12. Juli 2013

Baltimore - Leerstand


Baltimore ist zwar in keinem so schlechten Zustand wie Detroit, das mehr und mehr zu einer Geisterstadt verkommt - doch es gelingt wohl kaum durch die Innenstadt zu laufen, ohne die vielen leeren Gebäude, und teilweise komplett-leeren Straßenzüge zu bemerken, die entstanden, da der Stadt mittlerweile 300 000 Einwohner fehlen.

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Derzeit stehen 46 800 Gebäude in Baltimore leer - vom Bürohochhaus, Kirchen, kleinen Buchläden, Kinos, Museen, bis hin zum Einfamilienhaus ist alles dabei -, zehntausende Häuser wurden in den vergangenen Jahren abgerissen, 4000 der gefährlichsten Ruinen sollen in den nächsten Jahren abgerissen werden, wenn die Stadt das Geld dafür aufbringen kann.
Viele der Gebäude werden zu Stadteigentum, nachdem die Eigentümer die Häuser verlassen, und keine Grundstückssteuern mehr bezahlen können.


Über Jahre hinweg versuchte die Stadt, Häuser in Ghettobezirken zu erhalten um eine weitere Verelendung zu verhindern, doch das führte selten zu einem Erfolg, denn niemand wollte in diesen Gegenden wohnen.
Seit einigen Jahren konzentriert man sich daher nur noch auf rettungswerte Objekte in verhältnismäßig sicheren Stadtteilen mit gesunden Verkaufs- und Mietmärkten, während die abgerissenen Gebiete zu Grünflächen werden, die einfacher zu pflegen sind, als die teilweise vielstöckigen Ruinen.

Im Hintergrund leere Industriegebäude, im Vordergrund Grünfläche nach Abriß. 

Diese Maßnahmen führten offenbar zu einem Erfolg, denn zum ersten Mal seit 60 Jahren stiegen die Einwohnerzahlen wieder etwas an. 
Ich konnte mir selbst ein paar der neuen Wohnprojekte ansehen, so entstand z.B. im ehemaligen Industriehafen, eine abgeschottete Wohnanlage, in der jedes Haus unmittelbaren Zugang zu einem Yachtanleger hat.

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Derweil wurden die leeren Gebäude im unmittelbaren Stadtbild aufgeräumt und präsentieren sich nunmehr mit bunten Fassaden und großflächigen Wandbildern dem geneigten Besucher.


Weiterführende Links (auf englisch):
Business Insider: Baltimore decides some neighborhoods just aren't worth saving.
The Atlantic Cities: A second life for some of Baltimore's vacant properties.

4 Kommentare:

  1. Mehr als 40.000 Gebäzude wäre für uns hier in Deutschland eine Dimension katastrophaler Ausmaße, egal in welcher Stadt. Mein kleines Dorf hat derzeit fünf leere Häuser oder Bauernöfe.
    Leerstände haben ihren eigenen Charme, ihre besondere Aura, hier haben einst Menschen mit ihren Träumen und Sorgen und Alltäglichkeiten gelebt, was mich immer wieder mal melancholisch werden läßt. Leerstände sind bei all ihrem reiz doch ein gewisser Ausdruck der Traurigkeit, des Scheiterns, des Missmanagments etc.

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    1. Ich denke, viele Städte, gerade im Osten Deutschlands mussten eine ähnliche Entwicklung wie in den Industriestädten der USA durchleben. Nach der Wende wurden die Fabriken, Betriebe usw. geschlossen und wer konnte verließ die Orte, suchte sich Arbeit im Westen oder überall in Europa. Eisenhüttenstadt z.B. verlor 45% der Bevölkerung, Chemnitz ein Viertel trotz Eingemeindungen usw. dazu kamen die Hinterlassenschaften der SU-Armee mit tausenden Wohnblöcken, Kasernen, Flughäfen, die ebenfalls genutzt, gesichert, abgerissen, verkauft etc. werden mussten.
      Das Gefühl in einer Stadt unterwegs zu sein, die zu groß für ihre Bewohner geworden ist, ist daher nichts Neues für mich... auch nicht diese vielen wunderschönen alten Gebäude zu sehen, aus denen man soviel machen könnte, wenn es nur jemanden geben würde, der da wäre und es bräuchte.

      In den USA wurde die Geschichte dadurch verschärft, daß die gesamte Mittelschicht ab 1950 in die Vorstädte zog, doch dieser Trend kehrt sich langsam in sein Gegenteil um, denn je älter die Leute heutzutage werden um so lieber wohnen sie wieder in der Nähe von Arzt, Theater und öffentlichen Nahverkehr als überallhin mit dem Auto fahren zu müssen. Leider können Städte mit besonders schlechtem Image bisher nur wenig von diesem Neuanfang profitieren. Dazu sind die Innenstädte sehr gefährlich.... im sogenannten Rust Belt der USA liegen z.B. Detroit... mit über 50% Bevölkerungsrückgang, von 1,8 Mio. auf 700 000, gleichzeitig der höchsten Verbrechensrate.... in der Nähe von Chicago liegt die Stadt Gary, Indiana, die häufig als Beispiel für einen Ort angesehen wird, in dem alles schief lief was schief laufen kann. Sie versuchten einst Las Vegas nachzueifern, stattdessen verloren sie ebenfalls über 50% der Einwohner, die Innenstadt ist in Ruinen. Heutzutage kann man Touren durch Gary machen, mit den Urban Explorern und sich ansehen, wie Zivilisation aussieht, wenn sie vorbei ist.

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  2. Wir haben insbesondere auch durch den Abzug der US-Armee, Abwanderung von Familien aus strukturell beanacteiligten Gebieten und Absterben von Unternehmen auch genug leere gebäude, die man nutzen könnte, etwa auch dringend für eine Menschenwürdige Unterbringung von Asylbewerbern und ärmeren deutschen Bürgern.
    Vor drei Tagen ist in einem Ort bei Ochsenfurt am Main ein leerstehendes Haus von seber eingestürtzt, das eigentlich irgendwann abgerissen werden sollte - nun hat es sein Sterben selber in die Hand genommen.

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    1. Das kann ich mir gut vorstellen. In Berlin war das kein großes Problem, sobald die US Armee etwas nicht mehr benötigte wurde es sofort in Wohnungen oder Büros umgebaut, doch wenn man in einem kleinen Ort wohnt und soviel Infrastruktur eigentlich gar nicht benötigt, dann wird es schwieriger und manchmal ist der Abriß die einzige Alternative.
      Hier in Vermont sind es vorallem die Scheunen, die irgendwann zusammenbrechen. Man darf sie nicht abreißen, da sie meist unter Denkmalschutz stehen, doch kaum einer hat das Geld um eine der alten Holzscheunen dauerhaft erhalten zu können und irgendwann erledigt ein Schneesturm oder Hurrikan den Rest.

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