27. Januar 2010

Mittwochskonserve


Heute geht es mir nicht sonderlich gut... das Wetter spielt verrückt, kalt, warm, kalt und mein Kopf gleich mit und so verläuft der Tag recht unproduktiv. Als ich meinen Lieblingssender APTN (Aboriginal People Television Network) einschaltete (man kann ja nicht den ganzen Tag nur ausruhen), erkannte ich mit Überraschung das Hotel in dem wir in Whistler übernachtet hatten. War das etwa eine Dokumentage über die Olympiavorbereitungen? Nein, es stellte sich als Dokumentage über Bären heraus. In diesem Fall Schwarzbären. Hotelangestellte hatten die Tür zur Lieferantengarage offen gelassen, ein Bär kam herein und bediente sich an dem Mülltonnenbuffet, bis er mit Feuerwerksgeschossen von den Rangern verjagt werden konnte.... Ich erinnere mich noch gut, als ich mit Anand Anfang Mai eine kleine Straße in Whistler entlang ging und überall diese mit Zahlencode gesicherten Müllhäuser sah, wie die Straße eigentlich fast schon außerhalb, abgelegen zu sein schien und niemand in Sicht war. Wir bemerkten beide gleichzeitig, dass wir gerade alles falsch machten, was man im Bärenland falsch machen kann. Wir waren nicht in einer Gruppe unterwegs, hatten keine Glocke oder irgendwas dabei, um auf uns aufmerksam zu machen und außerdem waren im Frühjahr kurz nach dem Winterschlaf, die Bären besonders hungrig. Schnell und leise machten wir uns zurück in den belebteren Teil des Ortes, was natürlich immer noch falsch war... langsam und laut singend wäre vernünftig gewesen um Bären schon lange vorher zu warnen. Später sahen wir Bären aber nur vom Bus aus... An diese Geschichte musste ich denken, während ich mir das Programm ansah.
Wie ich mir schon dachte, waren die für mich fast unmöglich zu öffnenden Mülltonnen auf der Einkaufsstraße von Whistler für Bären überhaupt kein Problem. Während ich mich so bemühte die Hand nach unten und den Griff nach oben zu drücken und doch regelmäßig scheiterte, schaffen die Bären das ziemlich schnell. Doch die Müllhäuser waren ein größeres Problem. Da der Müll unerreichbar wurde, verlegten sich Bären darauf an die Quelle zu gelangen und wurden zu regelmäßigen Einbrechern, die sich vom Vorhandensein etwaiger Hausbewohner nicht sonderlich gestört fühlen. Videoaufnahmen an einem Haus zeigten ein nur einen Spaltbreit geöffnetes Küchenfenster verborgen hinter einem schweren Moskitonetz aus Draht. Der Bär schlitzte das Moskitonetz auf, drückte das Fenster weiter auf und stemmte sich durchs Fenster in die Küche. Dort fraß er sich durch alle Vorräte, öffnete Kühlschrank, Ofen, Küchenschränke sogar sehr elegant, wobei besonders Cornflakes und Saftpackungen auf dem Speisezettel standen, bis er sich wieder trollte. Dieser Bär wurde später wie Tausend andere im Jahr, abgeschossen, da sie sich zu sehr auf menschliches Essen eingestellt hatten und zur Gefahr wurden. Normalerweise passieren aber wenig Attacken auf Menschen, da die meisten mittlerweise wissen, dass man einen instinktgeleiteten Beuteangriff nur auslöst, wenn man wegläuft. Wenn man dagegen stehen bleibt, wild mit den Armen herumfuchtelt und schreit und brüllt, weiß der kurzsichtige Bär meist nicht, wie gefährlich man selbst ist. Von einer Attacke wurde aber auch berichtet, als ein Junge mit seiner Mutter genau das nicht machten, als sie einen Bär sahen. Sie liefen weg, Schwarzbären sind natürlich schneller und wenn sie sich einmal zu einem Angriff entschlossen haben, kann man die 200 kg-Tiere schwerlich davon abbringen. Auch wenn andere Menschen sich richtig verhielten und brüllten und schrien, konnte nichts den Bär stoppen, er tötete zwei Menschen und verletzte zwei andere schwer, bis er endlich erschossen werden konnte. Das zeigt, auch wenn man die Regeln kennt, kann man nicht immer anderen helfen... es bleibt wilde unberechenbare Natur in der Schwarzbären noch das kleinere Übel sind. Es gibt Grizzlies, die sich von einem schreienden Menschen nicht beeindruckt fühlen, da heißt es im Gegenteil leise sein, sich langsam in geschütze Bereiche am Besten ein Auto zurückziehen.. und gerade in den Rocky Mountains sind nachwievor Pumas unterwegs. Sie sind sehr selten geworden, aber in den letzten Jahren nähern sie sich mehr und mehr den Dörfern und wenn sie auf Menschen treffen, schätzen sie diese als leichte Beute ein. So schön dieses Land auch ist, solche Sendungen zeigen ebenfalls das es ein wildes Land bleibt, in dem der Mensch den Tieren Platz wegnimmt und dann damit rechnen muss, wilde Tiere in seiner Nachbarschaft zu haben.

Im Osten inmitten der belebten Großstädte und der maritimen Provinzen entsteht gerade eine neue Gefahr: Coywölfe. Bisher weiß man nicht, wieso die scheuen nachtaktiven Wölfe und die kleineren tagaktiven Coyoten vor ca. 20 Jahren anfingen sich zu kreuzen, ob es eine natürliche Entwicklung war oder ob der Einfluß des Menschen (nicht mehr genug Wölfe um genetisch gesunde Rudel zu gründen) eine Rolle spielte. Das Produkt stellte sich jedoch aus entwicklungstechnischer Sicht als Erfolgsprodukt heraus. Die Coywölfe haben keine Angst vor Menschen, sie sind tagaktiv, besitzen die Kraft der Wölfe und die Intelligenz der Coyoten. Seitdem mussten viele Menschen im Großraum Toronto hohe Zäune um ihre Gärten errichten um ihre Haustiere, Kinder und sich selbst vor diesem neuen Raubtier zu schützen. Als im Sommer eine junge Folksängerin in Nova Scotia von Koyoten getötet wurde, stellte man ebenfalls später heraus, dass es sich um Coywölfe handelte.
Und schlußendlich lebt in Kanada das größte Landraubtier der Welt... der Eisbär, 700 kg schwer, leidlich weiß. Nahe der Stadt Churchill, Mantitoba lebt die größte Anzahl von Tieren dieser Gruppe... im Sommer südlich der Stadt, im Winter nördlich zum Robbenfang... In der Zeit dazwischen sind die Bären auf Futtersuche und Wanderschaft und verirren sich allzu häufig auch in die Stadt. So gilt es eine Menge Regeln zu beachten, damit Treffen zwischen Menschen und den Raubtieren nicht blutig enden und im Idealfall Bär und Mensch überleben, z.B. sind alle Autos unverschlossen, so dass man im Notfall schnell in jedes Auto springen kann, längere Strecken ohne unmittelbare Häuser fährt man nur oder man ist in Gruppen unterwegs. Im Herbst, wenn hunderte hungrige Bären unterwegs sind, herrscht nachts Ausgangsverbot. Nur einen Abend wird davon eine Ausnahme gemacht: Halloween... alle Bewohner der Stadt sind dann dazu aufgefordert, mit Lichtern und Autos draußen jede dunkle Ecke auszuleuchten, um Halloween für die Kinder abzusichern. Der Ort hat Eisbärenrettungshubschrauber, Eisbärengefängnis und jede Menge Touristen, die sich die Bären in freier Wildnis ansehen wollen.
Wenn ich mir all das so ansehe und durchlese, bin ich doch recht froh, dass die häufigsten Wildtiere in Ottawa, die Murmeltiere und Eichhörnchen sind... Es gibt (noch) keine Koyotenpopulation und die Wölfe im Gatineau Nationalpark werden sehr selten gesichtet... So, dass war also für heute, Wissen aus der Konserve ..und morgen gebe ich wieder meinen eigenen Senf dazu und schreibe endlich über den „tierischen“ Silvesterabend 2009/10.. :) Gute Nacht.

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