13. Februar 2010

Olympia, so weit…. (Eingestellt am 13.02.2010)

Gestern fand mein Tag quasi vor dem Fernseher statt… ich erwartete ein wichtiges Paket und verließ deswegen nicht das Haus, konnte nicht einmal staubsaugen, damit ich die Türklingel nicht überhören würde.
Das Paket kommt mit Kurier aus Indien und hat neue Asthmamedizin für mich im Gepäck. Leider wusste der Kuriermensch unsere Appartmentnummer nicht (die zwar auf dem Paket stand, aber nicht auf dem Lieferschein, Grrrrr) und kam deswegen gar nicht, ich saß also umsonst den Tag über zu Hause... der nächste Liefertermin ist nun am Dienstag.
So hatte ich aber genug Zeit der Olympiaberichterstattung zu folgen. Ab 6 Uhr morgens Ortszeit wurde die Fackel durch so ziemlich jede Straße Vancouvers getragen. Dabei war natürlich Arnold Schwarzenegger, aber auch viele kanadische Prominente oder Väter von Prominenten, wie z.B. Walther Gretzky und der Vater von Terry Fox. Es war interessant die Straßen wiederzusehen, die wir erst im Mai besucht hatten, die Olympia-Uhr vor der Art Gallery, von der wir Fotos gemacht hatten und die damals noch viele Stunden und Tage anzeigte, auf einmal auf 5 Stunden zu sehen, die Stimmung und Masse an Leuten, die begeistert und enthusiastisch immer wieder Kanadas Nationalhymne „Oh, Canada...“ anstimmten... und das Zittern der Organisatoren auf dem letzten schwierigen Teil des Fackellaufes: Einer Fahrt mit dem Drachenboot und danach die Übergabe an ein Birkenrinden-Kanu. Selbst ich stand schon fast auf und meinte nur: ‚Na, na ... naaa...’ angesichts der mit hocherhobener Fackel und ohne weitere Sicherung auf den schwankenden Booten stehenden Fackelträgern ... aber alles ging gut aus.
Zu sehen war auch die Anti-Olympia-Demonstration vor dem Hauptbahnhof, die mit Plakaten dagegen demonstrierten, dass die Rechte von Ureinwohnern beeinträchtigt wurden und dass die Spiele zu teuer waren. Letzteres kann sicher von jedem so unterschrieben werden, solche Spiele sind teuer und die Stadt wird noch Jahrzehnte die Schulden abbezahlen... (Montreal hatte erst 2009 die Schulden für die 1976er Sommerspiele abbezahlt) aber ersteres Argument löste gerade unter den involvierten Stämmen Verwunderung aus, denn die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Stämmen gilt für ganz Kanada als vorbildlich. Große Teile Vancouvers sind auf Stammesgebiet erbaut und bei jeder Änderung der Baustruktur muss erst der entsprechende Stamm seine Zustimmung geben. So war es auch beim Bau der neuen Olympia-Anlagen.
Dass es einen Toten gegeben hatte, wurde bereits am Tage erwähnt, aber nicht wer, da die Familie des Gestorbenen zu dem Zeitpunkt noch nicht informiert werden konnte und so dachte ich erst, dass der Slalomskifahrer, der vorgestern ins Krankenhaus kam möglicherweise verstorben war.
Erst als die Vorshow zur Eröffnungsfeier am Abend begann (7 Uhr in Ottawa, 4 Uhr in Vancouver- ab dann schaute auch Anand zu) wurde bekannt, dass der georgische Rodler Nodar Kumaritaschwili im Training am Eröffnungstag aus der Bahn flog und verstarb. Ich habe heute morgen die deutsche Berichterstattung dazu gesehen und muss sagen, dass die Bilder noch recht harmlos sind, denn im kanadischen Fernsehen lief das gesamte Video dazu, wie der Junge aus der Bahn flog und mit 144 km/h am ungeschützten Stahlträger zum Stehen kam und es war heftig. Es ist fast schon ein Wunder, dass der Fahrer überhaupt noch einmal reanimiert werden konnte und erst im Krankenhaus verstarb.
Sicher alle sagen nun, dass die Bahn zu schnell ist und das hat auch zu dem Unfall geführt aber was im Himmel haben diese Stahlträger dort zu suchen? Ansonsten wäre er sicher genauso aus der Bahn geflogen, hätte sich verletzt, aber er wäre nicht gleich tot gewesen.... aber mit dieser gefährlichen Umzäunung ist es egal ob man mit 70km/h oder 140 dagegen rast, das Ergebnis wäre wohl das gleiche... .
Die Eröffnungsfeier stand dann natürlich im Schatten dieses tragischen Ereignisses, dem ersten Toten bei Olympischen Winterspielen überhaupt und so war die Stimmung etwas gedrückt.. aber selbst ohne dies, funktionierte vieles nicht, wie es sein sollte.. Es begann damit, dass die Ureinwohner, die Jaques Rogge und Michelle Jean begrüßen sollten, sich verspäteten, danach kam der immerhin sehr farbenprächtige Teil der verschiedenen Stämme Kanadas und dem Einmarsch der Athleten.... leider marschierten Süd- und Nordkorea wieder getrennt ein.... und dann begann das kulturelle Programm. Es hatte natürlich keiner eine so teure Feier wie in Peking erwartet, aber ich war doch etwas enttäuscht. Es wurde fast nur auf Lasershows und Effekte gesetzt, während die wenigen Tänzer die Riesenhalle nicht einmal annähernd ausfüllten. Einzig der Auftritt der Punkfiedler war energiereich, ansonsten reihte sich langweilige Ballade an Ballade an Ballade... gefolgt von noch langweiligeren Reden. Da muss ich immer an Lillehammer ’94 denken, deren Feier gezeigt hatte, dass man selbst mit kleinem Budget eine märchenhaft schöne Feier gestalten kann.
Wenn man sich die gestrige Eröffnungsfeier ansieht um etwas über Kanada oder Vancouver zu erfahren, dann weiß man nun, dass es hier Ureinwohner gibt, dazu Briten und eins, zwei Franzosen und das ist alles... von den großen multikulturellen Gemeinschaften... von Lateinamerikanern über die osteuropäischen Gemeinschaften bis hin zu Südasiaten und natürlich der immens großen chinesischen und japanischen Bevölkerung in Vancouver... all dies spielte überhaupt keine Rolle währendessen und ist für mich ein bißchen verpasste Chance... Vancouver hat schließlich mit die älteste Chinatown in Nordamerika und der Handel mit Japan begann zeitgleich mit dem Auftauchen der ersten britischen Siedler. Die Feier endete mit einer technischen Panne während der Zündung des olympischen Feuers und dem obligatorischen Feuerwerk. Fazit: Insgesamt sicher keine schlechte Feier aber wenn man sich überlegt, was man alles hätte machen können, so war es wohl kaum ausreichend...
P.S. Was genau haben sich die Deutschen eigentlich dabei gedacht, die Frauen in Pink und die Herren in Türkis einlaufen zu lassen... Die Inspiration scheint jedenfalls aus dem Kindergarten entnommen zu sein.
P.P.S Ganz Kanada wartet auf die erste Goldmedaille auf Heimatboden, dazu hat es bei keiner der vorherigen Olympiaden gereicht und so wünsche ich es ihnen doch ein wenig.. auch wenn ich ihre Maßnahmen, dieses Ziel zu erreichen, unsportlich fand: Während z.B. in Salt Lake City jede Nation so lange vor Ort für Olympia trainieren konnte wie sie wollte, erlaubte Kanada nur wenige Trainingsläufe zwei Wochen vor den Spielen. Hoffentlich führt das nicht zu noch mehr schweren Unfällen, wenn die Sportler Risken auf den ihnen unbekannten regennassen Pisten eingehen.
Apropos Regen: In diesem Jahr findet der Winter überall statt, nur nicht in den Rocky Mountains und Vancouver begrüßt mit Plusgraden im zweistelligen Bereich bereits die Kirschblüte.... :)

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