23. Dezember 2016

Gedanken zum Terror


Als wir im Dezember 2015 Paris besuchten, waren die dortigen Anschläge nur ein paar Wochen vergangen, unser Hotel befand sich sogar in Sichtweite des Stadiums. Überall in den Straßen liefen Soldaten in voller Kampfmontur herum, das Maschinengewehr in der Hand und man fühlte sich dadurch eher noch unsicherer. Was genau sollte denn ein Soldat mit Maschinengewehr machen wenn sich jemand vor ihm in die Luft sprengt - ihn erschießen?
In den Monaten danach geschahen die Anschläge von Brüssel, Nizza, Berlin. Mittlerweile ist man nicht mehr entsetzt oder geschockt, sondern akzeptiert das Schockierende als etwas Häßliches, das eben dazugehört, so wie Autounfälle. Meine Gedanken, Gefühle dazu schweifen regelmäßig ab, aber ich komme in den vergangen Tagen nicht ganz davon los.

Als ich in Potsdam studierte, war das ‚meine‘ Ecke von Berlin. Mit der RB von Potsdam West war man in 15 Minuten am Bahnhof Zoo, dann ging es zu Fuß weiter, bis hoch zum KaDeWe und zurück wurde der Weg über den Breitscheidplatz abgekürzt - im Idealfall hatte man dann alle Weihnachtsgeschenke zusammen. - Ich kannte den Namen des Platzes nicht einmal, oder hatte ihn wieder vergessen, das war eben die Kaiser Wilhelm Gedächtnis Kirche und fertig. Es gab dort einen Weihnachtsmarkt, er war nicht sonderlich bemerkenswert - aber wenn man von A nach B wollte, kam man zwangsläufig an dem von zwei Hauptstraßen flankiertem Platz vorbei.
Im Fernsehen sieht es auch so aus, als wenn man überall hätte langfahren können, aber es gibt dort eigentlich Treppen, die hinauf und hinunter führen. Man musste sich den Platz vorher ansehen, sonst könnte man auch leicht im Treppenaufgang zu den Toiletten steckenbleiben und keiner würde einem glauben, daß man gerade einen Anschlag durchführt.

Kann man einen Anschlag oder dessen Folgen verhindern? Gestern wurde im hr Fernsehen von einer Gasexplosion berichtet, die ein Haus zerstörte, die Wände fielen zur Seite weg, das Dach auf’s Nachbargrundstück und die beiden Leute, die sich im Haus aufhielten, ein Heizungsmonteur und die Eigentürmerin des Hauses wurden nicht verletzt.
Das erinnerte mich an den Anschlag am Brüsseler Flughafen, bei dem die meisten Leute durch herabstürzende Glasscheiben verletzt / getötet wurden und nicht so sehr der Explosion selbst... kann man Häuser also so bauen, daß sie ähnlich wie eine Knautschzone am Auto auch, Energie aus einer Explosion ableiten können? Oder den Innenausbau von öffentlichen Gebäuden so gestalteten, daß was auch immer herunterfällt vielleicht weh tut, aber nicht tötet? Es gibt z.B. in Erdbebengebieten Schulen und Häuser, die aus Karton errichtet wurden und wo selbst ein Zusammenbruch des Daches höchstens ein bißchen unangenehm ist.
Im deutschen Fernsehen wurde auch berichtet, daß man nicht alle Plätze mit Betonpollern schützen kann - aber warum eigentlich nicht? Es gab einmal einen dieser seltsamen Gerichtsprozesse in den USA, wo man die Schadenersatzforderung zuerst nicht verstehen kann. Eine Person verwechselte das Gaspedal am Auto, raste ungebremst auf das bis zum Boden reichende Fenster eines Schnellrestaurants und tötete dabei ein Kind. Die Familie verklagte das Restaurant und gewann. Warum? So eine Art von Unfall kann jeden Tag passieren, also muss das Restaurant dafür Sorge tragen, daß kein Auto das Glas erreichen kann - es müssen Betonpoller aufgestellt werden. Selbst ein ‚normaler‘ Unfall mit einem LKW kann Menschenleben kosten, was wenn der polnische Fahrer stattdessen ‚nur‘ einen Herzanfall gehabt hätte?

Ich habe noch weitere Gedanken hier formuliert, aber wieder entfernt, weil ich zu verärgert oder aufgebracht war. Wann immer ich mit zuviel Gefühl schreibe, trete ich mittlerweile lieber einen mentalen Schritt zurück und denke nach. Letztlich war ich nicht dort, und in der Natur der Medien liegt es nur ein einseitiges Bild der Lage zu zeichnen.


18. Dezember 2016

Rothenburg ob der Tauber

 Auf dem Weg vom Bahnhof in die Stadt 
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 Marktplatz und Rathhaus

Wie ich bereits in meinem Teodeco Blog berichtete, waren wir am vergangenen Wochenende in Rothenburg ob der Tauber - der Heimat von Käthe Wohlfahrt: Dort wo man das ganze Jahr über Weihnachtsschmuck kaufen kann. 
Wir hatten vorher überlegt, ob wir für eine Nacht ein Hotelzimmer in der Stadt mieten sollen, fanden das dann aber zu kompliziert und entschieden uns für einen Tagesausflug. Dazu fährt man zwar ca. drei Stunden pro Strecke ab Frankfurt (mit dem Zug) - aber so schlimm ist das auch nicht und man ist dafür am Abend wieder zu Hause. Damit sich das überhaupt lohnt, muss man natürlich früh losfahren und so erreichten wir noch vor der Mittagszeit Rothenburg. 
Es war auch mein erster Besuch im Freistaat Bayern - obwohl Franken nur kurz hinter Frankfurt beginnt klingt logisch, hatten wir die Gegend bisher noch gar nicht besucht.
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Sobald man vor den Stadttoren von Rothenburg steht, begreift man auch den Namen, denn ob steht offenbar für über, schließlich thront die Stadt wie ein Adlerhorst über dem Tal durch das sich die Tauber schlängelt.
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Da die Stadt als Weihnachtsort so bekannt ist, erwarteten wir natürlich auch Menschenmassen an diesem Adventswochenende, aber obwohl es sehr voll war, konnte man doch noch treten und die Nebenstraßen waren völlig leer. 
Es hilft offenbar, daß derzeit überall Weihnachtsmärkte stattfinden, denn damit kann Rothenburg tatsächlich nicht mithalten: Man kann zwar in fast jedem Laden Weihnachtsartikel kaufen, doch von den typischen Weihnachtsmarktbuden gibt es nur eine Handvoll auf dem Marktplatz. 
Wir folgten jedenfalls dem steten Menschenstrom vom Bahnhof in die Innenstadt, wunderten uns über die vielen Trumps in der Stadt, Trump (mit einem p) waren die Bäcker - Trumpp: Metzger; tranken sehr furchtbaren Glühwein, aßen viel besseren Lebkuchen und fanden dann unseren Weg zum Burggarten. 
Am Bahnhof konnte man eine kleine Stadtkarte bekommen, aber eigentlich findet man sich auch so problemlos zurecht.
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Vom Burggarten (die dazugehörige Burg gibt es schon seit 1356 nicht mehr) hatte man einen großartigen Ausblick auf das Taubertal und auch die Stadt selbst. 
Wenn man bedenkt wie wenige Städte noch Stadtmauern haben, meist ist es höchstens noch ein kleines Stück hier und da - und dann sieht man in Rothenburg die gesamte Stadt-Festungsanlage inklusive sämtlicher Tore und Türme vollständig erhalten - dann fragt man sich staunend wie sie das geschafft haben. 
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Einige Zeit später liefen wir an der langen Schlange vor dem Weihnachtsmuseum vorbei - das hätte mich zwar schon interessiert, aber so lange anstehen mag ich dann doch nicht, bis wir das Kriminalmuseum erreichten. Dort gab es ein schönes Café in dem wir erstmals die Spezialität der Stadt: Schneeballen probieren konnten.
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Danach sahen wir, daß jeder Bäcker der Stadt diese in unterschiedlichsten Varianten anbot und kauften weitere Bällchen als Souvenir ^^ Einen neuen Kühlschrankmagneten gab es aber auch; und dann sahen wir uns weitere schöne Häuser und sonstige Postkarten-Ansichten der Stadt an. 
Dabei fanden wir auch einen weiteren Käthe Wohlfahrt Laden in der Nähe des Plönlein, der weniger voll aussah als alle anderen, und dachten uns, wenn schon in Rothenburg... als wir den Laden betreten wollten, wurden wir aber auf eine 5 minütige Wartezeit hingewiesen - doch kurz danach konnten andere Leute hinter uns den Laden ohne Wartezeit betreten und ohne, daß jemand das Geschäft verlassen hatte. Offenbar sahen wir weniger kaufwütig aus, oder noch schlimmer wir wollten bestimmt nur gucken. Nach dieser Erfahrung hatten wir keine Lust mehr auf Käthe Wohlfahrt und besuchten einige andere Läden.


Nachdem der Mann mich aus dem Mittelalterladen herausbugsiert bekam, ohne daß ich etwas kaufen konnte, wurde ich dann in einem kleinen Laden mit kleinem Ladenhund fündig und beschloss meine Sammlung an Zinnornamenten endlich Wirklichkeit werden zu lassen. Jetzt werde ich jedes Jahr einen Zinnanhänger dazu kaufen.
Dort gab es auch sehr schöne handgemalte Holzanhänger von einem Künstler aus der Stadt - doch die Beschwerden der Verkäuferin, daß sie diese Anhänger ständig wieder zusammenkleben muss (sie klebte auch gerade eins) waren nicht gerade verkaufsfördernd. 
Dem knurrenden Magen folgend, fanden wir wenig später ein erstaunlich leeres Restaurant - dessen Küche jedoch gerade geschlossen war, es gab nur noch Flammkuchen. Da wir keine Lust hatten weiterzusuchen, wussten wir schon, was wir bestellen würden.


Nach einer längeren Pause in dem gemütlichen Restaurant, wurde es langsam Zeit zum Bahnhof zurückzukehren.
Auf dem Rückweg sahen wir ein Schild, daß den Weg zu Holzschnitzern wies, dem wir nicht widerstehen konnten. Also besuchten wir ein wahrlich mittelalterlich aussehendes Haus, stiegen ausgetretene, schiefe Stufen empor und siehe da, im ersten Stock waren die Holzschnitzer bei der Arbeit. Ihre Werke konnte man im Laden im Erdgeschoß kaufen, doch da wir nun wirklich los mussten, blieb es bei einem flüchtigen Blick. Wenn man lokales Handwerk bewahren möchte, sollte man sicher hier etwas einkaufen, denn vor allem die unbemalten Figuren sahen geradezu wie Kunstwerke aus.
Nun hieß es für uns ‚Auf Wiedersehen Rothenburg‘, wir kommen bestimmt noch einmal her, und bringen weitere Gäste mit.
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Und kaum waren wir zu Hause angekommen, meinte unsere Vermieterin, daß sie gerade Glühwein zubereitet hatte, aus frisch gepresstem Orangensaft und Primitivo, und ob wir auch etwas davon trinken wollten. Wir wollten: Zuerst den schlechtesten - dann den besten (roten) Glühwein am gleichen Tag zu trinken - das muss man auch erst einmal hinbekommen :) 

9. Dezember 2016

Schnee von gestern


In den vergangenen zwei Wintern, war es in Frankfurt meistens warm. Schnee fiel zwar hin und wieder, hielt sich aber nie bis zum Mittag des jeweiligen Tages… Das war sehr gut für die Katzen, denn eigentlich mögen sie Schnee, nur die damit einhergehenden kalten Temperaturen gefallen ihnen gar nicht. 
Frankfurt - und damit der beginnende Rheingau (der Weinberg in Frankfurt zählt schon dazu) sind durch die umliegenden Mittelgebirgsketten gut vor schlechtem Wetter abgeschirmt und deswegen ist der Weinbau überhaupt möglich. 
Umso erstaunter war ich demnach, als es Anfang der Woche nicht nur (unangekündigt) anfing zu schneien, sondern der Schnee auch ganze drei Tage liegen blieb. Es waren zwar nur eins, zwei Zentimeter, aber nach zwei schneelosen Wintern in der Stadt, zählte das schon als Sensation.


Also nahm ich mir mein Fahrrad und fuhr in den Stadtwald; sah mir den zugefrorenen Jacobiweiher an (der auch in den letzten zwei Jahren nicht einmal gefroren war) und erfreute mich an den leicht verschneiten Buchenwäldern. 
Da unter dem Schnee kein Eis lag, konnte man übrigens noch sicher Fahrrad fahren - und da der Winterwald mir so gut gefiel, fuhr ich bis zum Goetheturm weiter. So konnte ich mir auch einmal den Sachsenhäuser Weihnachtsmarkt (samt einsamen Schaf in der Krippe) ansehen.
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Doch dort angekommen sah ich, daß in diesem Bereich des Waldes (wie auch im Rest der Stadt) gerade einmal ein Hauch von Schnee gefallen war… der ‚echte‘ ^^ Schnee lag nur rund um die Oberschweinstiege und dem Lerchesberg. 
Gestern Nacht stiegen die Temperaturen jedoch plötzlich, und bei durchschnittlich 1°C ist kaum noch etwas von all dem Weiß übrig.

5. Dezember 2016

Weihnachtsmarkt

 Auf dem Römer ... und (unten, links) My Zeil

Eine Woche lang habe ich versucht weiter an meinen Indien Artikeln zu schreiben…doch jetzt lege ich eine Pause ein. Mir ist gerade nicht nach Palmen in der Sonne, sondern eher nach Weihnachtsbäumen in der Kälte. 
Aus dem letzten Jahr ist auch noch unser Weihnachtsausflug nach Luxemburg, Paris, Brügge und Amsterdam ‚übrig‘ - ich glaube es ist an der Zeit vier kurze Artikel dieser Städtetour zu widmen, die thematisch gerade gut in die Vorweihnachtszeit passt. 


Doch jetzt besuche ich erst einmal die Weihnachtsmärkte der Region. In diesem Jahr waren wir bisher nur in Frankfurt unterwegs (u.a. auf dem Markt der schwedischen Gemeinde) - im letzten Jahr, waren wir außerdem in Wiesbaden und Mainz. 
Der Grund ist etwas kurios, denn damals wurde gerade die kleinere Ausgabe der Bild-Zeitung eingeführt und um diese zu bewerben konnte man mit einer bestimmten Samstagsausgabe im Dezember, ein Wochenende lang quer durch Hessen fahren, also für 90 Cent pro Person. 


Unsere Freunde sprachen zwar keine Deutsch, wohnten aber neben einem Zeitungskiosk und konnten so - zur Belustigung des Kioskinhabers - vier Ausgaben kaufen. 

Daraufhin fuhren wir nach Wiesbaden und sahen uns den kleinen Markt in der Landeshauptstadt an, und besuchten natürlich auch die Innenstadt und den Kochbrunnen. Dabei fiel mir auf, wie wunderschön Wiesbaden wirklich ist. Frankfurt hat zwar auch solche Gebiete mit Stadtpalästen und reich verzierten Wohnhäusern, doch Wiesbaden hat eine ganze Innenstadt voll, statt das ein oder andere schöne Haus.


Mit dem Einbruch der Dunkelheit ging die Fahrt weiter nach Mainz. 


Das gehört zwar nicht zu Hessen, aber zum RheinMain Gebiet und war demnach in unserem ‚Ticket‘ enthalten. In Mainz beeindruckt natürlich der Dom, aber auch die kleinen Gässchen hinter dem eigentlichen Markt. Und es lohnt sich immer nach den Mainzelmännchen Ausschau zu halten ^^ 
In Frankfurt gibt es viele kleine Weihnachtsmärkte, die über die Stadt verstreut sind - in Mainz ist es dagegen ein großer Markt für Alle - was mich spontan an den Rostocker Weihnachtsmarkt erinnerte.
Am Sonntag hätten wir weiter in Hessen unterwegs sein können, doch Winterreisen finde ich irgendwie immer sehr anstrengend, so daß wir stattdessen einen ruhigen Tag einlegten. Eigentlich wollten wir eine der Schlossweihnachten besuchen… so wurde es dann aber nur ein Besuch im Stadtwald. 

Mal schauen, welchen Markt wir in diesem Jahr noch erkunden werden: Der Mann hat nämlich Rothenburg ob der Tauber ins Auge gefasst und ich würde gerne nach Rüdesheim zum Markt der Nationen :)



23. November 2016

Wieder zurück

Nach drei Wochen in Mumbai und Delhi, mit teilweise sehr eingeschränktem Internetzugang sind wir wieder in Deutschland gelandet und ich versuche den Besuch soweit es geht zu verarbeiten. 
Es ist nicht so schwierig, wie es vor acht Jahren war und doch werden wir beide noch eine Weile daran zu knabbern haben… A. wegen Heimweh und ich wegen des üblichen Kulturschocks. Ein solcher Besuch ist schlichtweg sehr anstrengend für mich, denn er beinhaltet keinerlei Privatsphäre und ständige Besuche von oder bei Familienangehörigen / Freunden / Freunden von Familienangehörigen / Nachbarn (inklusive Gegenbesuche und erneuten Einladungen) zum Frühstück, Mittag, frühen bzw. späteren Nachmittag, Abendessen und so weiter, gerne auch alles an einem Tag. 
Mein Mann liebt solche Besuche, er geht förmlich darin auf und wenn er in Indien ist, möchte er alle und jeden besuchen. Da ich ausgesprochen introvertiert bin, überfordert mich das völlig. Ich kann mich auf keinen wirklich einstellen und habe demnach das Gefühl auch niemandem gerecht zu werden. Dazu verstehen zwar viele englisch, reden aber in diversen anderen Sprachen wie hindi, marathi und rajasthani… mein Pech, daß ich die in den acht Jahren nicht alle gelernt habe.

Zum Glück konnten wir auch etwas ‚echten‘ Urlaub mit einbauen und besuchten einige Touristenziele.
Außerhalb der Großstädte ging es mir gesundheitlich auch etwas besser, da man weniger Winter-Smog-Luft einatmete. Ansonsten benötigte ich nicht ein einziges Mal einen Arzt und mein Magen stellte sich als etwas robuster als vor acht Jahren heraus. 

Direkt während eines Zweitages-Ausflugs nach Daman und Silvassa überraschte uns die Währungsentwertung: Am Abend des ersten Tages erklärte nämlich die indische Regierung daß das Bargeld - bis auf das absolute Kleingeld - mit sofortiger Wirkung ungültig wurde. Man kann es - bei vorhandenem indischem Bankkonto - bis zum Januar in der Bank umtauschen, aber es handelte sich nicht mehr um ein gültiges Zahlungsmittel. 
Danach wurde alles schwierig und wir mussten unseren Ausflug eher beenden, denn das Hotelzimmer konnten wir nur unter Drohungen mit altem Geld bezahlen, mit der Tankstelle musste man sich herumstreiten, obwohl diese ausdrücklich das Geld annehmen mussten, die Mautstellen auf der Autobahn aber nicht - was riesige Staus verursachte. Kein einziges Restaurant akzeptierte unser Geld, so daß wir mit knurrenden Magen, und erst am späten Nachmittag Mumbai erreichten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es für andere - normale - Touristen gewesen sein muss, die keine Familie in dem Land haben. 
Diese Entwertung veränderte auch den Rest unseres Urlaubes, denn außer in den Multi-Millionenstädten, gibt es keinen elektronischen Zahlungsverkehr im Land. Es basiert alles auf Bargeld (obwohl ich vermute, daß sich das angesichts der Lage jetzt rasant ändern wird), von dem plötzlich nur noch 30% des landesweiten Bedarfs zur Verfügung stand. Man kann sich diese Situation fast gar nicht vorstellen, Menschen sind gestorben, weil die alten Währung nicht im Krankenhaus akzeptiert wurde, oder weil sie tagelang kein Geld von der Bank bekamen und dann sich und ihre Kinder umbrachten, oder weil sie zu lange in den Bankschlangen standen und einen Herzanfall bekamen. 
Die Schlangen vor den Banken waren überall immens, die Menschen haben sogar dort geschlafen und mussten jeden Tag wiederkommen, da man nur ca. 40 € pro Tag erhielt und auch nur wenn man zu den Glücklichen gehörte, die überhaupt etwas von dem Geld ergattern konnten. 
All das dient angeblich dem Kampf gegen Schwarzgeld, aber in erster Linie führte es dazu, daß die Ärmsten nur noch mehr leiden mussten, während die reichen Schwarzgeldbesitzer dieses ohnehin nicht in Bargeld zu Hause lagern. 

Jetzt sind wir jedenfalls wieder in Deutschland, sehen kahle Bäume und kühlere Temperaturen. Und ich freue mich schon sehr auf den ersten Glühwein der Adventsaison :) 


26. Oktober 2016

Langen (Hessen)


Langen ist eine Stadt, die mich in mehr als einer Hinsicht überrascht hat, als ich sie im September zum ersten Mal besuchte (wie bereits hier erwähnt: Link und auch im Teodeco Blog: Link :). 
Da es sich um die nächstgrößere Stadt hinter Neu-Isenburg handelt, liegt sie quasi in unserer Nachbarschaft und doch kannte ich niemanden, der je Langen besucht hatte und so dauerte es eine Weile, bis ich selbst hinfuhr. 

 Der rote Sandstein scheint einst der billigste Baustoff gewesen zu sein, denn er wird für eine Vielzahl an Häusern, Scheunen, Mauern usw. verwendet.

Der Wikipedia Artikel erwähnte Teile einer alten Stadtmauer, mit Turm, die Google Bildsuche zeigte mir Bilder vom Römer in Frankfurt; und ein Image Film der Stadt befasste sich in erster Linie mit dem Langener Waldsee. Ich mag diesen See auch sehr, doch er liegt eher neben Buchschlag und hat ansonsten kaum eine Verbindung zu Langen (außer dem Namen). 
Da es noch der heiße Sommer vom Septemberanfang war, fuhr ich mit der S-Bahn zum Langener Bahnhof und hatte dann tatsächlich einen ‚langen‘ Weg - trotz Fahrrad - bis zur Altstadt vor mir. Während ich an Geschäften und Cafés vorbeifuhr kam mir manchmal sogar der Gedanke, ob das alles war und ich umsonst nach Langen gefahren war, denn ich sah kaum ein historisches Gebäude und nur ein einziges Fachwerkhaus. Dann erreichte ich den Kreisverkehr am Lutherplatz und ab dort ging es mit Wohnhäusern statt Geschäften weiter - doch in einiger Entfernung sah man eine Kirche und so fuhr ich geradewegs drauf los, bis ich die Fahrgasse erreichte. 


Das klang schon einmal vielversprechend und die Fachwerkhäuser dazu gefielen mir auch.
Da ich nicht wusste, wieviele historische Häuser es in der Gegend gibt, beschloss ich die Straße hinauf- und danach wieder hinab zu laufen… doch dabei fand ich noch viele andere Fachwerkhaus-Gassen und wurde immer fröhlicher als ich die Obergasse besuchte, die Stadtmauer an der Hügelstraße bewunderte, durch die enge Bruchgasse lief und dann die schönste Straße, die Bachgasse fand. 

Dort befindet sich direkt neben der Straße tatsächlich ein kleiner Bachlauf, der sogar unter der Stadtmauer hindurchfloss. 

Zum Abschluss besuchte ich dann die Stadtkirche - die mir schließlich den Weg in die überraschend große und schöne Altstadt gewiesen hatte - auf einer kleinen Anhöhe; und endlich fiel mir dann auf, daß auf den meisten Dächern eine Figur stand. 
Ich hatte diese schon vorher mehr oder weniger unbewusst registriert, doch Katzen- und Hahnfiguren sieht man auf so vielen Dächern, daß ich die Figuren schlichtweg übersehen hatte, bis mir plötzlich auffiel, daß ich statt Hähnen - Dackel, Schwäne, Schweine, Drachen… gar Leute im Kanu auf den Dächern sah. 


Nichts was dem Denkmalschutz gefallen würde, doch ich war begeistert ^^ 
Also nahm ich sozusagen mit geschärftem Blick meine Kamera nochmals zur Hand und lief durch Borngasse und Schulgässchen, bis ich plötzlich von einem Mann gestoppt wurde. ‚Gute Frau, was fotografieren Sie denn da!‘ - Seiner Meinung nach, fotografierte ich die perfekten Einbruchsmöglichkeiten in die Häuser… genau das, was man am hellichten Tag, mit einer DSLR in der Hand inmitten einer historischen Altstadt eben so macht. Ich war sicher schon in einigen Orten unterwegs gewesen, in denen man nicht unbedingt an Touristen gewöhnt ist, doch mit so einem Vorwurf wurde ich tatsächlich noch nie konfrontiert. Sprachlos zeigte ich ihm den Hausdrachen, den ich gerade fotografiert hatte und er murmelte ein ‚Achso, hmm‘ und ging vorbei, und ich versuchte auch weiterzufotografieren. Aber die Luft war raus und ich war immer noch perplex.
Also packte ich meine kriminelle Spiegelreflexkamera in die Fototasche, knippste ein paar harmlose IPhone-Fotos von blühenden Stockrosen und machte mich alsbald auf den Rückweg zum Bahnhof. 
Eigentlich wollte ich mit dem Fahrrad zumindest bis Dreieich fahren, aber das Wetter war einfach zu heiß und zu sonnig. … Und davon kann man heutzutage im Oktober fast nur noch träumen… ^^ 

Auf diesem Haus thront übrigens ein kleiner Stier :)




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