10.02.2008
Nach kurzer Nacht wollten wir früh losfahren, um rechtzeitig in dem Dorf anzukommen. Durch die-gut hörbaren- Arbeiten des Hotelpersonals (wie Wäsche waschen), wurde man eh sehr früh geweckt. Zuerst musste aber ein Problem mit der unrichtigen Hotelrechnung gelöst werden und als es dann endlich losgehen sollte, war der Fahrer des Autos nicht aufzutreiben. Anands Bruder hatte ein Auto mit Fahrer für die Tage gemietet und selbiger Fahrer schlief noch. So verging einiges an Zeit in eisiger morgendlicher Kälte, ehe wir endlich losfuhren. Nachdem wir den Weg aus Jaipur herausgefunden hatten (Wegweiser gab es nicht) fuhren wir über eine Art Autobahn durch die umliegenden Dörfer, tiefer ins Herz Rajasthans. Kamele, Ziegen, weite Landschaften, Oasen und Karawansereien, so oder so ähnlich sah es wohl schon vor Jahrhunderten aus. In einem “Dhaba” genannten Straßenlokal, aßen wir Frühstück: “Aloo Parathas” (herzhafte Pfannkuchen mit Kartoffelfüllung) samt dem von mir ungliebten frischen Koriander und weiterging die Fahrt.
Nach einigen Stunden wurden die Straßen enger und von schlechterer Qualität, aber es gab immerhin Straßen und dafür musste man (nicht immer legale) Mautgebühren bezahlen. Gegen 13.00 Uhr erreichten wir das Dorf und das große Haus seiner Verwandten. Nun durfte ich viele, mir unbekannte Menschen begrüßen (d.h. bei allen Älteren, ihre Füße berühren) und Anand verschwand sofort, um mit allen männlichen Mitgliedern der Familie an einem Empfang bei der Familie des Bräutigams teilzunehmen. Sie sollten erst am Abend wiederkommen. So war ich also allein, mit all den Frauen, sowie zwei weißen Kaninchen. Manche fingen sogar an zu singen... nicht die Kaninchen, obwohl das vermutlich besser gewesen wäre...Die starken Temperaturunterschiede von ca. -1°C in der Nacht und fast +25 °C am Tag stellten mein Immunsystem auf eine ziemliche Probe und ich bezahlte mit ständigen Kopfschmerzen.
Zum ersten Mal bekam ich an diesem Tag, Hennamuster auf die Hände gemalt (Mehndi) und mir wurde erklärt, dass ich eine Stunde warten müsse, bis die Hennapaste getrocknet sei. Ich musste aber sehr viel länger warten, denn aufgrund der kühlen Räume, wollte und wollte es nicht trocknen. Letztlich wurden meine Hände über einer kleinen Feuerstelle, quasi ausgebacken und die Hennapaste konnte dann mit dem Messer abgeschabt werden. Die kleinen Feuerstellen befinden sich in allen Räumen und dienen als (in ihrer Wärmewirkung eher unwirksame) Heizung. Durch den Rauch und Qualm in den Räumen, konnte ich meine bereits vorhandenen Kopfschmerzen, zu einer handfesten Migräneattacke ausbauen. So verging der Tag mit herumsitzen und nichts tun und weiterm herumsitzen. Von den Damen kannte ich einzig Anands Mutter und nur zwei junge Frauen sprachen englisch. Eine davon war die Braut selbst, die dementsprechend beschäftigt war, mit den letzten Vorbereitungen: diverse Dinge organisieren, telefonieren und Sachen zusammenpacken – schließlich ist die Heirat auch gleichzeitig der Auszug aus dem Elternhaus und Umzug zur Familie des Bräutigams.
Am Abend wollte ich dann meine Schwester anrufen, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren. Aber erst musste ich noch lange auf Anand warten, dann hatte niemand ein Telefon mit dem man ins Ausland telefonieren konnte und als sich endlich eins fand, erfuhr ich, dass ihr Geburtstag nicht so verlaufen war, wie sie sich das vorgestellt hatte. Irgendwie wurde ich durch all das sehr traurig, die beißende Kälte, die starken Kopfschmerzen, die Mühe am Ende der Welt ein Telefon zu finden um mit der eigenen Schwester zu telefonieren, dazu Anands Belehrungen und Mißbilligungen, dass ich das überhaupt versuchte ...und ich offenbar überhaupt nicht weiß, wie man sich auf einem indischen Dorf zu benehmen hat, obwohl das doch die ganze Welt weiß..... alles war zu viel für mich und ich fing an zu weinen, ...auf einer Schlafstatt zusammen mit der Frau eines Cousins und ihrem Kind, weinte ich mich buchstäblich in den Schlaf und fühlte mich mutterseelenallein auf der ganzen Welt.
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