15. April 2011

Flashback Friday

Heute bin ich aus irgendeinem Grund supernervös und gehe mir damit selbst gehörig auf die Nerven. Ich hoffe dennoch, daß ich diesen Artikel hier in Würde zu Ende schreiben kann, bevor ich (loshüpfe) mit Anand zum wöchentlichen Mittagessen im Krankenhaus verabredet bin. Ein Teil meiner Nervösität resultiert auch in der Tatsache, daß meine Flashback Bilder Ordner sich langsam aber sicher leeren und es ist ja nicht so, daß ich mal eben nach Hause fahren kann um neue zu holen. Wenn also jemand Lust hat, hier einmal eines seiner alten Bilder zu sehen, dann schickt doch bitte die Bilddatei mit kurzer Beschreibung an teodoraa26@hotmail.de Dazu braucht man nicht unbedingt einen Scanner (obwohl sich der bei Negativen gut macht), ein Abfotografieren ohne Blitz mit halbwegs ruhiger Hand reicht in den meisten Fällen aus. Das kann ich dann Aufhellen, Kontraste wieder einbauen, Horizont geraderücken und zurechtschneiden. In manchen Fällen repariere ich auch Fehler und Risse, obwohl man da immer aufpassen muß, denn man möchte ja nicht am Ende ein nagelneues Bild haben, dem man das Alter nicht mehr ansieht. Genauso sind jedenfalls die meisten Bilder in den Ordnern und auch die Fotos dieser Woche entstanden.


Kommen wir nun aber zu den Fotos. Sie sind ungefähr im Frühling 1993 auf dem Weg zur Insel Fehmarn bzw. auf der Fähre von Puttgarden nach Rødbyhavn entstanden. Die Familie mit der wir (meine Mutter, Schwester und ich) auf den Fotos zu sehen sind, sind nicht unsere Großeltern, obwohl sie den Titel in vieler Hinsicht ehrenhalber verdient haben. Familie Böhme waren die Nachbarn im Haus meines Vaters und nach dem viel zu frühen Tod von Kulack Senior wurden sie in vielerlei Hinsicht auch Ersatzfamilie und deren drei ältere Söhne (für meinen Vater) Spielkameraden und Vorbilder. Für mich bedeutete es, daß wir bei vielen Besuchen in Ahlbeck weiter nach Heringsdorf fahren würden. Mein Vater würde von seiner Kindheit erzählen, wo er im Sommer gearbeitet hat, vom Fußball spielen am Strand mit englischen und russischen Soldatenkindern und dann würden wir das letzte Haus der Strandstraße, direkt neben Promenade und Strand erreichen. Das Haus in dem mein Vater aufgewachsen war, wo ich mein erstes Lebensjahr fernab sämtlichen Straßenlärms verbracht hatte, wo das Vertiko im Flur herkam und wo Familie Böhme noch lange Zeit wohnte. Die Wände waren hoch, was ich wunderbar fand, aber schwer zu beheizen wurde mir erklärt, von außen bröckelte der Putz doch innen fand ich ein Wunderland an Möbeln, Einrichtungen und natürlich dem (Plastik-)Spiegelei an der Küchen-Decke vor. Das Wichtigste aber waren Herr und Frau Böhme selbst, denn sie hatten sich eine besondere Art der Liebenswürdigkeit füreinander und andere bewahrt, die ich selten bei anderen Menschen im gleichen Alter vorfand. Sie hatten nicht weniger gesundheitliche Probleme als andere und das Leben war auch nicht einfacher und doch hatte man immer das Gefühl Menschen vor sich zu haben, die einanden sehr zugetan waren, an der Hand hielten, sich Liebling und Kleine nannten. Gerne wurden Geschichten erzählt, die zu Anekdoten wurden...z.B. wie er aus dem Krieg kam und sie war so gewachsen, daß sie größer war als er oder als sie aus dem Venezuela Urlaub kamen und auch die letzten wohlwollenden Blicke meiner Eltern ob des Redeflusses langsam ermüdeten war ich mit Feuereifer dabei, die beiden waren einfach ein Gesamtkunstwerk. Ich nahm mir ganz fest vor, genauso werden zu wollen, wenn ich einmal ein ähnliches Alter erreichen würde. 
Wir kamen aber nicht nur zu Besuch, sondern sie besuchten uns auch und so geschah es, daß wir bei einem dieser Gegenbesuche zusammen einen Ausflug nach Schleswig Holstein unternahmen. Auf der Fähre war Herr Böhme als alter Seebär an allem interessiert und wir genossen die Zeit, die mit dänischem Eis einen Höhepunkt fand, ehe es zurück nach Dland ging. Auf dem Gruppenfoto sieht man auch, daß ich mich damals gerade in meiner monochromatischen Phase befand. Das war weder in Mode noch gefiel es mir besonders, ich wollte es einfach nur ausprobieren. Am gelben Outfit mochte ich, daß ich sogar gelbe Schuhe vorzuweisen hatte und die vielgescholtenen Gürteltaschen habe ich auf der letzten New Yorker Modewoche wieder bei vielen Designern gesehen. (Ja, sie kommen zurück.) In der Hinsicht muß ich sagen, daß meine Eltern und besonders meine Mutter mich nie daran hinderten „seltsame“ Kleidung zu tragen. Restriktionen kamen später durch Schule (im russischen Samtkleid zur Schule zu gehen führt z.B. zu erhöhter Verletzungsgefahr durch Neo-Nazistahlkappen-Schuhen in den Kniekehlen) und Gruppenzwang, doch von meinen Eltern kam nie ein, du musst jetzt so aussehen, weil alle das tragen ... :)

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