12. Oktober 2017

Zur Probe

Die Licht- und Special-Effects Profis (Bild links, oben) korrigierten noch jede Menge ‚Katastrophen‘ bei der Ausleuchtung, aber dazu ist so eine Probe ja auch da ^^

Dank unserer Vermieterin / Mitbewohnerin war ich in diesem Jahr zum ersten Mal überhaupt in einer Oper (Tosca) - und gestern Abend besuchten wir im gleichen Gebäude (der Oper Frankfurt, am Willy Brandt Platz) eine Generalprobe.
Es gibt eine Zusammenarbeit zwischen dem Taunusturm und der Oper Frankfurt und im Rahmen dessen finden verschiedene Veranstaltungen statt, so auch die gestrige. Dabei ging es um die Wiederaufnahme (für diesen Spielplan), der beiden jeweils einstündigen Opern ‚Dido und Aeneas‘ von Henry Purcell (1688); und ‚Herzog Blaubarts Burg‘ von Béla Bartók (1911).
Vor beiden Opern fand ein kleiner Vortrag statt, bevor das jeweilige Stück dann einmal komplett durchgespielt und gesungen wurde. Während die Korrekturen nach Dido liefen, konnten wir natürlich den Saal verlassen und hatten so eine genügend lange Pause um außerhalb des Gebäudes zu Abend zu essen, bevor es mit Blaubart weiter ging.

Ich mochte ‚Dido und Aeneas‘ sehr, die Barockmusik war gefällig und brach an genau den richtigen Stellen mit den bekannten Themen. Die antike Geschichte war wunderbar überzogen tragisch, der Chor hatte eine ungewöhnlich starke, fast schon Hauptrolle und die Kostüme erinnerten eher an ein präraffaelitisches Gemälde. Ich mochte sogar die Hintergrundgeschichte, daß es einst für den englischen Hof komponiert wurde, dem aber der Prolog mit politischen Anspielungen nicht gefiel, so daß es erst 1688 in einem Mädchenpensionat uraufgeführt wurde.
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‚Herzog Blaubarts Burg‘ ist dagegen eher schwere Kost, mit ausschließlich zwei Rollen von Blaubart und seiner neuesten Frau, die natürlich wie alle anderen Frauen vor ihr, ihrem Schicksal nicht entgehen kann.
Es ist eine echte Leistung zu zweit die leere Bühne füllen zu müssen und eine Stunde lang zu singen, aber das Stück hat mich in seiner verschachtelten Symbolik und Anspielungen weniger berührt. Gleichzeitig musste ich aber auch über die Geschichte nachdenken, weil ich sie verstehen wollte und las mir dann einiges dazu erst heute Morgen durch.
Ursprüngliche Inspiration war der homosexuelle, sadistische Serienmörder Gilles de Rais, der ab ca. 1430 bis zu seinem Tod durch den Strang, 1440 zwischen 80 bis 600 Jungen umgebracht haben soll. Nach den Gerichtsakten gab er 140 Tötungen von Kindern der armen Landbevölkerung zu, keine davon hätte wirklich zu einer Verurteilung geführt, wenn er nicht auch einen katholischen Geistlichen gefoltert und letztlich getötet hätte. Seiner eigenen Ehefrau, die von ihm getrennt lebte, hat er übrigens nicht angetan, außer dem finanziellen Ruin.
Charles Perrault änderte die Geschichte dann aber in einen Frauen mordenden Mann, und deutete in der Moral dazu an, daß die Frauen eigentlich selbst schuld waren, schließlich hatten sie ihrem Mann nicht gehorchen wollen. Das heimliche Öffnen der verbotenen Kammer und dem Entdecken der anderen Frauenleichen war ein Symbol der Untreue.
In Bartóks Oper ist Blaubart eher ein gequälter Antiheld und seine neue Frau versucht ihm zu helfen und zu verstehen. Sie verlangt das Öffnen der sieben Türen um Licht in sein Leben zu bringen, auch wenn das letztlich zu ihrer Vernichtung führt.
Mir gefällt die Änderung der Schuldfrage durch die Jahrhunderte: zuerst der psychopathische Täter, dann die Falschheit der Frau und letztlich das Aufheben von Schuld und der Beschreibung von Menschen, die einem Pfad folgen müssen, der leider in ihr Verderben führt.

Für mehr Informationen bietet sich dieses Video an: Link

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