30. April 2008

Hochzeit Teil 3


Tag drei diente dem Nachholen aller Rituale, derer wir uns am Vortage verweigert hatten. Zuerst musste ich meine Haare waschen und das letzte meiner drei Hochzeitskleider anziehen. Diesmal ging es zu einem kleinen Tempel, den man eigentlich immer gleich nach der Pooja besuchen sollte. Ich hatte überhaupt keine Lust auf noch mehr Rituale, aber der Tempel war wirklich niedlich und es herrschte so eine Ruhe.


Keine geschätzten hundert Verwandte, die aus irgendeinem Grund ständig streiten müssen.


Nein, mitten in der Stadt herrschte eine dörfliche Idylle, mit kleinen Häuschen, selbstgebastelten Göttern, zwei Kühen, Tempelkatzen und einer uralten, krank aussehenden Hündin, die mich sofort in ihr Herz schloss und immer da, wo ich saß auch liegen musste. Ich konnte verstehen, warum Anands Mutter, diesen Tempel soviel lieber mochte, als all die anderen marmorpolierten Neubauten, die in den letzten Jahren entstanden waren. Wir führten ein Ritual durch, in dem man im Kreis läuft und sich abwechselnd mit einem grünen Strauch berühren musste (okay wir veränderten es zu einer Art Fechtshow), gaben den Kühen etwas Grünfutter und ehrten jeden Gott des Tempels.



Wieder zu Hause ging es weiter mit den Ritualen, es waren soviele, dass ich die meisten schon vergessen habe. Diesmal hatte Anand nichts damit zu tun, sondern es ging nur um das Willkommenheißen der Braut in ihrer neuen Familie und mir blieb dabei definitiv nichts erspart (normalerweise wohnt man ja nicht schon monatelang dort, sondern ist dann neu).
Zuerst wurden meine Haare von der Schwester des Vaters gekämmt, geölt und mit jede Menge heiligen Bändern geflochten und zus
ammengebunden. Dann bekam ich Geschenke der Familie, wie Ohrringe und Ketten und mir wurden Armreifen übergestreift, die ich ab sofort Tag und Nacht tragen soll (heißt ich streife sie nachts ab, lege sie neben das Kopfkissen und streife sie morgens wieder über, weil ich mit Reifen an den Händen einfach nicht schlafen kann, ich kann noch nicht mal einschlafen, wenn ich vergesse meine Uhr abzunehmen, weil mich das stört).

Weiter ging es mit einer Zeremonie, in der die weiblichen Familienmitglieder entweder mit mir tanzten, oder aber versuchten mich hochzuheben (eeks), wir spielten Zugfahrt auch zusammen mit Anands Vater und Bruder, dann musste ich sämtliche Frauen der Familie ehren und es war endlich vollbracht. Es fielen zwar allen noch andere wichtige Rituale ein, aber es war genug.

Am Abend kamen als Überraschungsgäste Menschen, die ihre Tochter verheiraten wollten und die sich bei der gestrigen Hochzeit, Anands nächstältern Bruder sowie einen seiner unverheirateten Cousins ausgesucht hatten. Beide waren wenig begeistert und mussten doch mit geknirschten Zähnen eine Stunde höfliche Konversation betreiben, denn ihre Eltern wären mehr als begeistert sie endlich unter die Haube zu bringen, ein Ziel dem sie sich schon länger hartnäckig widersetzen.

verzweifelte Junggesellen

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