Nachdem wir es lange Zeit geplant und auf Frühling und besseres Wetter verschoben hatten, war es an diesem Sonntag (26.04.2009) endlich so weit:
Mit dem Greyhound-Bus ging es hinaus zum Tagesausflug ins zwei Stunden entfernte Montréal.
Das Wetter spielte trotzdem nicht richtig mit (wie um uns zu zeigen, dass es nur mit Frühling nicht getan ist) am Samstag hatten wir 28°C und strahlenden Sonnenschein, am Montag hatten wir 32 °C und Sonne pur, aber am Sonntag bibberten wir bei 12°C etwas Sonne und teilweise stürmischen Regen.
Natürlich hatten wir uns gut auf den Besuch vorbereitet und wollten viel touristisches Montréal erleben.
Hier ein paar Daten und Historie: Montréal ist mit 1,6 Mio. Einwohnern, die zweitgrößte Stadt Kanadas und die größte in der Provinz Quebec. Der Name leitet sich von der Insel Montreal ab, auf der sich heute der größte Teil der Stadt befindet. Der Entdecker Jaques Cartier hatte das irokesische Dorf Hochelaga auf der Insel, im Jahre 1535 besucht und als er den Inselberg betrachtete, soll er ausgerufen haben: Mont Royal... welch königlicher Berg. (Heutzutage befindet sich um den Berg ein großer Park und kein Gebäude der Stadt darf höher als der Berg sein. Entgegen landläufiger Annahme handelt es sich bei diesem aber nicht um einen erloschenen Vulkan, auch wenn er aus Magmaströmen entstanden ist.)
Fast 100 Jahre danach fand man das Dorf verlassen vor, aufgrund von Streitigkeiten zwischen den St. Lorenz Stämmen und da der Siedlungsplatz gut in die französischen Pläne passte das Landesinnere zu erforschen und den Pelzhandel auszubauen, etablierte man am 17.05.1642 einen kleinen Aussenposten von Quebec unter der Leitung von Paul Chomedey, Sieur de Maisonneuve.
Der Bischof von Quebec drängte darauf, die neue Stadt nach streng katholischen Grundsätzen auszurichten und sich der Christianisierung der Ureinwohner zu verschreiben. Aus diesem Grund, wurde das Örtchen Ville-Marie (Marienstadt) benannt. Eines der ersten gebauten Steinhäuser, war dann auch gleich die Kirche.
Als die Irokesen nach Abschluss ihrer Stammeskriege in ihr Dorf zurückkehrten, waren sie jedoch nicht wirklich dazu bereit fromme Christen zu werden, sondern sie begannen die europäischen Eindringlinge zu bekämpfen. (Das zweite Haus aus Stein war folgerichtig das Krankenhaus- (ehrlich , das schreibe ich nicht, weil es gerade passt).. .)
Als die Stadt aufgrund der Kämpfe auf eine Einwohnerschaft von 50 Mann gesunken war, dachte man daran aufzugeben und wieder nach Quebec zurückzukehren, wo man den Siedlungsposten auf der Insel zwischen Ottawafluss und St.Lorenzstrom bereits seit langem 'malad enterprise' – verrücktes Unternehmen nannte. Da niemand mehr dort leben wollte, ging der Bürgermeister Sieur von Maisonneuve zurück nach Frankreich und wollte entweder 100 starke Leute für den Ort gewinnen oder nie mehr nach Amerika zurückkehren.
Nun, er fand seine Leute und konnte auch Ville-Marie wieder stabilisieren, aber die Angriffe der Irokesen bildeten noch ein Jahrhundert lang eine stete Gefahr für den Ort, bis ein Waffenstillstand geschlossen wurde und die Stadt und der Pelzhandel aufblühen konnten... Aber genug der Geschichtsstunde und zurück zum Bus.
Zu so früher Stunde war der Bus sehr leer und bald waren die zwei Stunden vorbei und wir erreichten den Montréaler-Busbahnhof, der glücklicherweise mitten in der Innenstadt liegt. Alsbald stolperten wir los, bewaffnet mit einem der kostenlosen Stadtpläne der Touristeninformation, um uns im Gewirr der Straßen einer echten Großstadt zurechtfindend. (Ottawa ist zwar großflächig, aber bei weitem keine Großstadt.) d.h. nur ich stolperte, denn durch ungünstige Schuhwahl hatte ich mir am Tag zuvor die Füße wundgelaufen und lief nun recht verpflastert in der Gegend umher. Dementsprechend mussten wir dann auch unsere Planungen anpassen und verschoben den Besuch der Aussichtsplattform auf dem Mont Royal auf nächstes Mal, wenn meine Füße gesund genug waren, um all die Stufen zu meistern.
Die Rue Berri brachte uns zum alten Hafen, wo wir uns als erstes die Bon Secours-Kapelle ansehen wollten, aber eine so riesige Ansammlung von Obdachlosen samt der üblichen Geldanfragen vertrieb uns schnell aus der Straße, denn wir waren uns plötzlich nicht mehr sicher, ob wir nicht nur bei der Stadtmission gelandet waren. Also liefen wir ein wenig in der Altstadt umher und ich genoss meine nostalgischen Gefühle, die die Pflasterstraßen und echten alten Häuser, in mir hervorriefen... wie in Wismar, wie in Rostock jubilierte mein Unterbewusstsein hin und wieder leise und ignorierte dabei den üblichen einschneidenen Wind (wie in Kanada...).
Dann liefen wir zu einem großen leeren Yachthafen und blickten herüber zur Saint-Helene Insel, die zusammen mit der Nachbarinsel Notre-Dame zur Weltausstellung Expo '67 erweitert bzw. komplett neu aufgeschüttet wurde. (Über die Expo werde ich in meinem nächsten Post noch etwas mehr schreiben.) Auf einem Holzsteg ging es entlang der Kaimauer zu den an sich mit Wasser gefüllten aber noch vom Winter leeren Wassergärten, dem Hauptquartier des Cirque du Soleil (einer weiteren Montrealer Institution) und plötzlich standen wir vor einem großen Hafenbecken und hatten die gesamte Skyline vor uns, die ziemlich organisch gewachsen aussah, alte und kleine Häuser nach vorne zum Gruppenbild, alle großen Glasbauten ab nach hinten.
Nun kamen wir zum echte Touristenviertel, mit dem Fußgängerboulevard, altem Rathaus und Pferdekutschen. Eine Straße war voller Künstler, die ihre Werke ausstellten, die auch vor Ort malten und Pariser Flair verbreiteten, aber auch in den weiteren Straßen luden zahlreiche Galerien, 'andere' Touristenläden und Spezialitätengeschäfte zum lohnenden Besuch ein.
Mitten in der Altstadt, der Vieux-Montréal befindet sich die Basilica Notre-Dame de Montréal. An der Basilika wurde von 1824 bis 1891 gebaut und das gesamte Innere leuchtet und erstrahlt förmlich in Blau. Das liegt daran, dass man sich beim Innendekor an der Saint-Chapelle Kirche in Paris orientiert hatte und die ist ebenfalls blau.
Der Effekt ist jedenfalls sehr hübsch anzusehen, auch wenn manche neumodischen Erfindungen, wie z.B. geschickt platzierte Glühbirnen um auch jedes Detail des Altars auszuleuchten manchmal eher stören und die Kirche nach Kulisse aussehen lassen. Die Glasfenster der Kirche zeigen untypischer Weise keine Geschichten aus der Bibel sondern erzählen von der religiösen Historie der Stadt.
Hinter dem Hauptkirchenschiff, gibt es noch eine kleine Kapelle, die 1978 abbrannte und im Jahr darauf neu und im Stil der Zeit aufgebaut wurde.
Vor der Kirche befindet sich der Place d'Armes- der Platz der Waffen, der eben genau an die Zeit der Irokesenkriege erinnert, die solange Zeit das Leben in der Stadt recht schwierig gestalteten.
Um den Platz herum und in den umliegenden Straßen kann man den Pariser Einfluss am ehesten spüren, die Häuser sind hohe, mit großen Fensterfronten versehende Stadtpaläste und doch braucht man nur einmal um das Haus laufen, um dahinter wieder die typisch nordamerikanischen Hinterhöfe samt schwarzer Notfalltreppe vorzufinden (aber wer ausser mir, will auch immer noch den Hinterhof besichtigen.... .)
Von der Altstadt, begaben wir uns nunmehr ins historische Stadtviertel, zurück in Hafennähe. Auf dem Weg sahen wir zwei Gebäude von denen ich dachte, dass es Kirchen wären, aber das eine war die Bank of Montréal und das andere, die ehemalige Börse... Die Häuser im historischen Ville-Marie waren allesamt klein und grau und historisch. Damit war der Teil auch erledigt und nun ging es die McGill-Straße hinauf in die Stadt.
Das Gute an dieser Stadt ist, dass Verlaufen im Ganzen recht schwierig ist. Entweder es geht den Berg hinunter, dann kommt man zum Hafen, oder es geht bergauf und dann kommt man immer näher zum Fuße des Mont Royal.
Die McGill Straße führte uns in die Glitzerwelt der Bürohochhäuser und nach einem kleinen Schwenk erreichten wir den St.Laurent Boulevard, der auch als The Main... die Hauptstraße bezeichnet wird.
Zuerst brachte uns die Straße ins China-Town der Stadt. So wanderten wir ein wenig in den kleinen Gassen umher, die für den Straßenverkehr geschlossen wurden, sahen Lampion-, Tee-, Bambusläden und Tempel und überlegten, ob es eigentlich auch ein franzöisches Wort für Fastfood gibt.
Wir wunderten uns ein wenig über die große Anzahl an chinesischen Konditoreien und da die Mittagszeit eh schon fast vorbei war, besuchten wir einen dieser Back-Shops. Das Angebot war toll, es gab soviele typisch französische Backwaren, allesamt verändert, durch Kokos, Mango und andere exotische Füllungen und es war vorallem sehr billig. Selbst ein großer Kokos-Hefestrauß war für 1 $ zu haben. Wir wählten uns ein bißchen wahllos durchs Programm und hatten dann Kurkuma-Mandel-Kekse, Kokoshefestrauß und Vanilleplunder zur Hand und bezahlten gerade mal 3,89 $ samt Steuern. Auf einem kleinen Parkplatz mit großen zum Hinsetzen einladenden Betonpollern, drängte ich dann auf ein sofortiges Vertilgen unserer Beute und ich mochte alles. Anand teilte mir zwar mit, dass die Preise okay sind, schließlich ist Hefe im Einkauf billig usw. außerdem sitzt man nicht auf Parkplätzen und er wollte sowieso nichts Süßes zum Mittag, aber das konnte meinen Enthusiasmus nur schwerlich stoppen, es war einfach lecker und wenn man in Ottawa ein Stück Kuchen kauft, dann bezahlt man schon alleine dafür 3 $ und hält nicht eine ganze Tüte voller Backwaren in der Hand.
Aber die Zielrichtung war klar, auf zu einem kleinen Restaurant, für echtes Mittag.
Nun ist Chinatown mit einer Vielzahl an Restaurants gesegnet, aber bei diesem Überangebot, konnte sich Anand nicht so recht entscheiden, Vietnamesische Küche, oder Suppentheke, Japanisch oder Hanun-, Szechuan- etc. Restaurant... nichts konnte ihn so recht überzeugen, so dass wir letztlich beschlossen, den St.Laurent Boulverard weiter bergauf zu laufen und so lange mit dem Mittag zu warten, bis wir ein einfaches Fastfood-Restaurant, das keine Burger serviert, finden würden.
Die Straße veränderte ihre Gesicht, aus den asiatischen Läden wurden Abrißbuden und alte Fotoaufnahmen, zeigten, dass hier einmal das jüdische Viertel beheimatet war. Stattdessen fanden wir nun einen Park voller junger Obdachloser samt Hunden, Damen, die verdächtig nach Prostutierten aussahen, ein Striptease-Lokal und ein Museum mit vielen davor geparkten Fernsehübertragungswagen. Da alle noch auf etwas zu warten schienen, liefen wir weiter, denn Hunger geht vor.
In einer Nebenstraße fanden wir eine einfache Pizzeria und mit meinen sehr eingerosteten Französisch-Kenntnissen, konnten wir uns dem türkischen Mitarbeiter (der tatsächlich kein Wort englisch verstand, nicht mal Zahlen... und er sah dabei so verzweifelt aus, dass ich es ihm sogar abnahm.. Anand natürlich nicht.. ;) auch irgendwie mitteilen und unsere Bestellung aufgeben.
Nach der Stärkung mit mexikanischer Chilipizza ging es weiter in die Stadt hinauf. Wir nahmen uns vor, bis zu der Straße 'Des Pins' zu laufen und dann so langsam den Rückweg in Richtung Busbahnhof anzutreten, denn dafür würden wir ebenfalls ca. eine Stunde benötigen.
Die Straße veränderte sich wieder, wurde nun Teil des Studentenviertels um die McGill-Universität und die Läden wandelten sich von anarchisch zum Kunstprojekt, zum Asterix-Sammelgeschäft und schönen Klamottenläden.
Trotz der vielen Baguettes in den Schaufenstern der Bäckereien, sprachen die Leute nun eher englisch.
Vor einem Imbiss befand sich eine große Warteschlange, was uns so langer verwunderte, bis wir “Schwartz's” lasen. Der jüdische Imbiss verkauft seit 1928 Montréals berühmtestes Räucherfleisch mit Weißbrot und angesichts der Schlange waren wir sehr froh, dass wir kein bißchen hungrig waren und fröhlich weiterlaufen konnten.
Es gab so viel zu sehen und zu entdecken, die Auslagen der Schaufenster, die Leute, den Berg, der immer wieder zwischen den Häusern hervorlugte, so dass wir letztlich die Straße an der wir umkehren wollten verpassten und viel weiter in den Stadtteil Plateau Mont Royal hineinliefen. Als wir das endlich bemerkten, war auch klar, dass wir den 17.00 Uhr-Bus nicht mehr erreichen würden und wir uns nun beeilen müssten, um den letzten Bus um 18.00 Uhr zu bekommen.
Auf dem Rückweg liefen wir durch das französische Viertel der Stadt und nach der Empfehlung eines Kollegen durch die Nebenstraßen der St.Denis-Straße. Dort bewunderten wir die typischen Häuser mit den offenen Treppenaufgängen.
Diese Häuser sind in jeder nur möglichen bunten Farbkombination gestrichen, haben Blumendesign in den Dachschindeln und erinnern gerne an kleine Burgen und Paläste... niedlich.
Da wir nunmehr bergab liefen, kamen wir eine halbe Stunde vor Abfahrt des nächsten Busses an und ließen den Tag in einem kleinen Café ausklingen, das Vienna hieß und damit gut zu den im Stadtbild omnipräsenten Pferdekutschen passte.
Am Busbahnhof bekamen wir noch einen kleinen Schreck, denn die Schlange vor dem Bus war so groß, dass unmöglich alle in einen Bus passen konnten. Offenbar waren nun alle Ottawa-Studenten auf dem Rückweg vom Heimaturlaub, aber es war alles kein Problem, ein zweiter Bus wurde bereit gestellt und jeder bekam seinen Sitzplatz... und zweieinhalb Stunden später, hatte uns die Haupt(klein)stadt der Nation wieder.
Fazit: Eine tolle Stadt, die unmöglich an einem Tag zu erkunden ist: weitere Ausflüge ins Kunstmuseum, der Untergrundstadt, dem zweitgrößten botanischen Garten Nordamerikas und natürlich dem Mont Royal-Park sind geplant und können hoffentlich bald in die Tat umgesetzt werden. Für mich bedeutete der Tag in der Folge auch eine Woche lang erkältet, denn ich war für 12 °C hoffnungslos unzureichend gekleidet, aber es war ein richtig schöner Tag. :-)
Zu weiteren Bildern einfach auf das untere Foto klicken:
Mit dem Greyhound-Bus ging es hinaus zum Tagesausflug ins zwei Stunden entfernte Montréal.
Das Wetter spielte trotzdem nicht richtig mit (wie um uns zu zeigen, dass es nur mit Frühling nicht getan ist) am Samstag hatten wir 28°C und strahlenden Sonnenschein, am Montag hatten wir 32 °C und Sonne pur, aber am Sonntag bibberten wir bei 12°C etwas Sonne und teilweise stürmischen Regen.
Natürlich hatten wir uns gut auf den Besuch vorbereitet und wollten viel touristisches Montréal erleben.
Hier ein paar Daten und Historie: Montréal ist mit 1,6 Mio. Einwohnern, die zweitgrößte Stadt Kanadas und die größte in der Provinz Quebec. Der Name leitet sich von der Insel Montreal ab, auf der sich heute der größte Teil der Stadt befindet. Der Entdecker Jaques Cartier hatte das irokesische Dorf Hochelaga auf der Insel, im Jahre 1535 besucht und als er den Inselberg betrachtete, soll er ausgerufen haben: Mont Royal... welch königlicher Berg. (Heutzutage befindet sich um den Berg ein großer Park und kein Gebäude der Stadt darf höher als der Berg sein. Entgegen landläufiger Annahme handelt es sich bei diesem aber nicht um einen erloschenen Vulkan, auch wenn er aus Magmaströmen entstanden ist.)
Fast 100 Jahre danach fand man das Dorf verlassen vor, aufgrund von Streitigkeiten zwischen den St. Lorenz Stämmen und da der Siedlungsplatz gut in die französischen Pläne passte das Landesinnere zu erforschen und den Pelzhandel auszubauen, etablierte man am 17.05.1642 einen kleinen Aussenposten von Quebec unter der Leitung von Paul Chomedey, Sieur de Maisonneuve.
Der Bischof von Quebec drängte darauf, die neue Stadt nach streng katholischen Grundsätzen auszurichten und sich der Christianisierung der Ureinwohner zu verschreiben. Aus diesem Grund, wurde das Örtchen Ville-Marie (Marienstadt) benannt. Eines der ersten gebauten Steinhäuser, war dann auch gleich die Kirche.
Als die Irokesen nach Abschluss ihrer Stammeskriege in ihr Dorf zurückkehrten, waren sie jedoch nicht wirklich dazu bereit fromme Christen zu werden, sondern sie begannen die europäischen Eindringlinge zu bekämpfen. (Das zweite Haus aus Stein war folgerichtig das Krankenhaus- (ehrlich , das schreibe ich nicht, weil es gerade passt).. .)
Als die Stadt aufgrund der Kämpfe auf eine Einwohnerschaft von 50 Mann gesunken war, dachte man daran aufzugeben und wieder nach Quebec zurückzukehren, wo man den Siedlungsposten auf der Insel zwischen Ottawafluss und St.Lorenzstrom bereits seit langem 'malad enterprise' – verrücktes Unternehmen nannte. Da niemand mehr dort leben wollte, ging der Bürgermeister Sieur von Maisonneuve zurück nach Frankreich und wollte entweder 100 starke Leute für den Ort gewinnen oder nie mehr nach Amerika zurückkehren.
Nun, er fand seine Leute und konnte auch Ville-Marie wieder stabilisieren, aber die Angriffe der Irokesen bildeten noch ein Jahrhundert lang eine stete Gefahr für den Ort, bis ein Waffenstillstand geschlossen wurde und die Stadt und der Pelzhandel aufblühen konnten... Aber genug der Geschichtsstunde und zurück zum Bus.
Zu so früher Stunde war der Bus sehr leer und bald waren die zwei Stunden vorbei und wir erreichten den Montréaler-Busbahnhof, der glücklicherweise mitten in der Innenstadt liegt. Alsbald stolperten wir los, bewaffnet mit einem der kostenlosen Stadtpläne der Touristeninformation, um uns im Gewirr der Straßen einer echten Großstadt zurechtfindend. (Ottawa ist zwar großflächig, aber bei weitem keine Großstadt.) d.h. nur ich stolperte, denn durch ungünstige Schuhwahl hatte ich mir am Tag zuvor die Füße wundgelaufen und lief nun recht verpflastert in der Gegend umher. Dementsprechend mussten wir dann auch unsere Planungen anpassen und verschoben den Besuch der Aussichtsplattform auf dem Mont Royal auf nächstes Mal, wenn meine Füße gesund genug waren, um all die Stufen zu meistern.
Die Rue Berri brachte uns zum alten Hafen, wo wir uns als erstes die Bon Secours-Kapelle ansehen wollten, aber eine so riesige Ansammlung von Obdachlosen samt der üblichen Geldanfragen vertrieb uns schnell aus der Straße, denn wir waren uns plötzlich nicht mehr sicher, ob wir nicht nur bei der Stadtmission gelandet waren. Also liefen wir ein wenig in der Altstadt umher und ich genoss meine nostalgischen Gefühle, die die Pflasterstraßen und echten alten Häuser, in mir hervorriefen... wie in Wismar, wie in Rostock jubilierte mein Unterbewusstsein hin und wieder leise und ignorierte dabei den üblichen einschneidenen Wind (wie in Kanada...).
Dann liefen wir zu einem großen leeren Yachthafen und blickten herüber zur Saint-Helene Insel, die zusammen mit der Nachbarinsel Notre-Dame zur Weltausstellung Expo '67 erweitert bzw. komplett neu aufgeschüttet wurde. (Über die Expo werde ich in meinem nächsten Post noch etwas mehr schreiben.) Auf einem Holzsteg ging es entlang der Kaimauer zu den an sich mit Wasser gefüllten aber noch vom Winter leeren Wassergärten, dem Hauptquartier des Cirque du Soleil (einer weiteren Montrealer Institution) und plötzlich standen wir vor einem großen Hafenbecken und hatten die gesamte Skyline vor uns, die ziemlich organisch gewachsen aussah, alte und kleine Häuser nach vorne zum Gruppenbild, alle großen Glasbauten ab nach hinten.
Nun kamen wir zum echte Touristenviertel, mit dem Fußgängerboulevard, altem Rathaus und Pferdekutschen. Eine Straße war voller Künstler, die ihre Werke ausstellten, die auch vor Ort malten und Pariser Flair verbreiteten, aber auch in den weiteren Straßen luden zahlreiche Galerien, 'andere' Touristenläden und Spezialitätengeschäfte zum lohnenden Besuch ein.
Mitten in der Altstadt, der Vieux-Montréal befindet sich die Basilica Notre-Dame de Montréal. An der Basilika wurde von 1824 bis 1891 gebaut und das gesamte Innere leuchtet und erstrahlt förmlich in Blau. Das liegt daran, dass man sich beim Innendekor an der Saint-Chapelle Kirche in Paris orientiert hatte und die ist ebenfalls blau.
Der Effekt ist jedenfalls sehr hübsch anzusehen, auch wenn manche neumodischen Erfindungen, wie z.B. geschickt platzierte Glühbirnen um auch jedes Detail des Altars auszuleuchten manchmal eher stören und die Kirche nach Kulisse aussehen lassen. Die Glasfenster der Kirche zeigen untypischer Weise keine Geschichten aus der Bibel sondern erzählen von der religiösen Historie der Stadt.
Hinter dem Hauptkirchenschiff, gibt es noch eine kleine Kapelle, die 1978 abbrannte und im Jahr darauf neu und im Stil der Zeit aufgebaut wurde.
Vor der Kirche befindet sich der Place d'Armes- der Platz der Waffen, der eben genau an die Zeit der Irokesenkriege erinnert, die solange Zeit das Leben in der Stadt recht schwierig gestalteten.
Um den Platz herum und in den umliegenden Straßen kann man den Pariser Einfluss am ehesten spüren, die Häuser sind hohe, mit großen Fensterfronten versehende Stadtpaläste und doch braucht man nur einmal um das Haus laufen, um dahinter wieder die typisch nordamerikanischen Hinterhöfe samt schwarzer Notfalltreppe vorzufinden (aber wer ausser mir, will auch immer noch den Hinterhof besichtigen.... .)
Von der Altstadt, begaben wir uns nunmehr ins historische Stadtviertel, zurück in Hafennähe. Auf dem Weg sahen wir zwei Gebäude von denen ich dachte, dass es Kirchen wären, aber das eine war die Bank of Montréal und das andere, die ehemalige Börse... Die Häuser im historischen Ville-Marie waren allesamt klein und grau und historisch. Damit war der Teil auch erledigt und nun ging es die McGill-Straße hinauf in die Stadt.
Das Gute an dieser Stadt ist, dass Verlaufen im Ganzen recht schwierig ist. Entweder es geht den Berg hinunter, dann kommt man zum Hafen, oder es geht bergauf und dann kommt man immer näher zum Fuße des Mont Royal.
Die McGill Straße führte uns in die Glitzerwelt der Bürohochhäuser und nach einem kleinen Schwenk erreichten wir den St.Laurent Boulevard, der auch als The Main... die Hauptstraße bezeichnet wird.
Zuerst brachte uns die Straße ins China-Town der Stadt. So wanderten wir ein wenig in den kleinen Gassen umher, die für den Straßenverkehr geschlossen wurden, sahen Lampion-, Tee-, Bambusläden und Tempel und überlegten, ob es eigentlich auch ein franzöisches Wort für Fastfood gibt.
Wir wunderten uns ein wenig über die große Anzahl an chinesischen Konditoreien und da die Mittagszeit eh schon fast vorbei war, besuchten wir einen dieser Back-Shops. Das Angebot war toll, es gab soviele typisch französische Backwaren, allesamt verändert, durch Kokos, Mango und andere exotische Füllungen und es war vorallem sehr billig. Selbst ein großer Kokos-Hefestrauß war für 1 $ zu haben. Wir wählten uns ein bißchen wahllos durchs Programm und hatten dann Kurkuma-Mandel-Kekse, Kokoshefestrauß und Vanilleplunder zur Hand und bezahlten gerade mal 3,89 $ samt Steuern. Auf einem kleinen Parkplatz mit großen zum Hinsetzen einladenden Betonpollern, drängte ich dann auf ein sofortiges Vertilgen unserer Beute und ich mochte alles. Anand teilte mir zwar mit, dass die Preise okay sind, schließlich ist Hefe im Einkauf billig usw. außerdem sitzt man nicht auf Parkplätzen und er wollte sowieso nichts Süßes zum Mittag, aber das konnte meinen Enthusiasmus nur schwerlich stoppen, es war einfach lecker und wenn man in Ottawa ein Stück Kuchen kauft, dann bezahlt man schon alleine dafür 3 $ und hält nicht eine ganze Tüte voller Backwaren in der Hand.
Aber die Zielrichtung war klar, auf zu einem kleinen Restaurant, für echtes Mittag.
Nun ist Chinatown mit einer Vielzahl an Restaurants gesegnet, aber bei diesem Überangebot, konnte sich Anand nicht so recht entscheiden, Vietnamesische Küche, oder Suppentheke, Japanisch oder Hanun-, Szechuan- etc. Restaurant... nichts konnte ihn so recht überzeugen, so dass wir letztlich beschlossen, den St.Laurent Boulverard weiter bergauf zu laufen und so lange mit dem Mittag zu warten, bis wir ein einfaches Fastfood-Restaurant, das keine Burger serviert, finden würden.
Die Straße veränderte ihre Gesicht, aus den asiatischen Läden wurden Abrißbuden und alte Fotoaufnahmen, zeigten, dass hier einmal das jüdische Viertel beheimatet war. Stattdessen fanden wir nun einen Park voller junger Obdachloser samt Hunden, Damen, die verdächtig nach Prostutierten aussahen, ein Striptease-Lokal und ein Museum mit vielen davor geparkten Fernsehübertragungswagen. Da alle noch auf etwas zu warten schienen, liefen wir weiter, denn Hunger geht vor.
In einer Nebenstraße fanden wir eine einfache Pizzeria und mit meinen sehr eingerosteten Französisch-Kenntnissen, konnten wir uns dem türkischen Mitarbeiter (der tatsächlich kein Wort englisch verstand, nicht mal Zahlen... und er sah dabei so verzweifelt aus, dass ich es ihm sogar abnahm.. Anand natürlich nicht.. ;) auch irgendwie mitteilen und unsere Bestellung aufgeben.
Nach der Stärkung mit mexikanischer Chilipizza ging es weiter in die Stadt hinauf. Wir nahmen uns vor, bis zu der Straße 'Des Pins' zu laufen und dann so langsam den Rückweg in Richtung Busbahnhof anzutreten, denn dafür würden wir ebenfalls ca. eine Stunde benötigen.
Die Straße veränderte sich wieder, wurde nun Teil des Studentenviertels um die McGill-Universität und die Läden wandelten sich von anarchisch zum Kunstprojekt, zum Asterix-Sammelgeschäft und schönen Klamottenläden.
Trotz der vielen Baguettes in den Schaufenstern der Bäckereien, sprachen die Leute nun eher englisch.
Vor einem Imbiss befand sich eine große Warteschlange, was uns so langer verwunderte, bis wir “Schwartz's” lasen. Der jüdische Imbiss verkauft seit 1928 Montréals berühmtestes Räucherfleisch mit Weißbrot und angesichts der Schlange waren wir sehr froh, dass wir kein bißchen hungrig waren und fröhlich weiterlaufen konnten.
Es gab so viel zu sehen und zu entdecken, die Auslagen der Schaufenster, die Leute, den Berg, der immer wieder zwischen den Häusern hervorlugte, so dass wir letztlich die Straße an der wir umkehren wollten verpassten und viel weiter in den Stadtteil Plateau Mont Royal hineinliefen. Als wir das endlich bemerkten, war auch klar, dass wir den 17.00 Uhr-Bus nicht mehr erreichen würden und wir uns nun beeilen müssten, um den letzten Bus um 18.00 Uhr zu bekommen.
Auf dem Rückweg liefen wir durch das französische Viertel der Stadt und nach der Empfehlung eines Kollegen durch die Nebenstraßen der St.Denis-Straße. Dort bewunderten wir die typischen Häuser mit den offenen Treppenaufgängen.
Diese Häuser sind in jeder nur möglichen bunten Farbkombination gestrichen, haben Blumendesign in den Dachschindeln und erinnern gerne an kleine Burgen und Paläste... niedlich.
Da wir nunmehr bergab liefen, kamen wir eine halbe Stunde vor Abfahrt des nächsten Busses an und ließen den Tag in einem kleinen Café ausklingen, das Vienna hieß und damit gut zu den im Stadtbild omnipräsenten Pferdekutschen passte.
Am Busbahnhof bekamen wir noch einen kleinen Schreck, denn die Schlange vor dem Bus war so groß, dass unmöglich alle in einen Bus passen konnten. Offenbar waren nun alle Ottawa-Studenten auf dem Rückweg vom Heimaturlaub, aber es war alles kein Problem, ein zweiter Bus wurde bereit gestellt und jeder bekam seinen Sitzplatz... und zweieinhalb Stunden später, hatte uns die Haupt(klein)stadt der Nation wieder.
Fazit: Eine tolle Stadt, die unmöglich an einem Tag zu erkunden ist: weitere Ausflüge ins Kunstmuseum, der Untergrundstadt, dem zweitgrößten botanischen Garten Nordamerikas und natürlich dem Mont Royal-Park sind geplant und können hoffentlich bald in die Tat umgesetzt werden. Für mich bedeutete der Tag in der Folge auch eine Woche lang erkältet, denn ich war für 12 °C hoffnungslos unzureichend gekleidet, aber es war ein richtig schöner Tag. :-)
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