5. Juni 2018

Fulda

Der Hexenturm, sowie (noch aktives) Kloster und Kirche


Seit Februar wollten wir Fulda, die Barockstadt im Osten Hessens besuchen und jedes Mal machte uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung, denn selbst wenn es überall sonnig war, in Fulda regnete es trotzdem. So fuhren wir stattdessen nach Wetzlar, fassten Seligenstadt ins Auge und blieben letztlich zu Hause, und selbst unsere Felsenmeer Tour entstand nur, weil es im eigentlichen Ziel Fulda mal wieder nass vom Himmel kam.
Dann jedoch verbrachte meine Schwester eine Woche zur Fortbildung in Fulda und ich besuchte sie an ihrem vorletzten Tag. Der Wetterbericht zeigte gnädiger Weise einen Mix aus Regen und Sonne an, es regnete aber kaum.

 

Das sah zwar bedrohlich aus, aber dieses Mal blieb der erwartete Regen aus.
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Mit dem Zug ging es von Frankfurt nach Fulda, dann sollte es mit dem Bus bis zum Dom gehen, doch der Bus erschien auf der Anzeigentafel, aber leider nicht am angezeigten Steig auf dem Busbahnhof. Weil ich nicht zu spät kommen wollte, lief ich stattdessen zu Fuß los und folgte der Google maps Anzeige, die sich plötzlich in der Innenstadt nur noch im Kreis drehte. Daraufhin musste ich also die Hoteladresse heraussuchen und mit dem GPS ging es weiter, bis ich das Hotel erreichte. Meine Schwester wartete derweil auf mich an der Bushaltestelle ^^ Als wir uns endlich trafen, erzählte sie mir, daß sie bei der Anreise das gleiche Google maps Problem hatte und da es bereits spät abends war, dann mit dem Taxi zum Hotel fuhr. Mittlerweile war sie jedoch seit Tagen in der Stadt und konnte auch anderen Leuten kompetent den Weg zeigen.
Am zweiten Tag hatte sie außerdem eine Stadtführung besucht und nutzte nun ihre Mittagspause, um mir schnell die wichtigsten Dinge zu zeigen und zu erklären. Danach hatte ich bis zum Abend Zeit um mir selbst alles ganz genau anzusehen. Wichtig sind für sie übrigens keine Jahreszahlen und graue Theorie, sondern das Leben der Leute, gerne auch Skandale und Unerhörtes, was sich sehr mit meinen Interessen deckt ^^
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 Bonifatius: Der Herr mit der erdolchten Bibel

Fulda wurde von Bonifatius begründet, dem ersten Heiligen der Deutschen. 
Er stammte ursprünglich aus England und nachdem er mit dem Missionieren in Westfriesland nicht so richtig vorankam (seine Bibel wurde erdolcht), verlegte er sich auf die hessischen Wälder. Die Menschen waren dem Christentum schon recht aufgeschlossen gegenüber und nachdem er heilige heidnische Bäume zerstörte ohne von den heidnischen Gottheiten belangt zu werden, beschlossen sie, daß dieser eine Gott mächtiger sei. 
Zum Ende seines Lebens wollte er seine Gebiete in Fulda gerne absichern, dazu musste er heiliggesprochen werden. Deswegen kehrte er nach Westfriesland zurück, wo ihn die Heiden erschlugen und ausraubten. Es gab wohl eine Diskussion, ob Raubmord bereits als christliches Martyrium angesehen werden kann, letztlich wurde das jedoch bejaht und seine Gebeine in Fulda zur letzten Ruhe gebettet. Damit wurde Fulda ein Wallfahrtsort und außerordentlich reich. (Selbst heute noch, kann man auf dem Bonifatiusweg nach Fulda pilgern, und die Gebeine des Heiligen im Dom besuchen.)
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 Einzig der runde Mittelteil der Kirche (und ohne der schicken Turmhaube) stammt aus dem Jahr 822, der Rest ist romanisch, bzw. viel später aus dem Barock. 


Neben dem Dom entstand ein florierendes Kloster sowie eine kleine Klosterkirche, die der Rundform der Grabeskirche in Jerusalem nachempfunden war. 
Diese Kirche St. Michaelis zählt heutzutage zu den ältesten Kirchen Deutschlands. Im Keller kann man sehen, daß die gesamte Raumkonstruktion auf einer einzigen Säule ruht. Außerdem befinden sich dort kleine Kammern mit Fenster, aber ohne Tür, über deren Sinn gerätselt wird. Eine Idee ist, daß es sich um Beinhäuser handelte, eine andere (das war offenbar damals nicht unüblich), daß sich die Mönche dort selbst einmauerten um völlig abgeschieden, fernab vom Tageslicht ihren Glauben auszuleben. Nahrung erhielten sie dabei durch das Fenster. Es gab wohl einen irischen Mönch, der das 12 Jahre durchhielt.
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Als die Äbte von Fulda plötzlich auch politische Macht erhielten (und letztlich wieder verloren) wurden sie zu Fürst-Äbten. Diese überwarfen sich bald mit den Mönchen, weil sie gerne feierten und einen über den Durst tranken - und die Mönche das irgendwie unpassend fanden. 
Deswegen zogen sie aus dem Gebäudekomplex um den Dom aus und bauten sich auf der anderen Straßenseite ein großes barockes Schloss, samt Partyhaus (der Orangerie) und ganz wichtig, mit extra hohen Mauern hin zum Kloster. Weil Toiletten im Zeitalter des Barock unüblich waren, sahen die Gärten nach diversen Festlichkeiten wortwörtlich beschissen aus, so daß die Fürstäbte noch schnell ein zweites Schloss (Fasanerie) bauten, wohin sie flüchten konnten, wenn zu Hause aufgeräumt werden musste.
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Der derzeitige barocke Dom stammt ebenfalls aus dieser Zeit, beeindruckt aber mit einer gewissen Schlichtheit, die viel weniger überladen aussieht, als man das von anderen Barockkirchen kennt. 
Im Dommuseum daneben, kann man sich u.a. die prunkvolle Kleidung der Bischöfe ansehen - im Trend lag offenbar über Jahrhunderte die Kombination Rot/Gold.
Am Rande des Schlosses mussten sich natürlich auch die Hofbeamten ihre kleineren Paläste bauen und so entstand ein nahezu geschlossenes Barock-Ensemble.
In der Altstadt begegnen einem noch viele andere Zeugnisse des alten Wallfahrtsortes, von diversen Kirchen, auch heute noch aktiven Klöstern, theologischen Fakultäten, theologischen Büchereien und dem Priesterseminar, sowie Marienstatuen an den Häusern - die Stadt scheint vom Aussehen her eher ins benachbarte Franken als ins schlichtere, evangelische Hessen zu passen.
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Nach so viel Barock und alten Häusern fehlte mir nur noch die namensgebende Fulda und so lief ich hinunter zur Wiesenmühle und sah mir die Altstadt-‚Skyline‘ mit den dahinter malerisch gelegenen Rhönbergen an.
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Auf einem kleinen Rundgang am Flüsschen entlang, sah man außerdem, daß die Fulda vor kurzem über die Ufer getreten sein musste, jetzt aber wieder bei geringem Wasserstand durch die Auenlandschaft floß.

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Die grünen Wiesen gefielen mir so gut, daß ich sie meiner Schwester auch noch einmal zeigte, denn mittlerweile war ihr Programm für den Tag beendet. Letztlich landeten wir wieder in der Altstadt neben dem Hexenturm und fanden nicht weit davon ein gemütliches Restaurant, wo wir Spargel mit Schnitzel und grüner Soße bestellten - seltsame Kombination, aber es schmeckte. 
Schließlich ging es einen Zug später als geplant, dafür aber bei allerbester Laune für mich zurück nach Frankfurt. :)


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