Seit wir auf die Entscheidung warten, ob wir nun noch ein Jahr länger in Ottawa bleiben oder Ende August wieder die Koffer packen müssen, sind meine Tage immer unproduktiver geworden. Ich mache buchstäblich fast nichts mehr ausser der normalen Haushaltsführung zwischen Küche, Katzen, Wäsche waschen und Haus saubermachen und kann mich auf nichts wirklich konzentrieren.
Heute versuche ich mich nun endlich (erneut) an dem Bericht zum letzten Tag in Vancouver, so dass der Teil dann beendet ist und wir uns wieder dem Leben in Ottawa zuwenden können...
An unserem letzten kompletten Tag in Vancouver (am Sonntag ging es nur noch in Richtung Flughafen) wollten wir ein paar der etwas entfernteren Ziele besichtigen (ich hatte eine Riesenliste genug für eine Woche Vancouver, von der wir dementsprechend nur zwei Dinge wirklich abhaken konnten, aber es war dennoch ein schöner Tag :)
Nach einem sehr amerikanischen Frühstück im Smile-Café (das italienische Café hatte noch geschlossen :-( ging es mit dem Bus hinaus aus der Innenstadt in den Stadtteil Shaughnessy, wo wir den Botanischen Garten 'Van Dusen' zu besuchen gedachten.
Dieser entstand im Jahre 1975 auf dem Gelände eines ehemaligen Golfplatzes und ist vor allem im Frühjahr für seine große Rhododendron-Kollektion bekannt.
Als wir im Park ankamen, stellte sich heraus, dass dort am gleichen Tag eine Oldtimer-Auto-Show stattfand, so dass wir uns sehr freuten mit einem Eintrittspreis zwei Dinge auf einmal zu bekommen (später sahen wir, dass die Leute die nur die Autoshow sehen wollten und dazu einen extra Eingang benutzten, viel mehr Eintritt bezahlen mussten, als die Leute die Garten und Autoschau als Ganzes hatten...)
Der Garten besaß verschiedene Areale vom Magnolienhain bis Heckenlabyrinth aber so früh im kanadischen Gartenjahr war ausser den fast schwarzen samtig glänzenden Tulpen wenig beeindruckendes zu erleben.
Dazu sahen wir uns die langen Reihen der auf Hochglanz polierten Oldtimer- Jaguars, Rolls-Royce, Jeeps etc. an aber mein Energielevel ging nach mittlerweile zwei durchwachten Nächten verdächtig schnell nach unten, so dass ich eigentlich kaum noch aufnahmefähig war – was wahrscheinlich mitverantwortlich dafür war, dass wir an dem Tag so wenig erlebten.
Deswegen machten wir in der Nähe des beliebten Rhododendron-Weges eine kleine Pause bei einer Holzbank, auf der ich sofort für eine halbe Stunde einschlief und mich störte dabei überhaupt gar nichts mehr. Danach hatten wir ein kleines Mittagessen mit Cola, Kaffee und warmen Hühnchen-Sandwich nach italienischer Art (was immer das heißen mag)... und so konnte ich meine Energiekurve wieder etwas aufbauen.
Nach dem Botanischen Garten, wollten wir uns den Campus der Universität von British Columbia ansehen (man weiß ja nie, ob man das Wissen mal gebrauchen kann...) und so fuhren wir mit dem Bus zur Haupt-Haltestelle der Universität. Diese befindet sich innerhalb eines großen Waldstückes in Pazifiknähe, das nicht der Stadt, sondern einem örtlichem Indianerstamm gehört und der demzusprechend bei allen Veränderungen der Universität zuerst gefragt werden muss.
Dort kann man sich den Campus ansehen (natürlich) den berühmt-berüchtigten -Hippie und FKK - Wreck-Beach, den botanischen Garten der Universität und das Museum für Anthropologie, welches auf unserer Liste stand. Da wir jedoch angesichts des immer sonniger und wärmer werdenden Tages an einer gewissen Museums-Unlust litten, strichen wir diesen Punkt und beschränkten unseren Campus-Aufenthalt auf die Besichtigung des Geländes für Sportwissenschaften direkt neben der Bushaltestelle.
Dann stiegen wir in den nächsten Bus ein und baten den Busfahrer uns bei einem schönen Strand seiner Wahl herauszulassen, denn mit den vielen Stränden im Stadtgebiet, waren wir überfordert, welchen dieser wir nun auswählen sollten... Jericho, Kitsilano, Sunset, doch English Bay Beach oder muss man alle gesehen haben? Der Busfahrer hielt in der Nähe des Jericho Parks uns so schlugen wir uns durchs Unterholz (nein, es gab einen Trampelpfad, der mich aber nicht davon abhielt gegen ein Stück Holz zu laufen und mich selbst zu verletzen) und gelangten letztendlich zum schönen Jericho-Strand.
(Während ganz in der Nähe ein großer Trailerpark von Dreharbeiten für Paramount stand, denn da Vancouver auch als 'Hollywood-Nord' bekannt ist, konnten wir in der Stadt des öfteren Dreharbeiten sehen und nach all den Jahren, wo ich in Potsdam davon nur noch genervt war wenn Straßen abgesperrt wurden, fand ich es sogar mal wieder cool.)
Der Jericho-Beach bestand aus einem befestigten Strandabschnitt, einem Stückchen Promenade und Seewall, mit Blick auf die Berge gegenüber, man konnte Downtown sehen und sich trotzdem ganz weit weg von der Stadt fühlen. Es war sehr schön und wir konnten uns eine Weile am Strand und auf der Brandungsmauer sitzend entspannen und ich erfreute mich an all den Wiesen voller Gänseblümchen drum herum.
Nach dem längeren Strand-Aufenthalt, ging es zurück in die Innenstadt.
Eigentlich wollten wir nun den Seabus (eine Passagier-Fähre) hinüber zur Nordseite Vancouvers nehmen (schließlich hatten wir eine Tageskarte für den Personennahverkehr und wollten die auch nutzen.) Aber als wir, wie am vorherigen Abend verabredet, Amar anriefen, teilte er uns mit, dass wir möglicherweise heute endlich seine Frau treffen könnten. Das hatten wir schon den Tag zuvor versucht und so fanden wir es nun doch unhöflich einfach abzulehnen.
Also änderten wir unsere Pläne und besuchten statt der Fähre ein Shopping-Center um uns mit der Frage zu beschäftigen, was kauft man für Leute, die man eigentlich gar nicht kennt? Als wir einige Zeit darüber nachdachten, kam meine deutsche Pragmatik durch, die einen 'Männersaft' für den Herrn vorschlägt und Blumen und/oder Schokolade für die Dame. Also kauften wir einen Whiskey und ärgerten uns über den 5 $ höheren Preis (im Vergleich zu Ottawa) und da es keine Blumen gab, kauften wir Schokolade und wir waren mit unseren Einkäufen durch. Nun konnten wir uns etwas wichtigerem widmen... es gibt H&M in Vancouver, hurra! Nach fast einem Jahr h-und-m-los in Ottawa litt ich schon unter kleineren Entzugserscheinungen aber ein kurzer Rundgang konnte mich alsbald beruhigen: Alles sieht so aus wie immer... Nach einigen anderen Shopbesuchen, verließen wir die Mall und kehrten zurück zum Hostel, um uns umzuziehen und wieder etwas zivilisierter auszusehen und machten uns auf, zurück zur Main-Station. Dort riefen wir nochmals Amar an, nur um zu erfahren, dass das Treffen mit seiner Frau doch nicht klappt, weil sie bereits etwas anderes vorhatte aber er sich trotzdem auf ein Treffen freuen würde, eine Information die mich etwas verwundert zurückließ und Anand verärgert, er begann aktiv das Vorhandensein der Ehefrau im Ganzen in Frage zu stellen, da wir nun aber schon da waren und umgezogen, beschlossen wir auch hinzufahren (Trägheitsgesetz), schnell das Dinner zu erledigen und zurückzukehren um bei entsprechendem Interesse vielleicht sogar noch den Chinesischen Nachtmarkt zu besichtigen.
Amar wohnt in Surrey, einer Vorstadt von Vancouver und man fährt dorthin mit dem Skytrain, einer Bahn, die mit Linearmotoren ausgestattet ist (danke
wikipedia) und auf den meisten Strecken als Hochbahn konzipiert ist. Teilweise wurde die Bahn sogar noch höher, wenn Brücken über die diversen Flüsse überquert wurden, auf denen wie eh und je Holz 'gelogt' wird... ich finde gerade keinen deutschen Begriff dafür, wie man Holz auf einem Fluss transportiert, in dem man es einfach schwimmen lässt.
Surrey wurde 1879 auf dem früheren Stammesgebiet der Qw’ontl’en-Nation gegründet und ist die zweitgrößte Stadt in British Columbia und die mit der jüngsten Einwohnerschaft. Sie ist vom Charakter her eine Einfamilienhaus-Vorstadt Vancouvers, auch wenn sie diese in Bevölkerungszahlen bald überholen wird, denn die Stadt wächst sehr schnell durch den Zuwachs vorallem asiatischer Bevölkerung. Der indische Anteil daran beträgt 30 %, von allen Religionen im Stadtgebiet ist der
Sikhismus mit fast 20 % vor allen anderen Religionen dominierend, was die Vaisakhi-Parade zur größten in Kanada macht, so dass man insgesamt von einem indo-kanadischen Stadtteil sprechen kann.
Dorthin nun fuhren wir um Amars Frau erneut nicht kennenzulernen, aber er konnte immerhin glaubhaft versichern, dass sie tatsächlich auf einem Frauenabend war, in dem er einen anderen der verzweifelt allein gelassenen Ehemänner mitbrachte. Wir fuhren zuerst zu dem Steakhaus Kegs und es zeigte sich, dass Amars Freund einige Zeit in Mumbai gelebt hatte und sich gut mit den neuesten Bollywood-Filmen auskannte, was Anands Laune immerhin von frostig auf ein vorsichtiges Plus steigern konnte. Nach Kegs ging es zum eigentlichen Abendessen in ein chinesisches Restaurant, welches Essen serviert, wie man es in Indien beim Chinesen kaufen könnte (das ist nämlich anders als chinesisches Essen in Europa). So kam ich nach langer Zeit wieder in den Genuss von mandschurischem Hühnchen 'á la indienne' und freute mich an dem verblüfften Gesicht des chinesischen Kellners mit Heimatstadt Kalkutta, dass auch ich etwas hindi sprechen kann und nicht nur Chinesen... =) So wurde es doch noch ein vergnüglicher Abend und nach all dem Multikulti hieß es entgültig Abschied nehmen von Amar und es ging zurück zum Hostel.
Am nächsten Morgen nahmen wir den Bus zum Flughafen und nachdem wir dort eine Weile herumgescheucht wurden, da das Flugzeug den Terminalplatz änderte, ging es zurück in die ostkanadische 'Heimat'.
Vom Flug bekam ich diesmal nicht allzuviel mit, denn sobald ich im warmen weichen Sitz versank, war ich auch schon eingeschlafen... auf was ich mich in Ottawa ausser meinen Katzen am meisten freute? - Mein absolut nicht-quietschendes geräuschloses Bett.
Alle Bilder und noch viel mehr sind wie immer in einem kleinen Fotoalbum versammelt. Um dorthin zu gelangen (bei entsprechendem Interesse), kann man einfach auf das Bild unter diesem Text clicken: