29. Mai 2008

Der letzte Tag

Ach ja, meine Sachen sind gepackt und zu schwer, wir müssen noch umpacken, aussortieren, ich muss geschätzten hundert Leuten “Auf Wiedersehen” sagen und heute nacht geht es dann los nach Hause..... meine Schwiegermutter ist schon seit drei Tagen tieftraurig und kann selbst den Anblick meines gepackten Gepäcks nicht ertragen, wann immer sie mich sieht fängt sie an zu weinen, Anands Neffe fing an zu heulen als er von meiner Abreise erfuhr und bezichtigte seiner Mutter der Lüge..

....man kann sich doch sehr an andere Menschen gewöhnen. Ich war immer eher ein Einzelgänger und hier in Indien habe ich die ständigen Eindringlinge in meine Privatsphäre mitunter “nicht-sehr-gemocht” aber ich denke es wird trotzdem schwer, wenn keine von drei Nachbarstöchtern mehr am frühen Morgen vor der Tür steht, weil ihnen langweilig ist, sie fernsehen wollen etc. irgenwie war ich doch in diesen vier-einhalb Monaten nie allein.

Dazu kommen die ungelösten rechtlichen Probleme. Als wir nach der Heirat die Unterlagen für die Registrierung einreichen wollten, erfuhren wir, dass an der alten Stelle keine Registrierungen mehr möglich waren, also fuhren wir in die nächstgrößere Stadt. Die Leute dort waren nur halb zuständig (sowas geht in Indien, dass man halbzuständig ist) und nahmen unsere Antrag nicht an, aber wir erfuhren die neue Stelle, wo die Registrierungen in unsere Stadt möglich wären. Beim sogenannten “H-Ward” angekommen, wusste dort noch kein Beamter von seinem Glück, wir konnten den Antrag zwar einige Tage später einreichen, aber sie konnten ihn ohne Software, Formulare u.a. beim besten Willen nicht bearbeiten.

Zu der Zeit erkundigte ich mich beim deutschen Konsulat in Mumbai, nach welchem Gesetz die Registrierung erfolgen muss und wie es dann in Deutschland legalisiert werden kann. Darauf erhielt ich eine ausschweifende Antwort darüber, dass es viele unterschiedliche Gesetze in Indien gibt, dass man die Registrierungsurkunde sehen muss und sich dann im Einzelfall herausstellen kann, ob es gültig ist, oder nicht. Da das eine eher nichtssagende Antwort war, bemühten wir uns weiter um die Urkunde, um dann mit Urkunde im Konsulat anzurufen, das Gesetz zu nennen und zu erfahren wie es weitergeht.

Nun hatten wir in den folgenden Wochen Termine mit dem Chef der indischen Behörde, teilweise war er zum bestellten Termin einfach nicht da, teilweise fand er die Akte nicht mehr und wir mussten die Formulare nochmals ausfüllen, beglaubigte Kopien einreichen usw., zweimal erschienen wir mit unseren benötigten drei blutsverwandten Zeugen, was dazu führte, dass Anands Bruder und sein Vater zwei Urlaubstage opfern mussten (und es gibt hier nicht viele Urlaubstage), beim dritten Mal mussten wir dann noch einen nicht-verwandten Zeugen dazuorganisieren, der Priester wollte nichts unterschreiben... der Chef nahm die gesamte Akte mit zu seinem Anwalt und beide dachten nochmals eine Woche darüber nach wie man jemanden (mich) der einfach gar keiner Religion angehört, überhaupt verheiraten kann.

Wir haben halbe Tage in dieser Behörde verbracht, Beziehungen zu nächsthöheren Beamten ausgenutzt und doch fast nicht mehr geglaubt, dass wir die Urkunde noch erhalten würden.

Am 27.Mai, also drei Tage vor meiner Abreise war es dann doch soweit, wir erhielten unsere “Marriage Registration”, mit Unterschrift, Fotos, Daumenabdruck auf blütenweißem Papier mit Wasserzeichen, Stempeln auf allem was wichtig aussah und waren glücklich.

Einem Monat nach der religiösen Heirat waren wir auch legal in Indien verheiratet und in einer kleinen Zeremonie erhielten wir unsere Ringe als äußeres Zeichen. (Die Ringzeremonie war während der religiösen Heirat vergessen worden.)

Als ich am gleichen Tag mit Urkunde im deutschen Konsulat anrief, ließ ich mich sofort mit derselben Sachbearbeiterin verbinden und konnte ihr nun genau das Gesetz nennen, nach dem die Registrierung erfolgte und sie konnte mir auch sofort sagen, dass das leider in Deutschland nicht anerkannt wird. Nunmehr wusste sie genau, dass wir die Heirat nach einem einzigen Gesetz registrieren lassen hätten müssen (uahh vier Verben hintereinander!) und das man für einen Monat eine Anzeige in die Zeitung setzt usw... Wir sind einen Monat lang in die falsche Richtung gelaufen und nun hatte ich keine Zeit mehr, das nochmals zu verändern.

Denn zuerst müssten wir die Registrierung in Dombivli als fehlerhaften Verwaltungsakt aufheben lassen, was nicht so einfach ist, denn eigentlich ist nach indischem Recht alles in Ordnung. Dann müssten wir uns in Thane beim Gericht neu anmelden, dann müsste ich aus Deutschland zurück nach Indien fliegen und erneut anwesend sein (bei diesem ganzen Heiratskram ist ja immer Anwesenheitspflicht) und dann muss die Urkunde ins deutsche (Deutsche können schließlich kein englisch) übersetzt werden und wird dann unter Umständen immer noch nicht anerkannt.

Möglichkeit Nr. 2 ist die Heirat in Dänemark (Deutschland fällt eh aus, die gesamten Prüfungszeiträume und Voraussetzungen kann man im Leben nicht erfüllen). Für Hochzeiten in Dänemark gibt es eine Vielzahl an Agenten im Internet mit Preisspannen von 190,- € pro Paar bis 1000,- € pro Person nur für die Vermittlung. Dazu kommt, dass man in der jeweiligen Gemeinde mindestens drei Tage vor der Hochzeit verbringen muss, also auch noch dem Tourismus helfen soll. Es ist also kostenintensiv. Auf der anderen Seite ist die Hochzeitsurkunde auch in deutsch abgefasst und wird ohne Beglaubigung automatisch in Deutschland anerkannt. Bei den einzureichenden Unterlagen macht es uns der kleine nordische Nachbarstaat auch einfach, ob nun auf dänisch, deutsch oder englisch, alles geht = sie verstehen und akzeptieren es. Und meine Unterlagen sind insofern auch komplett. Aber mit Anands Unterlagen sieht es anders aus. Zum einen steht auf seiner Geburtsurkunde ein anderer Name, nämlich Gajanan, den sein Vater bei der Einschulung des Sohnes änderte und der seitdem überall Anand lautet, außer eben auf dem Birth Certificate und zum anderen braucht man überall zur Heirat im Ausland eine Ledigkeitsbescheinigung von der Heimatbehörde und nun ratet mal, was auf dieser Bescheinigung steht? - Ja, richtig, Herr Anand Sharma ist verheiratet.

So sind wir nun in der seltsamen Lage in Indien miteinander verheiratet zu sein, aber außerhalb Indiens ist nur Anand mit mir verheirat, ich aber nicht mit ihm.

Möglichkeit Nr. 3 lautet Kanada, wir verschieben alle Entscheidungen auf später und heiraten in Ottawa. Vorteil, man braucht nur entweder Pass oder Geburtsurkunde, der falsche Geburtsname würde also nicht weiter auffallen, Nachteil, alles muss aus dem englischen übersetzt und beglaubigt werden, das deutsche Anerkenntnis ist unklar und es besteht die Möglichkeit, dass die indische Heiratsurkunde durchaus in Kanada anerkannt wird und was dann?

Es ist also alles ein Riesen-Rechts-Kuddelmuddel aus dem wir uns so langsam herausziehen müssen und vielleicht wissen wir in einem Jahr mehr, sind möglicherweise sogar verheiratet.... ich gehe jetzt erst mal meine Kopfschmerzen pflegen... uff...


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