4. Juli 2008

Goa- Südtour


Die Südtour heißt nicht etwa so, weil sie in den Süden Goas führt, sondern weil sie Orte südlich des Hotels anfährt. Eine echte Südtour würde weit mehr als einen halben Tag dauern, befanden wir uns doch im hohen Norden von Goa.
Gegen 14.00 Uhr warteten wir eine Weile bei der Rezeption, bis uns gesagt wurde, dass der Bus an der Hauptstraße warten würde und als wir dort ankamen, war selbiger bereits voll.
Ein Gespräch mit dem Busfahrer ergab, dass ein kleinerer Bus für die restlichen Leute angefordert wurde. Der kam dann auch alsbald und so dachten wir, dass es nun endlich losgehen würde. Aber plötzlich meldete sich eine Reisegruppe aus dem Bundesstaat Gujerat für die Tour an und ein größerer Bus musste beordert werden. Dieser kam ebenfalls in kurzer Zeit, nur die Reisegruppe erschien (noch) nicht, im Zuge gruppendynamischer Prozesse waren sie angemeldet, konnten sich also jede Menge Zeit lassen, keiner fährt ohne sie los. (wahhh...ich hasse Gruppen...)
Nach anderthalb Stunden des gemütlichen Herumstehens im Schatten eines gelben Hibiskusbaums an der Hauptstraße (und dem Entdecken eines Leguans in einer ehemaligen Kneipe, eines Ladens der „Dorothee“ heißt, sowie mindestens drei weiterer Strandaufgänge mit 5 Minuten-Weg ab Hotel bis Strand) bequemte sich die Gruppe dann endlich zum Bus. Ich war schon richtig sauer, einige Gäste hatten sich ein klimatisiertes Touristentaxi bestellt und waren auf eigene Faust unterwegs, das hätten wir auch gemacht, wenn Beförderungen nicht so schrecklich teuer wären in Goa. (Es macht schon Sinn, dass viele Inder mittlerweile nach Malaysia oder Thailand in den Urlaub fliegen, weil das billiger wird als in Goa.)
Die Stadtrundfahrt und der Aufenthalt in der Hauptstadt Panjim fielen durch die außerplanmäßige Verspätung schon mal weg, so dass wir gleich das nächste Ziel ansteuerten, einen Tempel südwestlich von Panjim, der von der Mangeshkar- Familie unterhalten wird. Lata Mangeshkar ist die berühmteste Sängerin Bollywoods und steht mit mehr als 30 000 aufgenommen Songs im Guinnessbuch der Rekorde, ihre Schwester Asha Bhosle hat nur unwesentlich weniger Lieder aufgenommen (die Schauspieler singen nicht selbst, sie agieren nur als Playback-Sänger in den Filmen). Erstere sang mit reiner hoher Stimme die Gute-Mädchen-Parts in den Filmen, letztere mit rauchiger Jazzstimme die Lieder der Vamps.
Der Tempel, den wir nun besuchten, steht in ihrem Heimatdorf.
Durch großzügige Geldspenden der Familie wurde er immer wieder erweitert, verfügte nunmehr über einen schiefen Turm und größeren Tempelbezirk, einen Teich nach nordindischen Vorbild, wenn auch nicht mit den dortigen Funktionen, sondern einfach nur weil es schön aussah und den schmutzigsten Toiletten, die ich je in Indien gesehen habe.
Der nächste Stop fand an einer Fennel-Verkaufstelle statt. Dort konnte man die Flasche Fennel für 150 Rs. kaufen (also mehr als das Doppelte, als im Laden) aber es kam direkt vom Abfüller und so kaufte Anand dort (sowie1 kg Cashewnüsse). Er war überzeugt, ein höherwertiges Produkt gekauft zu haben, während ich überzeugt war, mal wieder in einer Touristenfalle gelandet zu sein. Während des Stopps diskutierte die Gujerati-Truppe mit dem Fahrer den nächsten Programmpunkt komplett zu streichen (dafür interessiert sich doch kein Mensch!), aber der Fahrer blieb unerbittlich...Kirche musste sein.
Nach 10 Minuten Busfahrt hatten wir die Kathedrale erreicht.
Mit einem Zeitfenster von 30 Minuten Aufenthalt gingen wir los. Ich war gespannt, hatte ich doch in Indien noch gar keine Kirche besucht, auch wenn es in Bombay zahlreiche gab.
Die Kathedrale bildete einst den religiösen Mittelpunkt der portugiesischen Kolonie, mit dem Glassarg des Goa-Heiligen St. Francis Xavier und zahlreichen angrenzenden Kirchen, Schulen und Klöstern. Sie steht auf der Unesco-Weltkulturerbe-Liste und ist anders als andere Kirchen in Goa, nicht weiß sondern mit Natursteinfassade verkleidet.
Im direkten Vergleich konnte man einen großen Unterschied zu Tempelbauten feststellen – die Höhe. Tempel sind immer nach dem Vorbild einer Höhle gebaut, so dass selbst reich ausgeschmückte goldene Tempel nicht das gleiche Gefühl der Erhabenheit und Weite erzeugen können, als der hohe, schlicht geschmückte Kirchenraum. In einer Nebenkapelle befand sich der Glassarg, im Innern öffnete sich ein Hof mit tropischen Garten, Gemäldegalerie, Bibliothek, Souvenirshop und einer modernen Galerie. Sich alles genauer anzusehen, hätte einige Zeit in Anspruch genommen, aber so liefen wir nach zwanzig Minuten zurück zum Bus und wähnten uns absolut gut in der Zeit. Aber alle warteten bereits auf uns und als erstes wurden wir angeschnauzt, wo um alles in der Welt wir nur gewesen seien...natürlich von jemanden aus der Gujerati-Truppe... (wahh...ich hass*h**ULMN ach, das hatten wir ja schon...)
Als letzten Besuchspunkt wurden wir zum Hafen nach Panjim gekarrt, zusammen mit hunderten anderen Indern (ausländischen Touristen wurde das offenbar nicht zugemutet) in große hässliche Schiffe verladen und mussten der Laune eines DJs ausgesetzt eine Schiffsfahrt mit ohrenbetäubenden Lärm in den Sonnenuntergang ertragen. Aufgrund der hunderter anderer an Bord konnte man nicht einmal fotografieren, da die Logenplätze an Backbord;-Steuerbord bereits belegt waren. Also blieb einem nichts weiter übrig, als der fetten Frau auf der Bühne zuzusehen, die zum zweiten Mal zu Shakira (durchaus enthusiastisch) mit den Hüften wackelte, unterbrochen von portugiesichen Tänzen einer goanischen Tanzgruppe. Die waren immerhin ganz nett, aber der Rest der Fahrt war wirklich unterstes Niveau, wir hätten uns definitiv besser unterhalten, wenn wir stattdessen die Zeit im Bus gewartet hätten. So waren wir froh als es zurück an Land ging und mit dem Bus erreichten wir gegen 20.00 Uhr das Hotel. Da es uns schon widerstrebte mit den anderen Leuten zum Hotel zu gehen, spazierten wir lieber noch etwas durch „unseren“ Ort.
Eigentlich waren wir auf der Suche nach einem Steakhouse, waren jedoch zu k.o. zum ernsthaften Suchen und so kehrten wir bald in einer strohgedeckten, ruhigen Fischgaststätte ein. Die Atmosphäre mit Kerzen auf den Tischen war heimelig und der Dachausbau mit grob gezimmerten Balken eindrucksvoll. Im Hintergrund lief Musik der Band „Indian Ocean“ die nicht nur zufälligerweise Anands Lieblingsband ist, sondern auch wirklich gute Musik macht. Sie verbinden Gitarrenmusik mit indischen Percussion-Instrumenten und finden moderne Interpretationen für altindische Volksweisen. Einfach mal in Alben wie ‚Jhini’ oder ‚Desert Rain’ reinhören, es lohnt sich wirklich und passt außerdem gut zum Sommer – Werbung Ende. Außerdem haben sie äußerst wenig mit der Filmindustrie zu tun (das so was als lobend dargestellt werden kann...)
Aber nun war Abendbrotzeit. Anands Bruder hatte uns vor der Abreise geraten, dass wir die goanischen Spezialitäten: porc vindaloo und prawn balchao probieren sollten. Beides stand zwar auch auf der Karte, aber da Schwein außerhalb der Saison nicht gegessen wird, waren nur die Krabben vorhanden. Also bestellten wir noch gebratenen Reis mit Hähnchen dazu. Beides wurde in der offenen Küche vor unseren Augen zubereitet und war frisch serviert wirklich absolut lecker. Krabben in warmer, scharfer Marinadensoße (nicht zu salzig) und frisch aufgebratenen Chicken Rice, es war toll. Dazu bestellten wir Wasser, denn durch den ganzen Tag in der Hitze fühlte man sich ausgetrocknet, müde und kaputt und wir wollten es noch bis zum Hotel zurück schaffen. Der Kellner verstand das gar nicht, dreimal kam er an den Tisch und fragte, ob wir nun etwas zu trinken bestellen wollen, mit Blick auf die Wasserflasche antworteten wir: „Das haben wir bereits.“ und er zog irritiert ab... =)
Hauptgesprächsthema war die eher nicht so gelungene Tagestour und ob wir tatsächlich morgen die zweite Tour mitmachen sollten, oder doch lieber den Bus nach Panjim nehmen und die Stadt besichtigen. Ohne Ergebnis (und auch etwas unsicher was die Qualität des öffentlichen Nahverkehr anging) entschieden wir, morgen rechtzeitig aufzuwachen und dann zu entscheiden: Tour ja/nein.
Nach dem üppigen Mal (das übrigens gar nicht teuer war und bei viel mehr Atmosphäre sogar billiger als im Hotel) begaben wir uns nochmals halbherzig auf die Suche nach dem Steakhouse, es ist schließlich gesund sich nach dem Abendessen noch zu bewegen und man kann gleichzeitig fürs morgige Abendbrot vorsorgen, aber fernab der Hauptstraßen findet man nur stockdunkle Wege vor und als uns dann noch betrunkene Leute entgegenkamen, kehrten wir schnell zurück zum Hotel. Man muss ja nichts erzwingen und morgen ist auch noch ein Tag...Gute Nacht.

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