24. Juni 2008

Lesen! – Fortsetzung

Mein letztes Buch „Light my fire“ von Jane Graves war das Schwächste in der ganzen Reihe. Es resultiert aus meiner jahrelangen Suche nach dem perfekten Buch zwischen Krimi und Liebesgeschichte. Wenn ich einen Krimi lese, ärgert mich, dass die Liebesgeschichte nur angedeutet wird, wenn ich eine Liebesgeschichte lese, ärgert mich die Unlogik des Kriminalfalls. Angeblich gibt es sogar eine Kategorie für die von mir gewünschten Bücher, namens „love suspense“, damit sind meistens die Bücher von Linda Howard gemeint.
Am Buchtitel konnte ich noch nicht einmal die deutsche Übersetzung verantwortlich machen, denn ich las in Englisch... also war das Buch immerhin als Sprachübung was wert. Es ging um einen Anwalt, der Lügner hasst, eine auf Mördersuche gehende Floristin (um ihren unschuldigen ehemals drogenabhängigen Mitarbeiter zu entlasten) und in der Nebenrolle, ihre drei Polizistenbrüder. Der Mörder wird erst in der Porno-Snuff-Filmproduktionsindustrie vermutet, entpuppt sich dann aber als altes fanatisches Nachbars-Ehepaar, die gerne Häuser anzünden und auch mal Leute erschlagen - um den Teufel auszutreiben natürlich, Hintergründe, Motive, Entwicklungen- Fehlanzeige, dafür heiratet zum Happy End der Anwalt die Floristin.
Wenn jetzt jemand glaubt, dass das alles ist, was man in anderthalb Wochen Erkältung lesen kann... nein, natürlich nicht. Außerdem lese ich täglich die Ostsee-Zeitung um wieder informiert zu sein, auch wenn die Regionalzeitungen hier nicht so ganz mit den indischen Zeitungen mithalten kann, wo man seine zwei bis drei Kriminalfälle sein eigen nannte und täglich die Schlagzeilen studierte, ob die Polizei denn nun endlich mit der Aufklärung weiter gekommen ist.
Meine Lieblingsfälle bevor ich abreiste und über die man debattierte, waren zum Einen der Mord an einem Filmproduzenten durch den Freund einer südindischen Schauspielerin, die auch in Bollywood Fuß fassen wollte und deswegen eine Affäre mit selbigen Produzenten anfing, später war sie aber am Zerteilen der Leiche mit beteiligt, aus Angst selbst umgebracht zu werden oder erleichtert von der Besetzungscouch wieder entkommen zu sein? Man weiß es nicht und kann wild spekulieren. ...
Der zweite Mord war noch unaufgeklärt. Es ging um einen bekannten Zahnarzt, der beschuldigt wird seine Tochter und einen Bediensteten der Familie auf dem Gewissen zu haben. Vor dem Finden der Leiche des Bediensteten wurde dieser selbst als Mörder der Tochter vermutet, danach stürzte sich die Polizei mehr auf die Art und Weise der Tötung, die durch besondere Schnitte medizinische Vorkenntnisse verlangte. Der Arzt soll eine Affäre gehabt haben und seine Tochter, die davon wusste, wollte die Mutter informieren – so die These der Polizei. Aber die Mutter ist felsenfest auf der Seite ihres Mannes und sagt, dass sie einen Mord doch mitbekommen hätte, schließlich ist das Zimmer der Tochter gleich gegenüber.
Wenn es nicht um Mord und Totschlag geht, kann man aber auch sehr viel über die Menschen erfahren. Sei es nun ein Interview mit einem Jungen, der gerade in Mumbai angekommen, noch den Traum vom schnellen Reichtum träumt, sei es ein Filmvorführer, der den langweiligsten Job der Welt hat, denn seit 1995 spielt in seinem Kino nur noch ein Film oder auch ein Bericht über ein kleines sauberes Dörfchen, in dem jeder zweite Bewohner in der Werbebranche in Mumbai arbeitet. Ein Mitarbeiter meinte, wenn das Dorf einmal streikt, liegt die gesamte Werbeindustrie am Boden.
Die Ostsee-Zeitung informiert mich dafür über neugeborene Babys in der Stadt, die Dorffeste vom Wochenende und dem Drehbeginn der neuen Staffel von SOKO Wismar, auch schön...
Außerdem konnte ich mich durch mehrere Monate Playboy lesen, die ich verpasst hatte, seit ich in Indien war. Wie jetzt...Playboy? Nun, wie ich mir erst vor kurzem ausrechnete, bin ich bereits seit sechzehn Jahren Playboy-Leser, denn das ist bei uns die einzige Zeitschrift im Abonnement. Seit ich aufhörte die Zeitschrift als eine Art Schmuddelblatt anzusehen (dafür ist sie eigentlich auch zu teuer) und anfing die Artikel zu lesen, bin ich ein begeisterter Playboy-Leser geworden. Wann immer ich „Spiegel“ oder „Stern“ las, hatte ich das Problem, dass sie selbst interessante Artikel so langweilig beschreiben konnten, dass man eigentlich nicht mehr weiter lesen möchte. Im Playboy war es genau umgedreht, auch Versuchsaufbauten eines Labors in den Schweizer Alpen waren so interessant beschrieben, dass ich alles las. Mein Wissen über Whiskeys, Zigarren, Autos, Design und auch Mode stammt fast nur aus dem Playboy. Unvergessen, der Artikel über eine mexikanische Grenzstadt, in der seit Jahrzehnten Frauen umgebracht werden. Ich hatte daraus einen Schulvortrag gemacht und bekam dann Punkteabzug, da ich in meiner Quellenangabe trotz vorhandener Grafiken und Bilder, nicht den „Spiegel“ mit Monat und Jahr angeben konnte und meine wahre Quelle wohlweislich verschwieg.
Natürlich machen einen Teil des Playboy nach wie vor die Fotostrecken aus. In den 90ern bis Anfang 2000er hatten die Mädchen nur noch das Aussehen von TV-Spielfilm-Titelmodellen, mit weiß ausgemalten Augen und Zähnen. Mittlerweile bemüht man sich wieder um ein etwas natürlicheres Aussehen, aber das ist vermutlich mit noch mehr Technik verbunden; Fotoprogrammen, die es schaffen wieder natürlicher auszusehen, dabei aber von der Duschwerbespot-Ästhetik noch nicht wegrücken möchten.

Hier ein kleiner Querschnitt durch die interessantesten Artikel seit März:

Ein Bericht über die Ausbildung an der amerikanischen Coast-Guard-Schule, die Offshore Rettungsschwimmer ausbildet, also Leute, die vom Hubschrauber in die sturmgepeitschte See springen um dort noch Menschen zu retten. Die Ausbildung ist in etwa so ähnlich, wie bei den Marines, nur das man am Ende immer noch zwei Menschen von A nach B durchs Wasser transportieren muss.

Eine baskische Bürgermeisterin, die ein spanisches Dorf verwalten muss, das eine Hochburg
der ETA ist - sie steht auf einer Todesliste... mitten in Europa.

Oliver Sacks, der bekannte Neuropsychiater (siehe der Film „Zeit des Erwachens“) berichtet über die Erforschung der Wirkung von Musik auf das menschliche Gehirn. Sei es, dass ein unmusikalischer Mann nachdem er von einem Blitz getroffen wurde plötzlich Konzerte geben kann, sei es, dass Autismus gemildert werden kann, Savanten alle Opern auswendig singen...Musik aktiviert alle Teile des Gehirns gleichzeitig und scheint für den Menschen existenziell zu sein ...

Eher Playboy-typisch sind die Artikel: wie lebt man mit einer 12.000,00 € teuren Sexpuppe, resultierend aus dem „Lars and the real girl“-Film ein Selbstversuch mit der 34 kg schweren Puppe beim Restaurantbesuch oder ganz romantisch beim Spaziergang im Park. Und nach dem Auffliegen des Escort-Rings in New York, die Frage, was macht eine Prostituierte so besonders, dass sie 135.000,00 $ für ihre Dienste verlangen kann?

Howard Varinsky, ein Psychologe, der Geschworene für amerikanische Gerichte aussucht und je nachdem, wer ihn bezahlt, den Prozessverlauf von vornherein in die eine oder andere Richtung lenkt.

Monsterwellen: viele Jahre wurde das Vorhandensein von über 15 m hohen Wellen aufgrund der Berechnung von linearen Wellenmodellen als Seemannsgarn abgetan, bis Messungen an Ölbohrinseln Wellen über 25 m sogar in der Nordsee nachwiesen. Seitdem weiß man, dass diese Wellen drei- bis viermal pro Woche und nicht nur einmal in tausend Jahren entstehen.

Die Liste könnte sich über Wölfe in Sachsen bis Nelson Mandelas Zellennachbar Theo Cholo noch endlos weiterführen, aber irgendwann wurde ich gesund und seitdem hat mein Lesekonsum erneut sehr nachgelassen. Ich habe wieder ein eigenes Leben, mit Gartenarbeit, Dorffesten und Spaziergängen mit dem Nachbarshund.... ;-)

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