16. Januar 2013

Rex


Als wir im Sommer 2010 nach Vermont zogen, war Rex der erste Kater, den ich im Hinterhof meiner neuen Wohnung traf, während ich auf dem Weg zum Wäschekeller war.
Er versuchte sofort seinen Lieblingstrick an mir, von hinten beide Pfoten um meinen Fuß schlingen und festhalten und ich dachte nur, was für ein böser Kater ist das, der mich nicht einmal kennt und sofort angreift. Später verstand ich, daß das nur ein Spiel für ihn war, aber erst einmal ging ich auf sicheren Abstand. In den Monaten danach lernte ich auch, daß es sich bei dem alten getigerten Kater nicht um einen Streuner handelte, sondern nur um den ziemlich unabhängigen Freigänger eines Nachbarn.
 .

Ein Jahr später zog dieser Nachbar jedoch aus und überließ Rex seinem Schicksal. Also begann ich ihn täglich zu füttern. Statt der gelegentlichen Naschereien kam ich nun jeden Morgen mit einem Teller Dosenfutter und einer Handvoll Trockenfutter zu ihm, fütterte ihn, wartete neben ihm, bis er seinen Teller erledigt hatte und scheuchte andere Katzen weg, die alle viel stärker als Rex waren. Als es Winter wurde, schrieb ich an das örtliche Tierheim und bekam eine Absage, da sie völlig überbelegt waren.


Der Hausmeister bastelte daraufhin ein Winterhaus für Rex (aus zwei Holzkisten und Isoliermaterial), die neuen Nachbarn im kleinen Haus im Hinterhof kümmerten sich ebenfalls um Rex und so schaffte er es relativ leicht durch den milden Winter 2011/12. 
Der neue Frühling brachte eine Flut an Katzen in den Hinterhof und vorallem Django wurde ein Problem für Rex. Ich schrieb erneut an das Tierheim, dieses Mal um die Streunerkätzchen zu melden, doch ich bekam noch nicht einmal eine Antwort. Django wurde dann von unserer Nachbarin adoptiert und verbringt seitdem seine Tage genauso mit uns, wie meine Katzen in der Nachbarswohnung ein- und ausgehen. 
Der Sommer kam und ging, es wurde Herbst und einmal mehr wurde die Frage aktuell, wie bringen wir Rex durch den Winter? Dieses Mal schrieb mein Mann eine e-mail an die Organisation: Save our Strays.... doch wir bekamen erneut eine Absage. Mittlerweile hatte ich mich auch sehr an den kleinen alten Kater gewöhnt und spielte eher mit der Idee ihn in unsere Familie zu integrieren und dann quasi aus gesicherter Stellung mit Tierarztbrief, allen Impfungen usw. ein Haus für ihn zu suchen. A. nahm dagegen an, daß das nur bedeuten würde, daß wir in Zukunft drei statt zwei Katzen im Haus hätten und er war nicht begeistert. Ich weiß nicht, ob es gut gegangen wäre. Meine Katzen und Rex hielten nicht viel voneinander, doch zumindest im Hinterhof hatten sie gelernt sich gegenseitig zu ignorieren.


In diesem Winter gab es kein Winterhaus, stattdessen wohnte Rex in einer leerstehenden Garage, deren Dach zur Hälfte eingebrochen war. Dann kam der große Schneesturm und ich war nicht nur damit beschäftigt Doris Treppen freizuschaufeln, sondern ich schob auch Gänge für Rex, so daß er es halbwegs trockenen Fußes von seiner Garage zum Futternapf und zurück schaffte - Schnee mochte er nämlich überhaupt nicht.


Dieses Mal rief meine Nachbarin beim Tierheim an, sie konnte es einfach nicht ertragen, daß der Kater bei -30°C noch draußen frieren musste und sie beließ es nicht nur bei einem Anruf, eine E-Mail, sondern stand in engen Kontakt mit den Leuten, die die Termine vergeben… so schaffte sie es, daß wir von einem Tag auf den Anderen einen Abgabetermin für Rex hatten.
Das war es, was ich mir jahrelang für ihn erhofft hatte und nun war es so schnell da, viel zu schnell.
Ich stellte den Teller mit seinem Futter in eine Transportbox und ohne zu zögern, kletterte mein Rex in die Box, so sehr vertraute er mir mittlerweile und ich war dabei dieses Vertrauen zum ersten Mal zu brechen.
Die Fahrt zum Tierheim war schrecklich, denn Rex weinte ununterbrochen und als ich die lange Liste unterschreiben musste, die es dem Tierheim erlaubt ein Tier einzuschläfern (aggressives Verhalten, ansteckende Krankheiten), da weinte ich auch ... wer kontrolliert denn schon ob ein Tier wirklich aggressiv ist und wie krank ist krank? Der Kater meiner Eltern hat seit Jahren einen Schnupfen und lebt trotzdem unverdrossen vor sich hin und außerdem ist Rex sicher nicht der Lieblingskandidat für jemanden der ein Kätzchen adoptieren möchte ... .
Nun kann ich also nur hoffen, daß Rex diese letzte Chance nutzen kann (so er denn überhaupt noch lebt) ich habe dem Tierheim sämtliche Informationen gegeben, die ich zu seinem Tierarzt usw. hatte und hoffe einfach, daß es reicht, daß sich irgendjemand in den kleinen, alten Kater verliebt, denn trotz seiner Macken, Tricks und schlechtem Verhalten ist er eigentlich sehr liebenswert.

UPDATE: Rex hat es geschafft, er wurde als gesund und nicht aggressiv eingestuft und kann seit gestern vom Chittenden County Tierheim adoptiert werden. Link.
Was mich jedoch sehr überrascht hat, ist, daß er als sie angegeben wurde. Entweder das ist ein Eingabefehler oder ich habe mich die Jahre sehr von Katerkopf- und Katerverhalten täuschen lassen.  

3 Kommentare:

  1. Oh, ich hoffe sehr, daß meine zwei Mietzen und Brüni lernen, sich zu tolerieren und zu ignorieren - das wäre schon ein Fortschritt!

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    1. Wir brauchten zwei Jahre um einen Waffenstillstand hinzubekommen und er war durchaus brüchig...also Geduld und Zeit ist alles was es braucht :)
      Ich glaube es geht einfacher mit Kätzchen, als mit ausgewachsenen Katzen.

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    2. Ja, das stimmt. Weil Claudia nach Brünie riecht, wir sie gelegentlich auch angefaucht, aber ich denke, weil sie denken, daß Brüni in der Nähe von claudia ist, da wird eben mal zur Vorsicht gleich reihum gefaucht.
      Ich hoffe auchs ehr auf die gewöhnung. Brüni schläft bei mir oben auf dem Balkon und Ginas Schlafplatz ist am Fenster, die sehen und riechen sich, aber hier herrscht dann Ruhe.

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