22. November 2012

Happy Thanksgiving

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Es fühlt sich immer seltsam an, Feiertage zu begehen, die für meine Familie keinerlei Bedeutung haben, das trifft jedoch besonders auf Thanksgiving zu. Es ist einfach ein Tag, an dem einen bereits Wochen vorher das „Denken an die Familie“ eingetrichtert wird, man bereitet sich auf das Abendessen mit ebenfalls ausländischen Freunden vor, überlegt was gekocht wird, sieht wie alle amerikanischen Freunde zu ihren Familien fliegen und fühlt sich ein wenig allein gelassen.
Doch wenn ich jetzt zu Hause anrufen würde um allen ein „Happy Thanksgiving“ zu wünschen, würde das wohl eher ein befremdliches Kopfschütteln verursachen als echte Rührseligkeit. Also bleibe ich mit meinen von den Medien und der Gesellschaft verursachten Familien-Heimweh alleine und behelfe mich mit einem Friendsgiving zum Abendessen. Das verlief bereits in der Plannungsphase nicht ohne Probleme, da mein lieber Mann es sich so mit seinen Freunden verscherzte (er durchschaute dabei aber auch ein Spielchen im Hintergrund nicht), daß sie empfahlen, daß er sich selbst ausladen möge. Nun ja, das wurde irgendwie geklärt, hoffe ich, doch ein mulmiges Gefühl bleibt bei der ganzen Sache zurück.
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Thanksgiving ist so etwas wie das amerikanische Äquivalent zum Erntedank-Fest. Doch während der Erntedank zur Haupterntezeit im September gefeiert wird (und zumeist als Kirmis), wird Thanksgiving erst zum absoluten Ende der Erntesaison begannen, dann wenn auch Rosenkohl und Wurzelgemüse längst geerntet und eingelagert wurden und man nur noch auf den Eintritt des Winters warten muss. Da dieses absolute Saisonende im hohen Norden eher eintritt - aufgrund der kürzeren Wachstumsperiode - feiert man in Kanada Thanksgiving bereits im Oktober. 
Traditionell wurde zu dem Essen ein Schweinebraten serviert (obwohl das erste Thanksgiving der Pilgrims auch aus wilden Truthähnen bestand), da Schweine eher selten gehalten wurden und man Schweinefleisch nur zu besonderen Anläßen aß, während Truthahn das ganze Jahr über serviert wurde, da die Wildvögel in so großer Anzahl zu finden waren. Das änderte sich mit den Jahrhunderten und als ein Präsident erklärte, daß das Fest amerikanischer werden müsse, mit amerikanischen Produkten wie z.B. Süßkartoffeln, Kürbis, Kidneybohnen, Mais und eben Truthahn, musste man selbige bereits züchten um sie in genügend großer Anzahl vorrätig zu haben. 
Mit den Jahren entwickelte sich das Fest zum Familienfest i.S. von Großfamilienfest und so finden in der Woche vor Thanksgiving die größten Völkerwanderungen des Jahres statt, wenn Nichten, Enkel, Großeltern, Tanten usw. alle aufeinander treffen um sich einmal mehr nicht über Politik zu unterhalten (denn dort ist der Generationenkonflikt am Größten – so wurde Obama von der jüngeren Mehrheit des Landes gewählt). Ebenfalls verboten: Diskussionen über „Hostess“ der Produzent von ungesunden Törtchen und extra weißem Toastbrot hat gerade Insolvenz angemeldet, da die Arbeiter Mindestlohn gezahlt bekommen haben wollten; kurze Zeit vorher hat sich der Vorstand eine 300 (in Worten: dreihundert) prozentige Gehaltserhöhung genehmigt – schuld sind jetzt natürlich die gierigen Arbeiter.
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Am Freitag dann findet der „Black Friday“ statt, der größte Einkaufstag des Jahres mit Sonderangeboten; in vielen Läden werden an diesem einen Tag 25% des Jahresumsatzes gemacht, der auch den Beginn der Weihnachts-Einkaufs-Zeit markiert. 
Aufgrund der großen Popularität des Tages wurden in den vergangenen Jahren die Öffnungszeiten immer mehr nach vorne verlegt, statt 8 Uhr wurde schon um 3 Uhr morgens geöffnet, in diesem Jahr öffnen viele Läden bereits um Mitternacht bzw. schließen gar nicht am Donnerstag. Da bleibt den armen Verkäufern noch nicht einmal die Möglichkeit sich über ihre Familien zu ärgern, denn dieser Tag wird stressig genug werden. Ich überlege derweil, wie ich dem Konsumrausch in diesem Jahr am Besten entgehen kann... kleinere Weihnachtsfeier, Dekorationen aus der Natur oder selbstgemacht... und höchstens ein Geschenk sind da die Stichworte :)
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5 Kommentare:

  1. Danke für den tollen Posts und die Insider-Infos. Ich bin zu Thanksgiving hier in Amerika gestrandet und wurde von einem Arbeitskollegen eingeladen. Da bin ich aber gespannt. :D
    Schöne Grüße
    Christina

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    1. Ich hoffe doch, dass es ganz traditionell werden wird :) Mein Abend war toll, Foodcoma von zuviel Turkey inklusive ^^ LG Thea

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  2. Ich finde Deine Posts nach wie vor interessant und Du bist wirklich informiert, liebe Thea. Und ich kann mir vorstellen, dass Du Dich nicht heimelig fühlst, wenn alle zu ihren Familien düst. Schön wie Du schreibst. Vielen Dank dafür und ich hoffe, es hat sich wieder eingerenkt mit den Freunden...Schönen Gruss von L.-Cosmee

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    1. Ich denke es hat sich derzeit wieder eingerenkt, aber alle offenen Aussprachen helfen nicht viel, wenn im Hintergrund einer gerne Intrigen schmiedet und es weiterhin tut... LG Thea

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    2. Shit! So was kann ich ja überhaupt nicht leiden!LG Cosmee

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