Nach drei Wochen in Mumbai und Delhi, mit teilweise sehr eingeschränktem Internetzugang sind wir wieder in Deutschland gelandet und ich versuche den Besuch soweit es geht zu verarbeiten.
Es ist nicht so schwierig, wie es vor acht Jahren war und doch werden wir beide noch eine Weile daran zu knabbern haben… A. wegen Heimweh und ich wegen des üblichen Kulturschocks. Ein solcher Besuch ist schlichtweg sehr anstrengend für mich, denn er beinhaltet keinerlei Privatsphäre und ständige Besuche von oder bei Familienangehörigen / Freunden / Freunden von Familienangehörigen / Nachbarn (inklusive Gegenbesuche und erneuten Einladungen) zum Frühstück, Mittag, frühen bzw. späteren Nachmittag, Abendessen und so weiter, gerne auch alles an einem Tag.
Mein Mann liebt solche Besuche, er geht förmlich darin auf und wenn er in Indien ist, möchte er alle und jeden besuchen. Da ich ausgesprochen introvertiert bin, überfordert mich das völlig. Ich kann mich auf keinen wirklich einstellen und habe demnach das Gefühl auch niemandem gerecht zu werden. Dazu verstehen zwar viele englisch, reden aber in diversen anderen Sprachen wie hindi, marathi und rajasthani… mein Pech, daß ich die in den acht Jahren nicht alle gelernt habe.
Zum Glück konnten wir auch etwas ‚echten‘ Urlaub mit einbauen und besuchten einige Touristenziele.
Außerhalb der Großstädte ging es mir gesundheitlich auch etwas besser, da man weniger Winter-Smog-Luft einatmete. Ansonsten benötigte ich nicht ein einziges Mal einen Arzt und mein Magen stellte sich als etwas robuster als vor acht Jahren heraus.
Direkt während eines Zweitages-Ausflugs nach Daman und Silvassa überraschte uns die Währungsentwertung: Am Abend des ersten Tages erklärte nämlich die indische Regierung daß das Bargeld - bis auf das absolute Kleingeld - mit sofortiger Wirkung ungültig wurde. Man kann es - bei vorhandenem indischem Bankkonto - bis zum Januar in der Bank umtauschen, aber es handelte sich nicht mehr um ein gültiges Zahlungsmittel.
Danach wurde alles schwierig und wir mussten unseren Ausflug eher beenden, denn das Hotelzimmer konnten wir nur unter Drohungen mit altem Geld bezahlen, mit der Tankstelle musste man sich herumstreiten, obwohl diese ausdrücklich das Geld annehmen mussten, die Mautstellen auf der Autobahn aber nicht - was riesige Staus verursachte. Kein einziges Restaurant akzeptierte unser Geld, so daß wir mit knurrenden Magen, und erst am späten Nachmittag Mumbai erreichten. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es für andere - normale - Touristen gewesen sein muss, die keine Familie in dem Land haben.
Diese Entwertung veränderte auch den Rest unseres Urlaubes, denn außer in den Multi-Millionenstädten, gibt es keinen elektronischen Zahlungsverkehr im Land. Es basiert alles auf Bargeld (obwohl ich vermute, daß sich das angesichts der Lage jetzt rasant ändern wird), von dem plötzlich nur noch 30% des landesweiten Bedarfs zur Verfügung stand. Man kann sich diese Situation fast gar nicht vorstellen, Menschen sind gestorben, weil die alten Währung nicht im Krankenhaus akzeptiert wurde, oder weil sie tagelang kein Geld von der Bank bekamen und dann sich und ihre Kinder umbrachten, oder weil sie zu lange in den Bankschlangen standen und einen Herzanfall bekamen.
Die Schlangen vor den Banken waren überall immens, die Menschen haben sogar dort geschlafen und mussten jeden Tag wiederkommen, da man nur ca. 40 € pro Tag erhielt und auch nur wenn man zu den Glücklichen gehörte, die überhaupt etwas von dem Geld ergattern konnten.
All das dient angeblich dem Kampf gegen Schwarzgeld, aber in erster Linie führte es dazu, daß die Ärmsten nur noch mehr leiden mussten, während die reichen Schwarzgeldbesitzer dieses ohnehin nicht in Bargeld zu Hause lagern.
Jetzt sind wir jedenfalls wieder in Deutschland, sehen kahle Bäume und kühlere Temperaturen. Und ich freue mich schon sehr auf den ersten Glühwein der Adventsaison :)
Oh die Sache mit der Geldentwertung ist ja ein Horror. Warum geschah das, in der Zeitung hab ich davon nix lesen können. Und da hattest Du als introvertierte Person so allerhand zu leisten und auszuhalten...kann ich gut nachvollziehen. Mir ist Dauerkontakt in Massen auch oft zuviel. Schön dass Du wieder da bist und guck, rechtzeitig zum Frankfurter Weihnachtsmarkt, da kannst Du dann leckeren Glühwein trinken. Ich hoffe, es ist bald etwas kälter, erst dann schmeckt er richtig gut. Oder heissen Apfelwein, den mag ich viel lieber. Probiere mal aus...Lieben Gruß von Cosmee
AntwortenLöschenHaha, ja die Vorliebe für heißen Apfelwein weist Dich eindeutig als Frankfurterin aus ^^ Ich mag eigentlich ganz gerne Glüh-Weißwein mit eher wenig Gewürzen und die derzeitigen Temperaturen sind - nach der Zeit in Indien - schon kühl genug für mich :)
LöschenDie Geldentwertung war ein politischer Schachzug. Die Modi Regierung steht kurz vor wichtigen Regionalwahlen und sie haben sich den Kampf gegen Schwarzgeld auf die Fahnen geschrieben, aber bisher nur Niederlagen einstecken müssen, da die Reichen ihr Geld weder aus Dubai noch der Schweiz wieder zurück nach Indien schicken wollten.
Sie wussten zwar schon seit 2005, daß max. 6% des Schwarzgeldes in Bargeld zu Hause gelagert wird, aber auf die Art konnten sie wirksam davon ablenken, denn zum einen steht das öffentliche Leben teilweise still und außerdem wer offen die Maßnahme kritisiert, ist kein Patriot und hat wohl selbst Schwarzgeld zu Hause.
Während es die Steuerbetrüger also kaum trifft, geht es stattdessen gegen den Großteil der indischen Bevölkerung, denn die meisten müssen überhaupt keine Steuern zahlen, weil sie unter dem Existenzminimum bezahlt werden und besitzen auch kein eigenes Bankkonto.