15. Januar 2009

Zwischenbericht



Heute hat Linus fauchen gelernt. Shweta war jedes Mal wenn er fauchte ziemlich erschrocken, aber da er nun den ganzen Tag über voller Freude so ziemlich alles und jeden angefaucht hat, hat sie sich langsam an den ungewöhnlichen Klang gewöhnt. Hoffentlich dauert es noch etwas bis sie auch herumfaucht...


Ich hatte eine Weile nichts geschrieben, weil einfach nicht genug passiert ist um darüber zu schreiben. Wir haben mittlerweile Tag 37 des Busstreikes und noch immer hänge ich in unserem Viertel fest.
Ich kenne jede kleine Straße, weiß wo welche Hunde wohnen, welche Leute im Rollstuhl sitzen, wo die schönsten Oldtimer in der Garage stehen und natürlich welche Häuser am schönsten sind.
Vanier ist kein Viertel der Reichen...die ältesten Häuser sind kleine Holzhäuschen von den französischen Siedlern, die einst diesen Ort gründeten, der damals noch kein Teil von Ottawa war. Die Menschen bauten sich kleine zweistöckige Häuser mit Holzverzierungen und einem Mini-Garten drumherum, ungefähr sechs Kirchen stehen im ältesten Stadtkern, sowie eine von uns sog. Outdoorkirche, die an die Grotte von Lourdes erinnert.


Das Wetter ist hin und wieder etwas anders, die letzten Tage hatten wir eine Warmzeit und erreichten bis -2°C über Nacht kühlte ein kleiner Sturm aber alles wieder ab und als ich heute zum Zooladen lief, wurde ich bei -29°C plus Windchill und trotz der Sonne ziemlich durchgekühlt und heute nacht soll es dann noch kälter werden. Bei solchen Temperaturen werden die Wegstrecken, die man aufgrund des Busstreikes zurücklegen muss problematisch, ich trage zwar Thermounterwäsche und Fleecejacke zur üblichen Kleidung und habe seit neuestem auch eine Fleecehalbmaske, damit die Nase nicht ständig einfriert, nur heute sind nun meine Wimpern zusammen gefroren – also immer wieder etwas Neues.
Eigentlich mag ich Schnee ja auch, aber so langsam erscheint mir all das Weiß da draußen nicht mehr frisch, hell und sauber, sondern eher monoton, langweilig, öde und zu wissen, dass wir noch nicht mal Winterhalbzeit hatten und der Schnee dort noch vier weitere Monate herumliegt, finde ich manchmal ziemlich demotivierend.

Zu Hause ist es dann so warm, dass man nur mit Shorts und T-Shirt herumläuft und die Katzen besonders kalte Plätze bevorzugen– denn die Heizung ist automatisch auf die Aussentemperatur eingestellt und lässt sich manuell nicht verändern.

Im Bus-Streik haben sich beide Seiten bisher nicht mit Ruhm bekleckert, von Machtspielchen des Gewerkschaftsführers, über Durchhaltepredigten in der Kirche, Ansprachen in youtube, sowie einer vom kanadischen Arbeitsminister erzwungenen Abstimmung der Mitglieder der Gewerkschaft über ein Vertragsangebot, das dann mehrheitlich abgelehnt wurde, war bereits alles dabei... derweil schlug der Bürgermeister der Stadt vor, dass sich doch einfach alle bitteschön ein Auto kaufen könnten, dann wäre der Streik gelöst und die marode Autoindustrie hätte auch noch was davon...
Für die Menschen, die auf den Behindertentransport der Stadt angewiesen sind, werden mittlerweile Taxi-Gutscheine ausgegeben, aber damit ist nicht garantiert, dass sie auch ein Taxi bekommen. Viele Taxis sind zwischenzeitlich für diverse Organisationen und Firmen fest angestellt worden und fahren rund um die Uhr Angestellte zu ihren Arbeitsplätzen und zurück... Taxifahrer profitieren definitv von dem Streik, aber so langsam macht sich auch bei ihnen Müdigkeit breit, denn sie fahren in Sonderschichten um der Nachfrage gerecht zu werden.
Anand denkt derweil über einen Skiausflug nach, den sein Institut organsiert, aber das sehe ich auch etwas kritisch angesichts dessen, dass wir beide noch nie auf Skiern unterwegs waren. Bei Sportarten, die ein nicht unerhebliches Verletzungspotenzial bergen, hätte ich zumindest gerne vorher einen Kurs absolviert und das wird in ein paar Stunden nicht möglich sein. Dem entsprechend finde ich, die mehr als 200 $ für Skipass, Ausleihen der Skiausrüstung, Fahrt dahin und vielleicht noch einen Lehrer etwas zuviel, wenn man bedenkt, dass wir auch Geld nach Indien schicken wollten.
Da Anands Vater nun in Rente gegangen ist, müssen seine Eltern ja auch über die Runden kommen (und nur noch mal zu Erinnerung, nein Indien ist kein Land mit gesicherter Rente, heutzutage gibt es zwar die Möglichkeit einer privaten Rente, aber davon werden die Menschen wohl erst in zwanzig Jahren profitieren können, so sie denn das Geld haben, die Rentenbeiträge zu zahlen...). I
ch hatte mich für den Januar darauf gefreut an einer Einführungsveranstaltung für Freiwillige teilzunehmen, die Lust haben in einem Theater mitzuarbeiten, aber so wie ich es in der Weihnachtszeit streikbedingt nicht in die Stadt schaffte, werde ich auch zu der Informationsveranstaltung am Samstag nicht kommen können. Ich habe bereits per e-mail abgesagt und bekam auch eine sehr nette Antwort, aber den Termin können sie nicht mehr ändern, weil sie den Raum extra angemietet haben – schade.. ich wäre gerne mal hier rausgekommen...
Einmal sind wir aus dem Viertel herausgewandert, weil so viele wichtige indische Zutaten fehlten, dass Anand letztlich gar nicht mehr kochen konnte (und das geht ja nun wirklich nicht, dann bin ich immer an der Reihe ;-).
So sind wir dann einen Tag lang, 50 min hin und 50 min zurück zum arabischen Supermarkt (zum indischen hätten wir es selbst in zwei Stunden nicht geschafft) durch den Schnee gestapft, um Pickle, Kardamon, Sev, green chilis (ein bißchen Baklava und Pita für mich als Entschädigung) etc. zu kaufen und danach war ich krank. Ich hatte keine Erkältung, aber Zahn-;Nacken- und Rückenschmerzen, hohes Fieber, Atemnot und mir war ständig schwindlig... nach ein paar Tagen war alles wieder halbwegs okay, ich war wohl - tatsächlich- kältekrank.

Wie es mit dem Blog weitergehen wird? Nun, ich werde etwas über Weihnachten schreiben und noch mehr Bilder von meinen Winterspaziergängen veröffentlichen und da ich einige schöne Herbstausflüge noch unerwähnt gelassen habe, werde ich in einer neuen Rubrik "Blog Vintage" einiges was noch von 2008 'übrig' blieb, beschreiben und werde dann hoffentlich bald auch wieder etwas Aktuelles berichten können ....


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