21. Oktober 2015

Frankfurter Friedhöfe

Das größte Lindenblatt von allen :)

Meinem Mann ist meine Faszination für Friedhöfe immer etwas unheimlich - doch wenn ich etwas über die Stadt wissen möchte, in der ich lebe, dann sind auch die Vorfahren eine wichtige Quelle.
Deswegen besucht man Museen, aber ich lerne eben auch auf Friedhöfen.

Die Hand mit Füllfederhalter ist wunderschön, doch das Wappen mit Wildschwein fand ich auch sehr interessant, und die Orden ... leider nicht Wildschwein mit Orden ^^ 
 .
In Ottawa konnte man so nicht nur den hohen Anteil an Katholiken sehen, sondern auch, daß die meisten Einwanderer schon in der zweiten Generation kulturübergreifend heirateten… 
In Burlington erkannte man die sehr hohe Kindersterblichkeit (die auf frühere, tiefe Armut der Gegend hinwies) und auch, daß die meisten Familien immer noch in der Stadt wohnten, offenbar über viele Generationen lang - was in den USA eher ungewöhnlich ist, wo man dem jeweiligen Job hinterherzieht. Außerdem war einer der Burlingtoner Friedhöfe (nicht der Älteste), der einzige ‚Spuk‘, auf dem je meine Kamera verrücktspielte und bei mehr als einer Gelegenheit (und nur dort) über-kontrastierte Bilder produzierte. 
Man kann auch derzeitige Krisen sehen, so wird z.B. auf dem Frankfurter Südfriedhof die Reihe der arabischen Flüchtlingsgräber immer länger. 
Und während ich den Südfriedhof mit seinen stattlichen Freimaurer (?) -Gedenksteinen schon häufig besucht habe, so fehlte mir stets der Besuch des eigentlichen Hauptfriedhofs.
Letzte Woche Dienstag - einem Tag mit eisigem Wind, kurz vor dem ersten Schneefall der Saison - war es dann endlich soweit.


Ich suchte nicht nach speziellen Persönlichkeiten und meine Spaziergänge auf dem weitläufigen Gelände waren eher unvollständig und zufällig - dennoch sah ich viele der Ehrengräber der Stadt Frankfurt.
Der Friedhof wurde Anfang des 19. Jahrhunderts angelegt, mit großer Vorliebe für den Neoklassizismus, der so auch in den Stadthäusern der damaligen Zeit sichtbar ist. Es gibt Säulen und leichtbekleidete Damen, die mitunter trauernd dargestellt werden.
Manche der Gräber sehen eher wie offizielle Denkmäler aus, bis man sich genau durchliest, welcher Krieg hier betrauert wird, nur um zu sehen, daß sich stattdessen um ein - großes - Familiengrab handelt.


In der Mitte des eigentlichen Soldatenfriedhofs befindet sich eine nach oben offene Kuppel, die von einem Burggraben umschlossen ist. Im Innern findet man die Skulptur eines toten Soldaten und einen beeindruckenden Echoeffekt - als ich in inmitten des Raumes auf ein trockenes Blatt trat, raschelte und knirschte es nämlich ganz gewaltig.
Nach einiger Zeit fand ich das Grab von Alois Alzheimer und bald darauf die lange Gruftenhalle. Neben der Halle befinden sich einige der schönsten Gräber des Friedhofs, wie z.B. eine Dame in mittelalterlichen Gewand und Haartracht.

Ist sie nicht wunderschön?
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Wenn man neben der Gruftenreihe den Friedhof verlässt, steht man schon bald vor dem geschlossenen Blechtor des alten, jüdischen Friedhofs.

'Edel war er, hülfreich und gut.'
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Das ist nicht der älteste, mittelalterliche Friedhof, der sich in der Innenstadt befindet, sondern entstand zeitgleich mit dem sonstigen Hauptfriedhof.
Die Öffnungszeiten versicherten mir, daß dort nicht alles verschlossen war und siehe da, das Tor ließ sich aufdrücken. Ich war der einzige Besucher und wurde zuerst von dem ‚Betreten auf eigene Gefahr‘ - Schild in mehreren Sprachen begrüßt.
Da solche Friedhöfe einst nicht nur von einer Stadt genutzt wurden, gab es hier keinen Platz für riesige, repräsentative Familiengräber (außer in die Höhe) - eng an eng aneinandergereiht standen die Grabsteine stattdessen.
Die Atmosphäre war so anders als auf dem offenen, belebten Hauptfriedhof, fast bedrohlich ragten stattdessen die bröckelnden, z.T. zwei Meter hohen Grabsteine über die engen, nicht vom Laub befreiten Wege.


Die meisten Inschriften waren auf Hebräisch, man erkannte jedoch die typischen Zeichen der Leviten Kanne und Priesterhände und auch die Familiengräber der Rothschilds waren schnell zu finden.


Erst später las ich online von den Hauszeichen auf Grabsteinen, wie Hase oder Krebs, die sich auf die jeweiligen Häuser in der Judengasse bezogen und letztlich zum Familiennamen wurden (Das Haus mit dem roten Schild - Rothschild).
Darauf werde ich bei meinem nächsten Ausflug - gerne auch an einem etwas weniger kalten und düsteren Tag - Ausschau halten :)

4 Kommentare:

  1. Was für schöne Bilder! Ich wusste gar nicht, dass es in Frankfurt so malerische Friedhöfe gibt.

    Ich besuche ja auch immer sehr gerne Friedhöfe - vor allem alte, weil ich die Grabsteine so schön und interessant finde. Aber davon abgesehen sind Freidhöfe gerade in großen Städten auch wunderbare Ruheoasen, wo man einfach mal spazierengehen und durchatmen kann.

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    1. Ich war auch überrascht, gerade die Gruftenhalle hätte ich so tatsächlich nicht erwartet. Und ja, der Friedhof ist ein großer Park, es gibt Fütterstationen für die Wildtiere und die Eichhörnchen sind die wahrscheinlich frechsten der ganzen Stadt :)

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  2. Ich habe es in 10 Jahren immer noch nicht auf die Friedhöfe geschafft, obwohl sie schon ewig auf meiner Liste stehen. Dank deiner Bilder ärgert mich das gerade noch mehr.
    Roop

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    1. So es geht es einem ja häufig, wenn man in einer Stadt wohnt. Man sieht im Zweifel weniger als Leute, die nur für drei Tage als Touristen da sind :)

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