieht ungefähr grau-braun aus, schimmert etwas benzinhaltig und enthält jede Menge religiösen Müll vom letzten Ganesha-Festival, vom Baden würde ich dort eher abraten. Ein echter Kodak-Moment (den ich verpasst hatte) waren Kinder einer Koranschule: alle in schneeweißer Tracht und Kappe, spielten sie auf dem Damm und aßen Eis am Stiel.
Nun ging es weiter mit dem Bus – vorbei an zahlreichen Tempeln- in die Höhen der Malabar Hills. (Unterwegs sah ich ein Haus, das fast vollkommen in einem großen Banyanbaum verschwunden war.)
Dort besuchten wir die Hanging Gardens, eine Gartenanlage mit hübsch angelegten Beeten und in Tierform geschnittenen Zierbäumchen. Der eigentliche Star aber ist die spektakuläre Aussicht herunter auf die Stadt, Marine Drive und Chowpatty Beach, sowie dem Blick auf das Wasser zu beiden Seiten der Halbinsel. Auf dem dazugehörigen Spielplatz spielte schon Anand als Kind im “Boothouse- Stiefelhaus” während eines Familienpicknicks.
In den Hanging Gardens befinden sich auch die Begräbnisstätten der Parsi-Kultur, die ihre Toten in Bäumen aufbaren. Dieser Teil ist für die normalen Besucher gesperrt. Die Parsi bilden die größte noch heute existierende Gruppe der Religion des Zoroastranismus. Diese stammt aus babylonischen Zeiten, aus dem Gebiet des heutigen Irak. Später flohen die letzten Überlebenden aus Persien nach Mumbai. Aufgrund ihrer Geschicks und Investierens in die beginnende Industrialisierung, brachten sie es zu einigem Reichtum und bestimmten in früheren Zeiten, das Stadtbild von Bombay mit. Da sie nur untereinander heiraten und die Gruppe recht klein ist, sind sie aber auch Ziel zahlreicher Witze – bezugnehmend auf die häufig vorkommenen genetischer Erkrankungen.
Nach den Gärten, die eine willkommene Entspannung boten (viel grün), besuchten wir den- am Wasser gelegenen- Mahalaxmi Tempel, der einer der meistbesuchten von Mumbai ist, so dass sich ein größerer Tempelbezirk um ihn herum gebildet hat, mit den typischen Heiligenbedarfs-Läden und kleineren anderen Tempeln. An der Rückseite des Tempels kann man eine Münze reiben und sich etwas wünschen, wenn sie dort hängen bleibt aufgrund welcher Kraft auch immer, wird der Wunsch erfüllt. Ich fragte danach, ob ich meine gerade aktuellen Kopfschmerzen auch ohne Medikamente in den Griff bekomme. Die Münze überlegte sich die Frage eine Weile (sie überlegte wohl auch, ob das ein Wunsch im eigentlichen Sinne ist) und hing für mindestens zwei Minuten herum, dann fiel sie herunter. Aufgrund dieser klaren Antwort wartete ich zwei Minuten, schluckte eine Ibuprofen und ging dann herunter zu den anderen Tempeln um mir den rauen Meerblick anzusehen. Hohe Zäune sperrten die Häuser vom dort aufgewühlten Meer ab und riesige Felsen versuchen die Wellen etwas zu brechen. Und doch leben -typisch für Mumbai- auch vor den Mauern noch Menschen in kleinen Hütten, die täglich zur Flut einen äußerst nassen Fußboden haben müssten.
Der nächste Stop war in einer kleinen langweiligen ShoppinMall (Atria-Mall), in der wir uns zwei schlechte 3-D Filme ansehen mussten, und dabei mit Wasser nassgespritzt wurden, deswegen nannte sich das Ganze 4D. Der erste handelte von einer armen Katze in einem Geisterhaus, die immer nur knapp dem Tode entrann und der zweiter war unter Wasser voller Monster. Jeweils eher eklig als beeindruckend. Nach der Fahrt zum Nehru Science Center hatten wir genau 20 Minuten Zeit uns selbiges anzusehen. Dort kann man viele Experimente selber nachstellen und dadurch be-”greifen”. Dafür braucht man aber Zeit, die wir an dem Tag nicht hatten und ein bisschen bin ich von soviel Wissenschaft auch immer schnell gelangweilt- weil es mich an staubtrockenenen Schulunterricht erinnert. Anand war jedenfalls hellauf begeistert und erzählte mir, wie oft er schon während seiner Schulzeit und auch später während des Studiums immer wieder gerne im Center war und wie sehr ihn all das immer wieder aufs Neue fasziniert. Also werden wir ein anderes Mal mit mehr Zeit wiederkommen und vielleicht kann ich dann zumindest ein wenig seine Begeisterung verstehen.
Nach der Fahrt zum bereits erkundeten Juhu-Beach sahen wir also, die langerwarteten Häuser diverser Film- und Fernsehstars und erhaschten einen Blick auf die Brückenkonstruktion, die in einiger Zeit die Bucht von Mumbai umspannen soll. Aufgrund einer Sondervereinbarung von unserm Reiseführer bekamen wir am Strand SevPuri für 14 Rs. (ca. 0,30 €) und aßen noch ein Eis -dann aber zum westlicher Tourist-Preis. Diesmal gingen wir nicht baden sondern nur ein wenig spazieren- es war sehr windig und kühl. Die Sonne und Palmen sorgten dennoch wieder für Urlaubsfeeling. Der Iskcon-Tempel stand auch wieder auf dem Programm, aber wir setzten uns nur in den Innenhof, den soviel hatte sich seit dem letzten Besuch von vor ein paar Tagen nicht verändert. Um 19.30 Uhr war unser Tour-Tag zu Ende und der Bus fuhr zurück nach Dombivli. Aufgrund des täglichen Feierabend-Staus in Flughafenhöhe kamen wir aber erst nach 22.00 Uhr an (für die 45 min Strecke). Für manche Mitreisende war das ebenfalls eine Attraktion, denn z.B. in Kalkutta gibt es gar nicht soviele Lkws und Autos um einen Stau hinzubekommen. Ich war von dem langen Tag eher erschöpft, die schlechten Straßen machen auch Busmitfahren zur sportlichen Betätigung, so dass ich trotzdem auf der Rückfahrt bereits einschlief und in Dombivli angekommen, nach kurzem Abendessen schnell ins Bett wechselte und weiterschlief.

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