Am Freitag abend besuchten wir das kostenlose Konzert der Pianistin Kawai Chan in der UU Kirche. Während sich am Seeufer die Menschenmassen prügelten um $35 pro Person für Damien Marley und andere Musiker zu bezahlen, erschien nur eine Handvoll älterer Herrschaften um sich eine Weltklasse-Pianistin anzuhören, die ohne Eintrittspreis auftrat. Anand und ich waren die Jüngsten im kleinen Publikum, mit Abstand.
Kawai erklärte jedes ihrer Stücke, bevor sie sie spielte, die wahrscheinliche Stimmung des Komponisten, als er das Stück schrieb, warum es für sie interssant war und machte den Zuhörer auf Besonderheiten aufmerksam. Das erinnerte mich sehr an ein ähnliches Konzert in Schwerin, wo der Dirigent auch jeweils zuerst erklärte was passieren würde und dann spielte. Das Resultat war, daß man selbst wenn man mit einer Sonate eben nicht vertraut war, sich dennoch freute die hervorgehobenen Besonderheiten tatsächlich heraushören zu können. Der Zuhörer sitzt nicht einfach nur da und konsumiert Musik, sondern er hat die Aufgabe konzentriert zuzuhören.
Kawai hatte eine besondere Art zu spielen, mit fast nicht sichtbaren Bewegungen der Hände an sich. Diese schienen ausgestreckt über dem Klavier zu ruhen, und nur Wellenbewegungen der Finger spielten. Ich habe das heimlich versucht nachzuahmen, aber ich kann keinen einzigen Finger bewegen ohne daß die Handknöchel nicht auch hochkommen. Sie spielte genauso „liquid“ routiniert, perfekt wie die Bewegung ihrer Finger... vielleicht etwas zu routiniert, fast schon gelangweilt von einmal mehr Beethoven und Chopin. Mit Ravels ‚Miroirs’ änderte sich das langsam, Alexander Scriabins erste Sonate war voller Gefühl, das Trauerthema zum Abschluß tieftraurig, aber das letzte Stück des Abends William Bolcoms „The Serpent Kiss“(Rag Fantasy) riß alle aus ihrer Zuhörer-Starre.
Das Stück ist das Mittelstück der „Garten Eden“ Triologie und handelt vom Kampf Gut gegen Böse, den in diesem Fall Böse gewinnt. Es ist vierhändig, für zwei Klaviere geschrieben worden, die Bearbeitung für einen Pianisten ist extrem anspruchsvoll und daß man während des Stücks auch noch mit dem Fuß aufstampfen, manchmal Pfeifen und trommeln muß, macht es nicht einfacher. Sie jagte das Publikum in einem wahren Höllenritt durch Bolcoms Stück und schien zum ersten Mal wirklich Spaß am Spielen zu haben.
Am 9.September findet das nächste Klavierkonzert in der Kirche statt (Michael Arnowitt spielt), dann sicher wieder mit uns im Publikum :)
Ich habe versucht im Internet ein Video von Bolcoms Stück zu finden, aber alle Interpretationen mit einem Pianisten waren nicht gut genug. Frauen spielten alles so weich und lieblich, Männer alles zu energisch, letzlich habe ich diese vierhändige Interpretation gefunden, die ähnlich ist und die charakterische Frage-Antwort, Gut-Böse Geschichte ebenfalls hervorhebt:
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