21. April 2010

Wie war es denn.... (Eingestellt am 20.04.2010)

.... das Wochenende? Die altbekannte Frage beantwortete sich wahrscheinlich schon ein wenig damit, daß es hier keine neuen Blogeinträge gab – nun, wir waren viel unterwegs. Am Samstag hatten wir ein weiteres Treffen des Deutsch-Lern-Clubs und auch wenn sich an diesem Morgen bei Dauerregen nicht allzu viele nach Chinatown wagten, war es dennoch ein schönes Treffen. Unter Zelten konnte man auch die Baufortschritte am Chinatown-Tor begutachten, welches bald die Somerset Street schmücken und den Eingang zu Chinatown darstellen soll. Die extra eingeflogenen Arbeiter aus Peking, alle in grauen Overalls mit roten Helmen, werden das Tor aus traditionellen chinesischen Baumaterialien und mit originalen Werkzeugen, sei es Hämmer, Äxte und Gestellsägen erbauen, die man so heutzutage eher selten auf „modernen“ Baustellen finden kann.
Am Abend sahen wir uns die oscarnominierte Dokumentation „Food Inc.“ an.
Der Film kann hier online, in englisch gesehen werden: http://www.cbc.ca/video/#/Shows/The_Passionate_Eye/ID=1464545109
Ich hatte bereits einiges über diese Dokumentation gelesen und allgemein wurde sie als zu einseitig aus Sicht der Bauern und Konsumenten angesehen, während die großen Nahrungsmittelfirmen nicht zu Wort kamen. Aber beim Sehen des Films wurde klar, dass das nicht an den Filmemachern lag, sondern im Gegenteil die Firmen jegliche Anfragen sofort mit Unterlassungsanzeigen und Klagedrohungen beantworteten. In Europa habe ich mir nie sonderlich viele Gedanken um Nahrungsmittel gemacht. Es gab einfach genug Alternativen und zu vielen potenziell schädlichen Methoden strenge Gesetzgebungen. Natürlich wusste ich bereits, dass Gemüse aus dem holländischen Gewächshäusern nicht gerade das gesündeste Produkt ist, das man essen kann. Sondern grün gepflückt und mit chemischen Methoden zur Reife gebracht, eher die Idee einer Gemüsesorte darstellte. Aber es gab Alternativen. Nach wie vor fanden sich Pensionäre auf dem Markt oder vor dem Supermarkt um für wenig Geld die Überproduktionen aus dem eigenen Kleingarten zu verkaufen. Auf dem Markt fanden sich Eier, die nicht aus dem Hühnerknast stammten und Fleisch wurde mehrheitlich beim Fleischer gekauft. Als ich in Indien war, wurden aus den Läden, Straßenverkäufer und meine Bedenken bezüglich der Produkte lag eher im unsauberen Trinkwasser und den Verkaufsmatten im Straßendreck begründet. In Kanada nun regiert der Supermarkt und was es im Supermarkt nicht gibt, gibt es auch kaum irgendwo anders. Zuerst stellte ich fest, dass viele Produkte nicht oder irgendwie synthetisch schmeckten. So findet man sehr selten echten Käse. Meist handelt es sich um Milchmischprodukte mit Bakterienkulturen angereichert, die in Deutschland als Scheibletten bekannt sind. Das wird in leichthellgelb als Mozarella verkauft, etwas stärker mit Beta-Carotin gefärbt, wird es zum Cheddar. Da braucht man sich nicht wundern, dass es in Kanada einen hohen Anteil an extremen Allergien gibt. Es gab bereits eine Allergie-Epidemie in Deutschland, die Leute würden Hautausschlag bekommen oder Heuschnupfen-Symphtome, doch hier sind die Leute so betroffen, daß sie mehrheitlich gleich im Krankenhaus landen.
Bioprodukte beginnen sich in den Märkten anzufinden, aber es gibt keine gesetzlich anerkannte Bezeichung, die „Bio“ oder „Organic“ schützt und so ist es sehr schwierig als Käufer herauszufinden, ob der natürliche Joghurt oder das gesunde Geschirrspülmittel, tatsächlich selbiges sind oder man nur einem Werbetrick aufliegt. Nachdem ich den Film gesehen hatte, sah ich einmal die Produktliste meiner ach so gesunden Frühstücks-Cerealien durch (Fibre 1 Original). Auf der Vorderseite wird suggeriert, dass das Produkt mehrheitlich aus Vollkornweizen besteht und keinen zusätzlichen Zucker enthält. Nun in der Zutatenliste findet sich an erster Stelle, also mit dem höchsten Prozentsatz Maismehl, gefolgt von fünf anderen Maisprodukten. Und warum wird Mais an Hühner, Rinder, Fische etc. verfuttert? Richtig, weil es schnell fett macht (es macht sie übrigens auch krank, weswegen sie allesamt Antibiotika verfuttert bekommen, was dann auch im Endprodukt auf dem Teller landet). Ich brauchte mich also nicht weiter zu wundern, warum ich nach dem Frühstück alsbald wieder hungrig wurde. In Deutschland hatte ich meist Quark mit Kokosflocken zum Frühstück gegessen. Es gibt keinen Quark in Kanada und Kokosflocken werden als bereits gezuckerte Kokosmasse verkauft. Um echte Kokosflocken zu kaufen, muss ich zum übernächsten Supermarkt fahren oder ein Spezialgeschäft für Backwaren aufsuchen. Sich gesund zu ernähren ist eine sehr komplizierte Angelegenheit in Kanada und ich habe das Gefühl, das wird nicht einfacher wenn wir in die USA ziehen.
So sehr der Film auch aufklärte, ließ er mich dennoch etwas ratlos zurück. Was waren die Alternativen? Bioprodukte für die Massen bedeutet, dass diese ebenfalls in Massenproduktion hergestellt werden müssen, mit sämtlichen Nachteilen die Fabrikprodukte mit sich bringen. Kaufe ich nur noch beim lokalen Bauern? Aber inwieweit kann ich beurteilen, wie dieser seine Produkte herstellt mal abgesehen davon, daß ich mir dessen Preise leisten können muss. Ich habe meinen eigenen Garten? Dazu müsste ich ein Haus mieten, doch kann ich mir dann überhaupt selbst vertrauen? Weiß ich ob mein Wasser nicht mit Schwermetallen belastet ist oder der Boden verunreinigt.... Und so lerne ich weiter, lese mich durch die chemischen Bestandteile von Mais, lerne über die Nachteile von pasteurisiert-homogenisierter Milch. (Wusstet ihr, dass sämtliche Nährstoffe der Milch, die diese so gesund machen in der behandelten Milch praktisch nicht mehr vorkommen?) und kann nur hoffen, daß ich irgendwann die Antwort finde, wie ich all dieses Wissen in eine Nahrungsmethode umsetzen kann.
Am Sonntag nun hatten wir das beste Nachbarsbrunch in Vanier, mit jeder Menge Ahornsirup und französischer Musik aus Ontario... Aber dazu und auch zu der 32 km langen Fahrradtour, die ich gestern bei bestem Sommerwetter unternommen habe, wird es extra Blogeinträge mit – ihr ahnt es - vielen Fotos geben.... :)

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