8. Dezember 2008

Ostpaket

Heute scheint zum ersten Mal seit Wochen die Sonne und die Reflektionen im Schnee, machen es notwendig, dass ich die Gardinen zuziehen und Licht anschalten muss, um überhaupt etwas auf dem Computerbildschirm erkennen zu können. Das Wetter sieht jedoch nur von innen schön aus, draußen ist es bei -14 °C und eisigem Wind nicht gerade mollig und ein drohender Streik der Busfahrer lässt einen auch vorsichtig bei der Wahl der Fahrtziele werden (man muss schließlich immer damit rechnen zurück zu Fuß laufen zu müssen).
Leider stellte sich in dem Zusammenhang gestern heraus, dass meine plüschige (und schöne) Walmart-Jacke für diese Temperaturen nicht ausgelegt ist und der Wind fröhlich durchpfeifen kann. (Folglich kam ich eiskalt nach Hause und mit Zahnschmerzen (warum bekomme ich bei Kälte immer Zahnschmerzen), trotz vier Lagen Kleidung unter der Jacke.)

Den Katzen geht es wieder gut, sie wurden erfolgreich sterilisiert bzw. kastriert, die Narben verheilen und Linus hat sogar sein Echokardiogramm problemlos überstanden.
(Ihm wurde jedoch am halben Brustkorb sein Fell abrasiert, das dauert noch eine Weile, bis es wieder gewachsen ist.)
Der Tierkardiologe konnte uns mitteilen, dass Linus gesund ist, das Herz weder vergrößert ist noch Löcher zu hören sind, nur seine Atemprobleme sind nicht erklärbar und stehen unter Beobachtung. Wir müssen sehen wie sich das entwickelt. Das alles hat natürlich viel mehr Geld gekostet als ursprünglich erwartet (und hat Weihnachtsgeschenke erst einmal ad acta gelegt), aber wir sind trotzdem froh, dass keine weiteren Kosten für Medikamente oder gar eine OP auf uns zukommen.
Auch das Katzenkrankenhaus werden wir nun nicht mehr besuchen müssen, wenn alles gut geht, steht der nächste Impftermin erst in einem Jahr an. Das ist traurig für die Arzthelferinnen dort, denn sie mögen unsere Kleinen (da ins Katzenkrankenhaus eher die älteren schwerkranken Fälle kommen, denen beim normalen Tierarzt nicht mehr geholfen werden kann, sind unsere Kätzchen die kleinen gesunden Exoten- für uns ist das eben die nächstgelegene Tierarztpraxis mit fünf Minuten Weg ab Wohnung) aber man kann ja nicht auf jeden Rücksicht nehmen.
Und zumindest für die beiden wird wohl ein schönes Kratzbrett unterm Weihnachtsbaum liegen, mit großer Schleife um ihnen den Abschied vom Schlafzimmer zu versüßen. Die letzten Wochen hatte die beiden Intensivbetreuung erhalten und durften nachts im Bett schlafen (dann konnte ich immer gleich eingreifen wenn sie anfingen zu kämpfen – und damit die Wunden aufreißen konnten- oder sich übermäßig putzten), aber auch wenn sie sich mit der Zeit etwas angewöhnen konnten nachts zu schlafen, spätestens ab 4 Uhr morgens sind sie munter und fangen an zu spielen. Eine Tatsache, die den menschlichen Schlafrhythmus empfindlich stören kann.

Ansonsten wollte ich doch endlich auch einmal etwas wirklich Erfreuliches berichten und zwar von meinem ersten Päckchen, dass ich aus Deutschland zugeschickt bekommen hatte. Ein echtes Ostpacket von meinen Eltern, mit einigen zu Hause vergessenen Sachen und Dingen, die es hier nicht gibt oder zu teuer sind, wie z.B. Süßstofftabletten, Lindt-Schokolade und jawohl: selbstgemachten Lebkuchen von meiner Mutter. Ca. drei Wochen war das Päckchen in einem Post-Container mit dem Schiff unterwegs, als es dann Kanada erreichte, hatten wir es nach einer Woche in der Hand. Die Plätzchen hatten zwar etwas gelitten, aber wir leerten die Packung dennoch in Rekordzeit (die Idee sah vor, die Plätzchen etwas einzuteilen um länger etwas davon zu haben, in der Praxis waren sie schon am Päckchenankunftstag alle.)
Das führte zu einem plötzlichen und unerwarteten Gefühl von Heimweh. Ich war noch nie zur Weihnachtszeit nicht in Deutschland gewesen. Ich kaufte mir meist im Oktober die erste Tüte gefüllte Vollmilchherzen von Bahlsen (dann habe ich auch meist den Rest des Jahres genug davon), ich liebe es alles weihnachtlich zu dekorieren – bis zu dem Mass (teilweise vermutlich auch darüber hinaus) an dem es auf die Nerven geht und ich freue mich dann genauso den ganzen Kram im Januar wieder zu entfernen. Ich bin ein begeisterter Weihnachtsmarktbesucher und nicht zuletzt ist es auch die Zeit, in der ich dringend das Bedürfnis verspüre eine kleine, stürmische Ostseeinsel zu besuchen und abends zusammen mit meinen Eltern bei Kerzenlicht und Wein zu sitzen und in die gar nicht so dunkle Nacht hinauszuschauen, schließlich leuchten eine ganze Parade von geschmückten Nadelbäumen im Garten um die Wette.

Ich mag den Weihnachtsmarkt in Rostock, weil er so groß und zusammenhängend ist und immer soviele skandinavische Besucher anlockt (okay am Wochenende sollte man einen großen Bogen darum machen =)... Der beste Glühweinstand ist direkt vor H&M mit nicht-enden wollendem Besucherstrom, alle begierig auf den frisch hergestellten Glühwein aus gutem Rotwein und Gewürzen, ich mag die Berliner Weihnachtsmärkte: den großen Spandauer oder rund um den Breitscheidtplatz – entlang meiner Haupteinfallsroute nach Berlin von Potsdam aus, ich habe es leider nie zum Opernpalais geschafft, sondern immer nur gehört das es gut sein soll, ich mochte es, wenn in Potsdam die Eisdiele über Winter geschlossen wurde und Platz machte für neue Erzgebirgsproduktionen: Nussknacker, Räuchermännchen, Schwibbögen, Chorsänger und Baumbehang und ich jedes Jahr aufs Neue überlegte, was ich mir gerade noch leisten kann und was ich lieber aufs nächste Jahr verschieben würde. Und mein Weihnachtsmarktgeheimtip war Chemnitz. Wenn man sehr viel Weihnachtsflair erleben möchte, ist man dort vielleicht nicht so gut aufgehoben, dann fährt man lieber nach Lübeck und besucht das Heiligen-Geist-Hospital, wenn man jedoch sehr gute Erzgebirgsprodukte kaufen möchte und das in einem guten Preis-Leistungsverhältnis, dann ist man dort im Paradies. Viele kleine Familienbetriebe stellen nur dort oder in ihren Werkstätten aus und während die traditionellen Erzgebirgsdörfer von Touristen überrannt werden, ist man in Chemnitz trotzdem noch gut aufgehoben – eben ein echter Geheimtip.. ;-)

Nun befinde ich mich jedoch in Kanada und versuche mit dem was Weihnachten hier bedeutet, zurechtzukommen. Ich habe rot-weiße Zuckerstangen (Candycanes) gekauft und damit ebenfalls meine Sträuße aus Tannengrün geschmückt, ich akzeptiere, dass Plastikschneeflocken und Eisbären am Strauch hängend doch nicht nur schlecht aussehen (wenn ich mir dann jedoch überlege, dass die meisten Leute hier, ihre Plastikschneeflocken und Plasteweihnachtskugeln ab Mitte November an einen perfekten Plasteweihnachtsbaum hängen, wird mir schon wieder schlecht...), ich sammle Glaskugeln aus den Second-Händ-Läden, die ein Plastikbanner besitzen und Jahreszahlen zugeordnet sind (für 2008 kosten diese ab 12 $ pro Stück, da kaufe ich sie lieber für 0,69 $ aus den Jahren 1979 bis 1987) und ich versuche mich an Weihnachtsspezialitäten, wie Candy (das würde in Schweden wohl als Polkagrisar eingestuft), Fudge und Fruitcake. Candy ist eben das typische Minzzuckerbonbon, dass es im Sommer in Pastellfarben zu kaufen gibt, zu Halloween ist es orange und richtig zu Weihnachten rot und grün, und es ist eigenlich immer nur süß. Toffee Fudge kann man mit Werthes Echte oder Riesen vergleichen, Karamelbonbons mit Schokolade drumherum und Fruitcake ist sowas wie Stollen. Leider ist Stollen eines der wenigen Weihnachtsprodukte, die ich überhaupt gar nicht mag und ich habe viele Sorten probiert, weil ich mir das nicht vorstellen konnte, dass soviele Menschen das mögen und ich nicht: mit Mandeln, Rosinen, Zitronat, Marzipan oder ohne alles – es scheint einfach keine Sorte zu geben, die ich essen kann.

Die Suche nach echten Lebkuchen gestaltete sich eher schwierig. Ob im Luxuskaufhaus „The Bay“ (ein Ableger der legendären Hudson Bay Company, der unter dem Kürzel HBC eigentlich immer noch halb Kanada gehört), in den langen Reihen der Weihnachtssüßigkeiten bei Walmart: italienischer Weihnachtskuchen ja, belgische Pralinen und Schweizer Schokolade, ja sogar schwedische Ingwerkekse kann man kaufen, aber keine Lebkuchen, nirgends. Da wird einen in vielen Jahren eingebläut, wie beliebt deutsche Lebkuchen im Ausland sind, wieviele Spezialitäten Lambertz verschickt und sie überhaupt nur aus gutem Willen heraus auch etwas in Deutschland lassen und dann das. Ich fing an selber Plätzchen zu backen, Nussbissen, Wespennester und Vanillekipferl, aber es war nicht das gleiche. Irgendwie bildete ich mir ein, das erst nach meinen ersten Schokoladenlebkuchen alles gut werden würde und dann eines Tages als ich schon fast gar nicht mehr daran glaubte, im Mid-East-Food Center (ein arabischer Supermarkt) stand ich plötzlich vor einer Packung polnischer Lebkuchen und konnte aufeinmal nicht mehr aufhören debil vor mir hin zu grinsen. Den ganzen Tag war ich in Novemberdepressionsstimmung herumgelaufen und nun stand ich da, mit Lebkuchen aus unserem Nachbarland in der Hand und strahlte alle Käufer um mich herum an. Doch damit nicht genug, fand ich ebenfalls eine Pfeffernuss-Mischung von Bahlsen, zwar für 5 $ und etwas überlagert, aber das konnte meine gute Stimmung nicht im Geringsten trüben...

Natürlich vermisse ich immer noch einiges, Weihnachten wird hier weniger dekoriert als beispielsweise zu Halloween, solche für mich selbstverständliche Dinge wie Weihnachtsmannhohlkörper sind unbekannt (nur manchmal gibt es von Lindt Häschen zu kaufen... Hasen gehören hier zu Weihnachten!) Weihnachtsmärkte gibt es gar nicht, Glühwein ebenfalls nicht – es wäre eh nicht erlaubt Alkohol auf der Straße zu trinken. Die Straßen und das Parlament sind jedoch erleuchtet und das bei Schneegarantie (davon hat man jedoch nicht soviel, da wegen der drohenden Neuwahlen oder Koalitionsverhandlungen, die zu einem Regierungswechsel in Kanada führen könnten, ständig Demonstrationen stattfinden und damit Straßensperrungen).
Dagegen Strohsterne, Schwibbögen, Räuchermännchen- was ist das? Einzig Nussknacker kann man in großer Anzahl und allesamt 'Made in China' käuflich erwerben... Dafür werden für Weihnachten Tischknaller verkauft und am zweiten Weihnachtsfeiertag haben alle Geschäfte geöffnet. An einer Sache konnte ich dann aber doch nicht vorbei und das war eine Folie. Eine einfache Plastikfolie, die man an die Wand anbringen kann und so was wie eine Weihnachtskulisse für Feiern bilden kann, billig, schlecht gemacht, aber es war ein Kamin mit Feuer und Kranz darüber toll! Ich musste es haben, denn wenn ich etwas in meinem Leben schon immer einmal haben wollte, dann war das ein Kamin und sei es nur auf Folie ... =) Jetzt ist auch unsere viel zu weiße Eingangstür mit diesem Beweis für meinen schlechten Geschmack geschmückt und eigentlich fehlt nur noch der Weihnachtsbaum. ...
Was meine Katzen am besten fanden an diesem Päckchen? Natürlich den Karton als solchen...

3 Kommentare:

  1. Huhu Thea :)
    Ich bin vom 17.-20. in Ottawa, soll ich Dir irgendwas deutsch-weihnachtliches mitbringen?

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  2. Hii Loosy,
    also ich habe noch Anand gefragt und gerade benötigt zumindest er gar nichts aus Deutschland. Meine Schwester wollte auch ein Mini-Päckchen an mich abschicken, ich werde noch mal nachfragen, ob sie das schon getan hat, vielleicht könnte sie es ansonsten an dich schicken. Ich hätte ansonsten diese Ideen:
    1. http://media.das-ist-drin.de/dynamic/7457_big.jpg
    2. Lebkuchengewürz (wenns das noch gibt)
    Was machst du eigentlich in Ottawa?
    Lg Thea

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  3. Hmm... Das Päckchen käme hier wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig an, ich fliege schon am Montag früh nach Toronto... Nach den Bahlsen-Dingern schau ich auf jeden Fall mal und Lebkuchengewürz find ich bestimmt auch! :)
    Bin in Ottawa um eine Freundin zu besuchen, zwischen Kurzaufenthalt in Toronto und Langaufenthalt in Nova Scotia (siehe mein Blog). Den Rest können wir ja per Mail klären!

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