21. Februar 2011

Radiergummi und andere Katastrophen


Nun, nachdem ich mich etwas gefangen habe, ein etwas ausführlicher Bericht zum Thema Hinfallen und Krankenhäuser. Während draußen alles vereist war und die Menschen reihenweise hinfielen, passierte mir dort gar nichts, denn ich lief ja vorsichtig. Aber zu Hause ging ich nur schnell ins Schlafzimmer um einen Radiergummi zu holen, in Gedanken bei einer Zeichnung, die nicht so wollte wie ich und zack lag ich lang. Dabei hatte ich noch Glück, denn die Kante des Schreibtisches war nur ein paar Zentimeter von meinem Kopf entfernt und da mein Arm aus welchem Grund auch immer, unter mir landete, hätte ich mich nicht einmal abstützen können. Die rechte Hand hielt derweil immer noch den Radiergummi fest ... Die Katzen sprangen vor Schreck aus ihrem Tiefschlaf und kamen dann ganz vorsichtig zu mir zurück. Nach einiger Zeit rappelte ich mich auf, hielt die Hand unter kaltes Wasser und bemitleidete die restliche Zeit eher meine mittlerweile blaue Hüfte und linkes Bein.
Als Anand nach Hause kam, musste er sich zuerst das Grinsen verkneifen, schließlich bin ich die Frau, der im Büro ein Regal samt Aktenordnern auf den Kopf fällt, in Indien Treppen mit der Nackenbremsmethode hinunterstolpert, gegen Glastüren läuft und erst letztes Jahr rammte ich meinen kleinen Zeh in vollem Lauf zum Telefon in ein Bettpfosten... offensichtlich neige ich also zur Selbstdemontage und ein Sturz auf dem Schlafzimmerteppich passt da absolut ins Bild.
Am Samstag Abend begann der Daumen mehr zu schmerzen als die Hüfte und Anand fixierte selbigen auf der flachen Seite einer halben Wäscheklammer, was half. Wir waren bei Freunden zu Besuch, ich trank ein Glas Wein, es ging mir gut, die Sache schien erledigt. Sonntag morgen ging jedoch gar nichts mehr und ein roter Ring um den Finger sah auch nicht sonderlich gesund aus. Ich dachte immer noch an böse Verstauchung, befürchtete jedoch einen Bruch und so stiefelten wir ohne Frühstück (!) zur Notaufnahme des Krankenhauses, da sie uns am Telefon bei sofortigem Erscheinen eine Stunde Wartezeit versprachen. (Ich wollte auch nicht bis Dienstag warten, um zum Hausarzt gehen zu können, denn Montag ist Feiertag.)
Dort bekommt jeder neue Patient als erstes ein Papier-Bändchen mit Strichcode um die Hand gebunden und meine Worte an die aufnehmende Schwester waren genau diese: Ich möchte nur wissen, daß nichts gebrochen ist.
Ich habe meine Probleme mit Ärzten und Krankenhäusern, resultierend aus meinen chronischen Krankheiten: Migräne und Asthma, bei denen man jeweils erst glaubhaft machen muss nicht nur gehörig einen an der Schacke zu haben, sondern möglicherweise tatsächlich krank und fühle mich deswegen im Angesicht eines Arzttermins stets als der gesündeste Mensch der Welt. (Das letzte Mal war ich 2008 in Indien beim Arzt, Tier- und Zahnarztbesuche in Kanada nicht mitgerechnet.) Sie gaben mir etwas Eis für den Daumen, was ich sofort als Allheilmittel erkannte und natürlich hatte ich überhaupt gar keine Schmerzen/Probleme/Sorgen mehr.
Zweieinhalb Stunden und drei Röntgenaufnahmen später, verkündete mir der Arzt eine Knochenabsplitterung, wobei ich ihn so erstaunt angesehen haben muss, daß er mir lang und ausführlich meine Röntgenaufnahme erklärte, wo er den zweiten Bruch vermutet und den Knochensplitter zeigte, der jetzt quasi neben dem Gelenk herumliegt ... Danke, so genau wollte ich es gar nicht wissen, ich bin eigentlich nur hungrig. Anand wollte von mir danach jedoch wissen, was denn nun mit dem Knochensplitter passiert, bleibt der da, muß der raus... aber an die Frage hatte ich nicht gedacht, wie ich mir überhaupt nie Fragen vorstellen kann, die ich einem Arzt stellen würde, das kommt jeweils erst zwei Stunden nachdem ich zu Hause angekommen bin... Ich bekam eine Schiene, wir durften unseren Eigenanteil von $ 50 bezahlen und auf ging es, in die Kantine des Krankenhauses zum -mittlerweile- Mittagessen. Danach beschloss Anand, wenn wir schon direkt neben seinem Büro waren, kann er noch schnell ein paar Kalkulationen durchlaufen lassen, die ihm am Wochenende plötzlich eingefallen sind und so ging es hinauf ins Physik Department des Cook Gebäudes. Dort trafen wir die Sekräterin der Fakultät, die gerade einen Trauerfall in der Familie hat und zwischen Bestattungsinstitutregelungen in Massachusetts und Arbeit in Vermont, gerade zur Sonntagsarbeit übergegangen war. Sie wollte sich nun unbedingt um mich kümmern, ich sollte mich ausruhen und hinlegen und kam mir dabei wie der schlimmste Simulant vor... mir tat doch nur der Daumen weh.
Danach schlitterten wir den Universitätsberg vorsichtig hinunter Richtung Stadt (eine zweitägige Tauperiode, gefolgt von Frost hat alle Wege seitdem in Rutschbahnen verwandelt) und zu Hause angekommen stellte ich alsbald fest, wie sehr eine Schiene am Arm doch das tägliche Leben, angefangen von Jackenreißverschluß öffnen, geschweige denn, wie man selbst aus der Jacke kommt, behindern kann. Zusammen mit Linus, der seit einem Tag mit diffusem Krankheitsbild vor sich hinfiebert, verschlief ich dann den Rest des Tages... es kann ja nur noch besser werden :)

P.S. Linus frisst nachwievor und reinigt sich, deswegen wollten wir ihm bisher nicht dem Streß eines Tierarztbesuchs aussetzen. Wenn sich sein Verhalten (viel Schlaf, Fieber, Mühe bei Bewegungen) nicht verbessert, werden wir ihm das aber wohl nicht ersparen können.

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