2. Mai 2009

Ahornsirup-Festival


An einem schönen kalten Sonntag machten wir uns auf, um eine weitere kanadische Spezialität und Touristenattraktion zu besuchen, zusammen mit einigen Leuten vom mittwöchlich stattfindenen Internationale-Leute-Treff, wollten wir eine 'sugar shack' im 'sugar bush' besuchen, um dort am 'maple syrup festival' teilzunehmen.
Mit 'sugar bush' wird ein bewirtschafteter Ahornwald bezeichnet, in dem sobald die Temperaturen ab März am Tage in den Plusbereich steigen, in der Nacht aber wieder ins Minus geraten, der Pflanzensaft in den Bäumen hochzusteigen beginnt. Dieser in den Wurzeln gespeicherte Saft dient als erste Ernährung des Baumes nach dem Winter und damit der Baum ohne den Saft nicht gleich verhungert, dürfen erst Bäume, die bereits 40 Jahre alt sind, angeschnitten werden. Im industriellen Bereich laufen mittlerweile nur noch Schläuche vom Baum zum nächsten Fass und von dort in die Fabrik zum Einkochen. Wenn man so wie wir zu einem traditionellen Ahornbauern fährt, dann werden an den Bäumen Eimer angebracht, in denen sich der Saft sammelt und dieser wird dann mehrmals pro Tag abgeholt und in der 'sugar shack' Zuckerhütte zum eigentlichen Sirup verkocht. Dabei ergeben 40 Liter Ahornsaft, einen Liter Ahornsirup.
In früheren Jahren wurden die Zuckereimer noch mit dem Pferdeschlitten abgeholt und bereits in den 1920er Jahren erfreuten sich Besuche beim Ahornbauern während der Erntezeit großer Beliebtheit. Die Stadtbevölkerung kam zu den Bauern, die Kinder konnten spielen und mit dem Pferdeschlitten in den Wald ziehen und alle waren froh und glücklich, denn der junge Pflanzensaft war auch ein Symbol für den beginnenden Vorfrühling. In den 1980er Jahren wurde aus dieser Tradition dann eine Touristenattraktion und statt kleiner Hüttchen, wurden die ersten Großhallen zur Leutebeköstigung gebaut.

An diesem Sonntag nun fuhren wir nach Quebec in das kleine Örtchen Buckingham, das einen großen Ahornwald besitzt (wie überhaupt 90 % des kanadischen Ahornsirups aus Quebec stammen). In Buckingham gibt es mehrere Bauern, die sich der sog. Erlebnisgastronomie verschrieben haben und solch o.g. Großhallen errichtet hatten.
An der Masse an geparkten Autos konnten wir bereits erahnen, was uns erwarten würde, aber in der recht niedrigen Halle verschlug es uns doch ersteinmal den Atem. Geschätze 200 Leute saßen an den langen Tischen, es war laut, die in den Touristenführern so lobend erwähnte Quebecer Musik, die in den Hallen gespielt würde, war im Lärm schlichtweg nicht zu hören, die Luft stank nach Frittiertem dank der offenen Küche und Ahornsirupwolken hingen in der Luft. Der Effekt war atemberaubend.
In einem kleinem Wartebereich mit Parkbänken kaufte man das 'Ticket' (denn es gibt nur ein Menü und das kauft man unbegrenzt und im Ganzen) für 17 $ und wurde sobald die Tische frei wurden dorthin geleitet. Im Preis inbegriffen waren auch Wasser, Tee, Kaffee und Ahornsaft (angedunsteter, aber nicht gekochter Ahornsaft), der wie rot gefärbtes Zuckerwasser schmeckt. Jeder Tisch hat einen eigenen Kellner, der das Menü erklärt und soviel Nachschub bringt, wie gewünscht wird.
Es ging los mit einer deftigen Erbsensuppe und Speck, die bereits meine Toleranzschwelle deutlich überschritt. Selbst mit Reinwürge-Versuchen, das ging gar nicht.
Nach diesem Start hatte ich fast schon Angst vor dem restlichen Menü. Aber es war dann doch essbar. Es gab gebratene Würstchen, frittierten Schinken, Kassler... alles vielfach in Ahornsirup karamelisiert, frittierte Kartoffeln und Omelett und all das konnte mit dem auf dem Tisch stehendem Extra-Ahornsirup versüßt werden. Ich versuchte es, aber irgendwie schmeckte nur das Omelett mit Sirup besser.
Die anderen Leute aber gossen solch riesige Mengen an Sirup auf den Teller. Häufig gab es kein Essen mit Sirup, aber Sirup mit etwas Essen dazwischen... da wurde mir schon ein wenig komisch im Magen, als ich das sah, denn es ist ja einfach nur ein extrem süßer Sirup. Nach den Hauptgängen, ging es weiter mit Eierkuchen und dann einem Zuckersirup-Kuchen (dazu wurde der Ahorn zu einer Art Brei verkocht) und von allem wurde immer wieder noch mehr an die Tische gebracht... und die Leute aßen und aßen (fraßen) als hätten sie in diesem Leben noch nie etwas bekommen. (und die Besitzer der Hallen können sich in der Saison dumm und dämlich verdienen, pro Nase 17 $, das Essen ist im Einkauf billig und den Sirup gibts umsonst...).
Ich sah mir die Menschen um mich herum an und dachte, das geht doch nicht...völlig normal aussehende Leute können nicht soviel essen. Nun, als ich einmal die Toilette besuchte, konnte ich sehen, dass es wirklich nicht ging, denn die Leute übergaben sich, als wären sie im größten Sturm auf einem Ozeandampfer. Dort standen auch zwei kleine Jungen, vielleicht 5 Jahre alt herum – die sich, die besonders schlimm vollge(kotz) spuckten Toiletten ansahen und sich gegenseitig versicherten, wie Iiiiiiieeeeee das alles sei, dabei aber offenbar sehr viel Spaß hatten.

Nach dem Menü durften wir die Halle verlassen und genossen ersteinmal die frische klare Luft. Dann gingen wir ein kleines Stückchen in den Wald hinein um die eigentliche Zuckerkochhütte zu besuchen. Im Wald konnten wir auch die Eimer in den Bäumen hängen sehen.






In der Hütte bekamen wir etwas, das als 'snowtire' bezeichnet wurde und aus heißem zähflüssigem Sirup auf einem Schneebett abgekühlt und um einen Holzstiel gedreht, bestand. Das Ergebnis schmeckte nach Karamellbonbon. Danach dachten wir eigentlich an einen kleinen Spaziergang, aber alle Mitreisenden dachten nur noch an Couch und Bett und Ausruhen und so fuhren wir hinein in die Natur und wieder heraus - zurück in die Stadt, ohne uns nennenswerte drei Schritte bewegt zu haben.
Abschließend könnte man sagen, einmal mitmachen ist okay, ob man das noch ein zweites Mal machen muss? Wohl nicht dort...vielleicht, wenn man eine etwas persönlichere Variante entdeckt... Einige unserer Mitreisenden konnten uns jedoch versichern, dass sie während der Saison jedes Wochenende in die Zuckerhallen reisen... na dann...



P.S. Was mir zum Thema Ozeandampfer noch einfällt, ist folgendes:
Ein Mitglied, des Deutschlern-Treffens (der im Sommer einen Kurs am Goethe-Institut in Berlin machen wird), hatte uns erzählt, dass es derzeit gar nicht teuer ist, mit der Queen Mary nach Europa zu reisen. Man bezahlt nur ein paar hundert Dollar mehr als mit dem Flugzeug, hat dafür aber auch alle Anreisen mit Zug oder Auto (nach Wahl) zu den Häfen im Preis inbegriffen, sowie die sechs Tage Unterbringung, Essen, Sport und Unterhaltungsprogramm inklusive und man braucht sich nicht um die strengen Gepäckgrenzen der Flugzeuge zu kümmern... also nur für den Fall, dass wir möglicherweise im September wieder nach Europa ziehen, vielleicht komme ich diesmal samt zweier weißer Katzen und jede Menge Übergepäck, mit dem Schiff? ;-)

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