Eines schönen Montagmorgens nahm ich mir vor eine Fahrradtour zu unternehmen und dachte daran zu den Des Chênes-Stromschnellen auf der Quebec’er Seite zu fahren. Wir hatten uns die Stromschnellen im November schon von Britannia aus angesehen, aber da jeder sagte, daß sie von Aylmer weitaus schöner aussehen würde, wollte ich das zumindest einmal selbst gesehen haben um es abschließend zu beurteilen.
Da der Weg recht lang war und ich nicht wußte, inwieweit es mit meiner mangelnden Fitness zu schaffen war, nahm ich mir vor immer nur bis zu einem möglichen Wende- und Orientierungspunkt zu fahren und dann erneut zu entscheiden, ob ich weiter kann oder umkehre.
Fast gleich zu Anfang drohte die Tour zu scheitern: Ich schleppte mein Fahrrad all die Treppen hinunter und fuhr auf dem Fahrradweg unter dem Parlament vorbei, als dieser Weg plötzlich endete. Daraufhin musste ich mein Fahrrad wieder sämtliche Treppen hinaufschleppen. Nun ist Treppensteigen für mich als Belastungsasthmatiker eh schon eine schwierige Angelegenheit und es wird nicht besser, wenn man auf den Schultern noch ein schweres Mountainbike schleppt. Folglich kam ich mit letzter Kraft hustend und keuchend wie eine Diesellok oben an und wie immer lag mein Notfallspray zu Hause im Schlafzimmer. Also zwang ich mich mit dem Husten aufzuhören und nach einer Weile ging es mir wieder gut genug, so daß ich nun zwar mit hochrotem Kopf aber wieder in der Lage frei zu atmen, weiterfahren konnte. Nach diesem dramatischen Anfang wurde es besser, ich sah mir eine Industrieruine an, stieg auf ehemalige Eisenbahnbrücken, fuhr die ganze Zeit entlang des Ottawa-Rivers und freute mich an der Natur, jungen Eichhörnchen und den unzähligen Möwen, Enten und Kanadagänsen.
Obwohl ich mich die ganze Zeit im Stadtteil Westboro befand, hatte ich das Gefühl von allem ganz weit weg zu sein und es waren auch nur wenig andere Menschen mit mir unterwegs.
Ich sah mir erneut die Inukshuk-Steinskulpturen (Video) an, die ich letztes Jahr im Sommer so faszinierend fand, besuchte Strandabschnitte, die so dramatisch und schön waren, daß sie wie ein Gemälde wirkten und überquerte auf der Champlain-Brücke den Ottawa-River und befand mich ab dann in Quebec.
Diese andere Flußseite war völlig bewaldet und so konnte man nur hin und wieder einen Blick auf den Fluß werfen. Dafür durchfuhr man wilde Sumpflandschaften mit riesigen umgestürzten Baumwurzeln, sah glockenblumen ähnliche gelbe Wildblumen und weiße Anemonenteppiche.
Hin und wieder überholte ich sportliche Mütter und Väter, die auf Rollerskates ihr Kinder in der Sportkarre vor sich hin schoben (die Wege sind alle geteert) aber meist begegnete ich auch dort niemanden.
Nach einiger Zeit erreichte ich den Stromschnellen-Park von Aylmer und hatte damit mein Ziel erreicht. Zuerst sah ich mir den ehemaligen Kanal an, dessen Betonstrukturen mit Graffitti übersäht waren und arge vor sich hinbröckeln. Eine kräftige Frau mit Hund war der Meinung, daß es cool sei, ein Foto mit sich und Hund direkt aus der Mitte des Kanals zu bekommen und so begann sie ins Wasser zu laufen. Ihr Hund war anderer Meinung, wurde aber mitgezerrt, bis ihre Freundinnen die gewünschten Fotos schießen konnten. Auf dem Rückweg war es für sie fast unmöglich die rasante Strömung zu passieren, sie fiel zweimal ins Wasser und wurde ein paar Meter mitgerissen. Ich dachte nur, so warm war es nicht an diesem Tag und der nachwievor Schmelzwasser führende Fluß war sicher noch kälter, aber wenn es ihr gefällt...
Nun gelangte ich zum eigentlichen Höhepunkt, dem Blick auf die Stromschnellen, die vor den Ruinen einen alten Hydro-Dammes (zur Stromerzeugung) wüteten um sich durch die dortigen Engstellen durchkämpfend in den weiteren Fluß stürzen zu können.
Es war laut, tosend alles Wasser war weiß, in Bewegung und dahinter sah man die teilweise eingestürzten Bögen des Dammes was allem ein verlorenes, wildes Aussehen verlieh. Ich konnte sofort verstehen, daß dieser Anblick bereits zahlreiche Künstler gefangen hatte. Interessant waren auch die zahlreichen Möwen und Enten, die das Wasser so gemeistert haben, daß sie weiterhin ruhig vor sich hinschwimmen konnten, als wären sie auf einem seichten See und nicht inmitten eines weißen Wellenchaos.
Ich parkte mein Fahrrad in der Nähe eines großen vom Wasser unterhöhlten Betonklotzes, setze mich an den Rand des neben mir davonschießenden Wassers und hatte ein kleines improvisiertes Picknick mit Mineralwasser und Walnüssen.
Nach einiger Zeit ging es zurück auf den Heimweg. Da es auf der Gatineau Seite regelmäßig bergauf und bergab ging, gab ich an mancher Stelle auf und schob mein Fahrrad, an diesem Tag musste ich mir nichts mehr beweisen. Nach einem kurzen Rundumkurs durch einige Straßen von Downtown Gatineau führte mein Weg entlang des Museums für Zivilisation, zu einem der ältesten Häuser in der Region, dann auf eine langen morschen Holzbrücke in den Cartier-Park. Von dort kehrte ich über die Macdonald Brücke nach Ottawa zurück, fuhr entlang der Rideau Wasserfälle und den vielen Wasserschildkröten des Rideau Flußes zurück nach Hause und war erledigt. Nach fünf Stunden Sonne, frischer Luft, vielen geschossenen Fotos und natürlich Fahrrad fahren, bekam ich die Auswirkungen eines leichten Sonnenstichs zu spüren, hatte aber überraschender Weise keinen Muskelkater.
Ein kleines Fotoalbum mit weiteren Fotos findet sich hier:
Und das ist das youtube-Video zum Tag (das Hintergrundlied ist von Hayley Westenra - Summer Fly):
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