12. Juni 2018

In der Zahnklinik der Goethe-Universität


In der letzten Woche hatte ich nach langer Zeit einmal wieder Lust auf eine Thüringer Bratwurst, als ich diese auf dem Wochenmarkt am Bahnhof entdeckte. Ich kaufte sie mir, begann zu essen, biß auf ein Knochenstück in der Wurst und zersplitterte einen meiner unteren Frontzähne.
Da es nur nach hinten abgesplittert war, dachte ich zuerst: Keine Schmerzen, kein Problem - das muss nicht sofort behoben werden. Aber am Wochenende hatte ich hin und wieder meine Zweifel ob der Zahn als solcher noch richtig stabil war und beschloss gleich Montag früh einen Termin bei meinem Zahnarzt zu vereinbaren.


Dann las ich jedoch am Sonntagabend in eine Frankfurter Facebook Gruppe, daß eine Zahnmedizin-Studentin dringend einen Ersatz-Patienten benötigt, weil ihr Patient in der Zeit zwischen 13.30-16.30 Uhr am Montag abgesagt hatte. Nun, die Zeit war für mich kein Problem und so wurde ich die neue Patientin. Ich hatte nur etwas Zweifel, ob man mit meiner kleinen Splitterung wirklich drei Stunden füllen kann.
Da ich noch nie auf dem Gelände der Uniklinik war, dauerte es etwas bis ich das Gebäude 29, Carolinum, gefunden hatte. Dann wurde eine Patientenakte angelegt und ich wurde von ‚meiner‘ Zahnmedizinstudentin abgeholt. Sie erklärte mir, daß ich damit Patient eines Kurses wurde, der drei Stunden dauert.
Sie führte mich in einen riesigen Raum, der ähnlich wie ein Großraumbüro in halbhohe Trennwände unterteilt worden war. Nur, daß es keine Schreibtische in den Cubicles gab, sondern Zahnarztstühle.
In jedem Abteil wirkten zwei Studenten um einen Patienten, jeweils als behandelnder Arzt, sowie als Assistent, außerdem gab es eine betreuende Zahnärztin, die jeden Zwischenschritt nochmals kontrollierte und falls notwendig verbesserte.
Es begann mit einer Mundhygiene-Untersuchung, Zahntaschen Messung und sonstigem Screening, bei dem u.a. meine Kieferbeweglichkeit gemessen (und etwas bemängelt wurde - aber es war noch im normalen Bereich). Daraufhin wurde mir zu einer Professionellen Zahnreinigung geraten, die 50 € kosten würde und ich sagte zu. Zum einen kostet es bei meinem Zahnarzt genauso viel, ich hätte auch schon längst wieder gehen sollen und zum anderen hatte ich nicht das Gefühl, daß im Rahmen dieses Kurses irgendetwas ‚verkauft‘ werden muss. Danach begann die wahrscheinlich aufwändigste (und längste) Zahnreinigung, die ich je erlebt habe, bis auch die allerkleinste Verfärbung zur Zufriedenheit aller Beteiligten entfernt war. Die Zähne waren nun def. nicht nur sauber, sondern rein :)

Für die Füllung wurde ein sog. Kofferdam angelegt, den ich bisher nur aus Zahnarzt-Horrorerzählungen des Mannes kannte ^^ Dazu wird eine Art Material, daß sich wie ein Stück Ballon anfühlt, im Mund befestigt, so daß der zu behandelnde Zahn durch ein Loch freiliegt. Das Ganze wird in ein Metallgestell gespannt und mit weiteren Klammern an den Zähnen befestigt. Es verhindert Speichelfluss am Zahn und ist damit eigentlich ganz gut für nervöse Typen wie mich, die immer im ungünstigsten Punkt schlucken müssen. Leider kann man den Kiefer aber auch fast gar nicht bewegen, was relativ schnell zu Kopfschmerzen führte. 
Es dauerte natürlich alles etwas länger als sonst beim Zahnarzt, vom Aussuchen der perfekten Zahnfarbe für die Füllung (2B), zum Legen der Matrize, zum perfekten Auftragen der Füllung (nehmen Sie doch die Modellierwerkzeuge, die kleben weniger). Nur das Aushärten und Runterschleifen danach ging dann ganz schnell. 
Leider hatte ich immer stärkere Kopfschmerzen und konnte meine Bewegungen kaum kontrollieren, letztlich hielt ich meinen Kiefer selbst mit einer Hand fest. Gottseidank hörten die Schmerzen kurz nachdem das Gestell abgenommen wurde, wieder auf. Ich frage mich jetzt natürlich schon, ob meine eingeschränkte Kieferbeweglichkeit vielleicht des Öfteren auch zu Spannungskopfschmerzen führt. Für diese Frontzahnfüllung musste man übrigens nichts bezahlen, da es durch einen Studenten im Rahmen des Kurses erarbeitet wurde.

Es waren tatsächlich drei Stunden vergangen, als ich endlich das Gebäude wieder verließ. Die betreuende Zahnärztin versuchte ihr Möglichstes, um mich als dauerhafte Kurs-Patientin zu gewinnen, denn offenbar ist es schwierig genügend Patienten für alle Studenten zu bekommen, man muss sich eben jeweils drei Stunden Zeit nehmen, und kann nur eingeschränkt Terminwünsche äußern. 
Da ich nur bis September in Frankfurt wohnen werde, ist es kaum sinnvoll mich noch in den Kurs aufnehmen zu lassen - vielleicht versuche ich etwas Ähnliches in Aachen zu finden.

Falls jemand in Frankfurt Interesse hat, sich als Patient in der Zahnmedizin-Ausbildung aufnehmen zu lassen, kann ich es nur empfehlen - die Telefonnummer für die ‚Beratung und Planung - BuP‘ ist die 069 6301 4247.
Es ist qualitativ hochwertig, es wird sehr gründlich gearbeitet und ständig betreut/ kontrolliert - und man bezahlt nichts für Füllungen an Vorderzähnen.
Außerdem tut man etwas Gutes, indem man dafür sorgt, daß jeder Student auch immer einen Patienten für seinen Kurs hat :) 

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