25. September 2011

Konzert

Den Freitagabend verbrachten wir einmal mehr in der UU Kirche zum vorerst letzten Konzert der Church Street Concert Series. Die Standardanzahl von eine Handvoll Leuten pro Konzert, macht es der Kirche unmöglich, die Anreisen der auftretenden Pianisten zu bezahlen. An diesem letzten Konzerttag waren es immerhin 12 Leute im Publikum. 
Dazu muss man aber auch sagen, daß diese Konzerte zu den am schlechtesten beworbenen Konzerten in Burlington gehören. Man hört einmal ein Datum... irgendwann Wochen später soll ein Konzert stattfinden und dann kommt nie wieder was, selbst am Konzerttag rätselt man noch, ob das Konzert überhaupt stattfindet. Das machte die Serie zu einem so geheimen Geheimtip, daß schlichtweg niemand davon erfuhr.

Der Pianist des Abends, Dr. Nicholas Phillips fühlte sich sichtlich unwohl, ein Duzend Leute im Publikum war natürlich sehr wenig, es war heiß und stickig in der Kirche und zwei Lichter über dem Altar gingen an und aus, an und aus... ein offenes Fenster half etwas und ohne weitere Einführung, ohne „Hallo ich bin..“Worte setzte sich Herr Phillips ans Klavier und spielte Mozarts Sonate in F-Dur (K.332).
Bei den vorherigen Konzerten war es für das Publikum sehr interessant zu erfahren warum ein vermeintliches Standardwerk von einem Pianisten für das Programm gewählt wurde, was es für ihn/sie bedeutete, das war hier nicht möglich und so gab es auch keine Möglichkeit sich für die Person des Auftretenden zu begeistern. Da saß eben einfach jemand am Klavier und spielte Mozart. 
Zu den nächsten Stücken hörten wir immerhin ein paar Worte von ihm, denn die Musik des kroatischen Komponisten Boris Papandopulo ist schlichtweg völlig unbekannt. Ein wenig hörte man aus diesen Worten eine besondere Freude heraus neue Musik und Komponisten zu finden und in den USA bekannter zu machen, aber das kann auch von mir hineininterpretiert worden sein. Vor allem die drei Stücke aus Acht Tempo Studien von 1956 waren sehr toll, mit dem Stück Vivacissimo (welches mit der rechten Hand nur in den höchsten und der linken Hand nur in den tiefsten Tönen gespielt wurde) als Höhepunkt. 
Leider bewirkte zu dem Zeitpunkt bereits das offene Fenster seine Magie und hunderte Mücken überfielen die Kirche und ihre wehrlosen Opfer. Anstelle uns auf die Musik konzentrieren zu können, versuchten alle mit dezenten Abwehrbewegungen der Plage her zu werden...mit wenig Erfolg. Nach ca. 10 Mückenstichen und nachdem ich bereits im Schneidersitz auf der Kirchenbank saß, die Beine so gut es ging unter dem Rock begraben, bemerkte ich, daß die Pause bereits begonnen hatte und der Pianist nicht einmal mehr im Raum war. 
Nach der Pause ging der Abend mit Robert Schumanns Symphonischen Etüden zu Ende. Dabei bemerkte das Publikum immer häufiger ein gewisses charakteristisches Zucken des Pianisten. Auch er wurde von den Mücken nicht verschont... und ab dann hasste er vermutlich den Abend. Trotzdem kam er tapfer durch alle Etüden, bis zur letzten der 12. ab der plötzlich alles schief zu gehen schien. Ich kenne diese Stück von Schumann nicht, bin aber recht vertraut mit seiner Harmonik und da funktionierte einiges nicht mehr. Leider scheint Herr Phillips jemand zu sein, der wenn er einmal anfängt falsch zu spielen auch den Rest des Stückes komplett verhaut und so klang das Finale wesentlich „moderner“ als vom Komponisten geplant... nunmehr hasste sich der Pianist wohl auch selbst. Nach dem Schlußakkord verließ er fluchtartig den Raum und fühlte sich erst nach einer Minute in der Lage zurückzukehren und das unschlüssig auf den Sitzen verweilende Publikum zu verabschieden. 
Nach diesem seltsamen Ende, verließen wir im Nieselregen die Kirche, unsere übliche Kneipe war zu voll und so probierten wir eine andere aus (traue nie leeren Kneipen an einem Freitag Abend.) Es gab nur Flaschenbier, das teilweise schon mehr als eine Jahr überlagert war, das Essen (selbstgemachte Kartoffelspalten mit Chili con Carne und Käsesoße) war interessant, aber der nächste Tag quittierte mir das alte Bier mit einer megadicken Migräne... Fazit: In dem Abend war wirklich der Wurm drin. 

Nicholas Phillips spielt Boris Papandopulo:

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