10. Oktober 2008

Gatineau Nationalpark

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Unser Sonntagsausflug in der Gatineau-Nationalpark geschah an einem Wochenende, an dem wir ohnehin schon sehr viel zu tun hatten. Den Samstag verbrachten wir mit dem Wocheneinkauf, dann brachte Anand ein paar Dinge in der Wohnung und an unseren Fahrrädern an (Badregale, ein Ständer für mein Fahrrad u.a.) Danach mussten wir unseren Staubsauger umtauschen, denn er sah zwar gut aus, handlich und orange, hatte aber leider keine Kraft und in einer Wohnung mit zwei Katzen kann man es sich nicht leisten einen Staubsauger zu besitzen, der nur gut aussieht aber nicht saugt. Der neue ist groß und unhandlich, die Lautstärke grenzt an Körperverletzung, aber er saugt alles weg, was sich ihm in den Weg stellt. Dann fuhr Anand zu seinem Kollegen, von dem wir jede Menge Möbel bekamen weil dieser nach Spanien zurückkehrte. Diese Möbel musste Anand erst auseinander bauen und als sie dann in unserer Wohnung standen, war der Tag auch schon fast um. So kamen wir nur noch dazu, den Fernsehtisch zusammenzubauen, der Rest stand die Woche über noch in Teilen herum.

Als wir also am Sonntag, die Wohnung verließen, hätten wir eigentlich genug zu tun gehabt, um problemlos den Tag zu füllen. Mir war auch etwas mulmig zu Mute, hatten wir die Kätzchen doch noch nie solange alleingelassen. Würden sie zurecht kommen und was könnten sie alles anstellen? Aber andererseits war es auch gut, einmal etwas anderes zu unternehmen, einmal nicht das Wochenende in Dollarama, im Baumarkt oder bei IKEA zu verbringen, wie wir es die Wochenenenden zuvor getan hatten und wenn es nicht gerade an diesem Möbel-Aufbau-Wochenende gewesen wäre, wäre es wohl noch besser gewesen.

Wir verbrachten den Tag mit einigen Kollegen von Anand. Ein Kollege holte uns mit seinem Auto ab und nach einem kleinen Problem, weil er die falsche Adresse in sein Navi eingegeben hatte, landeten wir in Gatineau, beim Museum für Zivilisation. Da warteten schon der Rest der Truppe und es ging auf ins Museumscafé zum Frühstückessen. Es war neun Uhr, das Café öffnete um neun und es war absolut leer. Damit meine ich nicht nur keine Menschen, sondern auch nichts zum Essen. Sie begannen erst alles vorzubereiten und so hatten wir keine große Auswahl (ich würde das Lokal nicht gerade zum Frühstücken weiterempfehlen wollen..) letztlich entschieden wir uns dann für Kekse und Kakao. Nach diesem etwas unergiebigen Anfang fuhren wir nun alle zusammen zum Besucherzentrum des Nationalparks Gatineau im Nordwesten der Stadt. Gatineau ist der Teil von Ottawa auf der anderen Seite des Flusses in Quebec. Der größte Unterschied zu Ontario - ausser dass nur französisch gesprochen wird- ist, dass man in jedem Laden auch Wein und Bier kaufen kann und nicht nur im Alkoholfachladen, aber ehrlich gesagt, hätte ich das auch fast nicht anders erwartet (Francokanadier eben)- die Preise sind aber dieselben.

Die Fahrt führte durch erste bunte Herbstwälder, es war zwar noch etwas Zeit bis zum echten „Indian Summer“ aber viele Bäume leuchteten bereits gelb und rot, wenn die Sonne an diesem grauen Tag einmal für kurze Zeit aus den Wolken blitzte.

Der Plan sah vor, dass wir entweder eine kleine Bootstour oder eine Waldwanderung machen würden, wenn die Boote z.B. bereits alle verliehen waren. Im Besucherzentrum erfuhren wir viel über den Naturfilmer Bill Mason, der sein Leben am Lake Meech verbracht hat und diesen durch seine Wolfsdokumentationen bekannt gemacht hat, außerdem wurde uns eine Bootstour am wilden Lac Lapeche empfohlen oder eine zweistündige Trekkingtour auf dem Wolfspfad am oben genannten Lake Meech.

Zuerst fuhren wir weiter westwärts zum Lac Lapeche, immer dichter hinein in die Wälder des Nationalparks. An der Bootsverleihstation herrschte am Ende der Saison kein großer Andrang und so mieteten wir für eine Stunde Kajaks und ein Kanu für Anand und mich. Mit dem Kajak ist man zwar schneller unterwegs, weil diese nur aus Hartplastik bestehen, aber man ist auch dem Wasser viel näher und wird ohne Trockenzeug ziemlich nass und für diese Spritztour war mir der Tag einfach schon viel zu kalt. Es war schön, wieder einmal auf dem Wasser zu sein. Das Kanu war rot und sah mit seinen Holzpaddeln fast wie ein Indianerkanu aus. Der See ist wirklich wildromantisch, mit Felsvorsprüngen am Ufer, wenig Menschen und viel Wald drumherum. Aber mit Anand im Kanu war es doch recht problematisch, denn er hatte seine eigene Idee davon, wie man solche Paddel bedient, die sich nicht unbedingt mit meinen deckten. Auch die Ratschläge der anderen wollte er nicht annehmen, so dass das Vergnügen nur noch bedingt eines war. Wenn wir uns nicht gerade im Kreis drehten, trieben wir weiter auf die Seemitte hinaus, wo wir viel stärker mit den Wellen zu kämpfen hatten, als im geschützten Uferbereich. Ich weiß nicht, ob er eher auf mich gehört hätte, wenn wir nur alleine unterwegs gewesen wären, aber so war es für mich sehr anstrengend und eher nicht wiederholenswert. Nun dachten wir eigentlich, dass es nach dem gemeinsamen Mittagessen so langsam zurück nach Ottawa gehen würde, aber auf einmal stand die Trekkingtour doch noch auf dem Programm.

Also kauften wir nur hektisch etwas im Generalwarenladen zurück am Besucherzentrum, schielten neidisch auf Gallerien und die gemütlichen kleinen Cafés dort und weiter ging es in den Wald. Diesmal gab es Kekse mit Chips, der nächste kulinarische Höhepunkt des Tages. Die Gruppe teilte sich nun in eine unwillige Hälfte, die eher missmutig mitkam und viel lieber schon auf dem Rückweg wäre und eine enthusiastische Wanderhälfte, die gar nicht genug Bewegung bekommen konnte. Am Lake Meech konnte man sehen, dass die Bekanntheit wohl auch durch Bill Masons Filme, dem See nicht gut bekommen war. Überall standen Ferienhäuser, es gab angelegte Badestellen, Strände und Straßen, ich vermute einfach mal, dass sich dort nicht mehr allzu viele Wölfe aufhalten.

Der See ist ebenso schön wie Lac Lapeche, aber eben viel besiedelter, es gibt alte Farmen und aufgegebene Obstplantagen, so dass die Wälder anders (zivilisierter) aussehen. Der Wolfspfad führt weit hinauf in die Berge über den See und zeigt auf einem Rundkurs auf der linken Seite, viele Ausblicke über den See, die sehr schön aussehen sollen. Leider gingen wir den Pfad andersherum und da wir ihn nicht beendeten, entgingen uns auch sämtliche Ausblicke. Die Sportentusiasten gingen in den Wald hinein und waren verschwunden, während sich der Rest von uns, die steilen Wege hinauf quälte. Wann immer etwas vergleichbar mit ständigen Treppensteigen ist, meldet sich mein (Belastungs-)Asthma und so stapfte ich eher verdrossen weiter, mit hochrotem Kopf und einem Atem, der nach ständigem -aus-dem-letztzen-Loch-pfeifen klang. Es war dann aber die Freundin eines Kollegen von Anand, die zuerst aufgab, denn zum einen war ihre Kleidung vom Kajakfahren noch nass und das war in der beginnenden Dämmerung schon sehr kalt und zum anderen hatte sie im Vertrauen auf die Bootstour, nur eine Ballerinaversion von Turnschuhen an. Das reicht zwar zum Laufen auf ebenen Gelände aber im Anstieg knickte sie ständig weg. Sie wollten dann nur noch hinunter zu den Autos steigen und ein weiterer Kollege erbot sich, beide nach Ottawa zu fahren. Spontan wollten Anand und ich ebenfalls mitkommen, aber wie sollten wir die Sportenthusiasten benachrichtigen? Wie immer in solchen Situationen, hat natürlich niemand Stift und Zettel dabei und so marschierten Anand und ich den Sportlern hinterher, während die anderen abbrachen und zurückfuhren. Wir waren nun viel schneller unterwegs, denn wir versuchten sie einzuholen und hatten gleichzeitig etwas Sorge, dass sie den Rundkurs eher beenden als wir, sehen, dass das andere Auto schon weg ist und auch losfahren, im Vertrauen darauf, dass alle schon Richtung Ottawa unterwegs sind. Ich sah mich schon im finsteren Wald übernachten.

Also hechteten wir die Anstiege hinauf, mir wurde schwindelig und auch das Gelände war mit vielen Bächen durchzogen, schwierig zu erlaufen. Ich dachte nur, warum um alles in der Welt wollten wir so höflich sein und sie benachrichtigen, wenn es ihnen offenbar sch**ßegal war, was wir machen. Gottseidank hielten sie aber an einer Wegbiegung an, um einen Pfeil auf den Boden zu malen und wir konnten sie „erwischen“. Dort konnten wir auch einen Blick auf die Karte werfen und sehen, dass wir ungefähr ein Drittel der Strecke geschafft hatten und ich offenbar nicht in der Lage war noch weiter bergan zu laufen. Also gaben Anand und ich auf, gingen wieder zurück und die anderen marschierten weiter aufwärts.

Nun hatten wir alle Zeit der Welt, es ging bergab, die Sorgen waren weg- das Leben war wieder schön.

Die Dämmerung brachte sehr tiefstehendes warmes Sonnenlicht, das für einige Zeit den Weg erhellte, wir bewunderten kleine Wasserfälle, Pilze, alte umgestürzte Bäume mit ihren riesigen Wurzeln und bunte Blätter in moorigen Tümpeln . Für all das war bei dem vorherigen Gewaltmarsch keine Zeit gewesen und so konnten wir den Waldspaziergang auch wieder genießen.

Am Ufer des Lake Meech angekommen, hatten wir ca. eine Stunde Wartezeit ehe wir mit den anderen rechnen konnten. Da wir uns nun nicht mehr viel bewegten, wurde es schnell sehr kalt und sehnsüchtig dachte ich an Tee, Suppe oder Glühwein, alles war irgendwie wärmen könnte, denn die dünne Sweatshirtjacke war nun nicht mehr ausreichend. Aber nach einer Stunde waren die anderen endlich mit ihrem Sport fertig, erzählten von den tollen Ausblicken und was wir alles verpasst hätten, aber das war uns egal, es ging zurück nach Ottawa, in einem warmen Auto. Gegen sieben erreichten wir unsere Wohnung, die Kätzchen hatten geschlafen und es ging ihnen gut.

Genau drei Tage nach unserem Ausflug bekam ich eine Erkältung, die sich gewaschen hatte. Natürlich weiß ich, dass man Erkältungen nicht bekommt, weil einem kalt ist, sondern weil man sich einen Virus von jemanden einfängt der erkältet ist. Aber ich denke, an dem Sonntag habe ich mein Immunsystem zumindest so nachhaltig geschwächt, dass der Virus nur noch ein leichtes Spiel hatte. Was bleibt ist die Erinnerung an wunderschöne Wälder und Seen und der Wunsch, irgendwann wiederzukommen, idealerweise mit viel mehr Zeit und bei besserem Wetter.

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