Blick aus dem Fenster: Familienausflug... meine Mutter, Schwester im Kinderwagen, ich auf dem Dreirad...
Anläßlich des Gedenkens zum Mauerbau dachte ich, daß ich auch einmal zwei meiner Berlin-Fotos herauskrame, denn von meinem 1. bis zum 5. Lebensjahr wohnte ich (wenn ich nicht gerade wieder zur Frischluftkur an die Ostsee geschickt wurde) in der Kopenhagener Str. 38, Prenzlauer Berg. Das einzige Haus der Straße, das seit dem Krieg kein Vorderhaus mehr besaß.
Die Straße endete in der Mauer.
Das bedeutete, daß vor dem Eingang zu unserer Straße ein Schlagbaum mit Volkspolizist stand und daß man nur als Anwohner sich ausweisen und überhaupt passieren durfte (obwohl meine Mutter sich immer darüber beschwerte, daß die Kinder der Straße ungestört passieren konnten um ‚uffn Falker’ zu verschwinden...). Ja damals, dachte man sich überhaupt nichts dabei, daß 4-jährige Kinder alleine draußen spielten.
Vor der Mauer standen große Betonklötze, die man einst versucht hatte mit Blumen zu bepflanzen, aber da wir Kinder uns am liebsten dort trafen um Zündplätzchen von Spielpistolen-Munition zu knacken, befand sich dort nur noch nackte Erde. Manchmal versuchten wir durch das Gulli neben der Mauer zu gucken und hofften auf einen Einblick auf die andere Seite. In einem Nachbarshof auf der anderen Straßenseite befand sich ein Klettergerüst mit Pilzdach neben der Mauer (die an der Stelle auch als ganz profane Hofbegrenzung diente), leider war es nicht hoch genug, als daß man irgendetwas hätte sehen können. Was man „von drüben“ sah waren die Flugzeuge des nahen Tempelhofs und die Silvesterraketen zu Neujahr.
Obwohl die Bewohner der Straße sicher alle dreimal durchleuchtet und nachgewiesene Vaterlandstreue besaßen, gab es trotzdem einen Anreiz für sie nicht in Versuchung zu geraten, vielleicht auch eine Belohnung dafür nie mal spontan Freunde nach Hause einladen zu können... ein Laden. In diesem Laden gab es Dinge, die für den normalen DDR Bürger nicht erreichbar oder unmöglich zu kaufen waren und so wuchs ich während dieser Jahre mit dem fast schon westdeutschen Selbstverständnis auf, Bananen bekommt man, wenn man in einen Laden geht und diese kauft.... und nicht wenn ein Ration brauner Bananen an eine Stadt zugeteilt wurde und dann stellen sich alle in einer langen Schlange an und man gehört vielleicht zu den glücklichen Käufern.
Einmal war ich mit meinem besten Freund im letzten Hinterhaus auf unserer Straßenseite und wir sahen ein Loch in der Wand, wir waren neugierig und stiegen hindurch... aber wir landeten nur in einem weiteren Hinterhof und sahen dort einen orangenen Bauwagen stehen. Wir sahen niemanden, keine Bauarbeiter, keine Polizisten und die ganze Sache kam uns so gespenstisch vor, daß wir schnell wieder verschwanden. Ich habe jahrelang darüber nachgedacht, ob ich an dem Tag im Niemandsland zwischen den Mauern stand, aber heutzutage glaube ich eher, daß ich im Hinterhof eines Hauses der Schwedter Straße gelandet war. Die Straße war bereits Sperrgebiet und offenbar musste einmal etwas daran gebaut werden.
Jahre später konnte ich dann endlich meinen historischen Schritt über die Mauer machen, als ich einen Wandertag schwänzte um stattdessen mit meinem Vater zum Gerichtstermin nach Berlin zu fahren und wir auch Prenzlauer Berg besuchten.
Mein Spielplatz auf dem Falkplatz war verschwunden, der Kindergarten stand leer, die Häuser waren allesamt noch unsaniert und statt der Mauer erstreckte sich eine lange leere Einöde hinter der Schwedter Straße. Als ich während meines Studiums erneut nach Berlin kam, hatte sich das bereits verändert. Es gab neue Klettergerüste, die Häuser sahen alle schon teuer aus und anstelle der großen Freifläche des ehemaligen Mauerzwischenraums erstreckten sich dort nun die Gebäude der Jugendfarm Moritzhof.
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