6. März 2016

Statt Sonntagsblumen


Das ist eine meine liebsten Baumwurzeln im Frankfurter Stadtwald. Die alte Buche wächst dort zur Hälfte einen kleinen Abhang hinunter und stützt sich deshalb mit den offenen, dick bemoosten Wurzeln ab. Wahrscheinlich wird sie in dem z.T. sehr weichen Waldboden irgendwann keinen Halt mehr finden und zur Seite wegbrechen, doch bis dahin ist sie eine beeindruckende Erscheinung.
Ich habe ein paar Fotos mit mir als Maßstab genommen und dabei festgestellt, daß die Wurzel gar nicht so riesig ist, wie sie mir vorkommt. Da spielt wohl auch Perspektive eine Rolle, da man von unten den Hang hinauf schaut und überall nur Wurzel sieht.
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Der nahe Stadtwald ist zu meinem täglichen Ausflugsort geworden - gerade vormittags, wenn noch nicht alle Hundebesitzer der Gegend unterwegs sind, kann man selbst am Jacobiweiher ungestört sein (solange man die Flugzeuggeräusche ausblendet).
Am Nachmittag nehme ich mir dann lieber mein Fahrrad und fahre bis zum Wildgatter, wo man kaum noch Menschen trifft, dafür umso mehr Damwild. Dort sieht der Wald auch weniger ‚ordentlich‘ aus, Baumriesen liegen zahlreich über den teils sumpfigen Bächen und am Mörderbrunnen kann man in Ruhe über die alten Sagen nachdenken (es sei denn, in dem Augenblick tobt wieder eine Gruppe Damwild an einem vorbei).
Der ganze Wald ist voller Zeichen an vorherige Zeiten, seien es die Weidegebietsschilder des Deutschen Ordens, seien es die Jahreszahlen an Brücken und Brunnen, die Meilensteine und selbst die in weiche Buchenrinde eingeritzten Herzen und Kritzeleien … alles zeigt, hier waren schon immer Menschen.

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Vor kurzem besuchte ich das Archäologische Museum der Stadt (eher Ausversehen, weil das Museum, das ich eigentlich besuchen wollte, geschlossen war), und ich war begeistert. Welche Stadt kann schon so reiche Ausgrabungen, die fast allesamt innerhalb der eigenen Stadtgrenzen gefunden wurden, präsentieren: Da waren die keltischen Ringburgen des Altkönig, die römische Siedlung Nida (heute der Stadtteil Heddernheim), die Wasserburgen des Mittelalters (Bonames), selbst die derzeitige nordische Bären und Schamanen-Ausstellung beruft sich auf ein Doppel-Kindergrab unter dem Dom, in dem ein Kind auf christliche und ein zweites auf heidnische Weise im Bärenfell bestattet wurde… ein Zeichen, daß heidnische und christliche Bräuche noch viel länger nebeneinander bestanden als allgemein angenommen. 
Der Eisenzeit und da besonders der vorrömischen Hallstadt-Zeit wird besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet u.a. mit einem kompletten Grab unter Glas und da kommen wir zurück zum Stadtwald, denn dort befinden sich 450 Grabhügel aus dieser und der nachfolgenden Latene-Zeit. 80 davon wurden im Laufe der Jahre geöffnet, zumeist weil sie Straßen im Weg standen, oder auch Notgrabungen durchgeführt werden mussten und die gefundenen Beigaben - wie Schmuck, Keramik und Waffen - werden im Museum präsentiert. Damals wurde für die ‚Könige‘ (oder wie auch immer die Obrigkeiten hießen, die so reich ausgestattet begraben wurden) auf dem freiem Feld ein Sandsteinring erbaut, und letztlich mit Sand verfüllt, so daß die typische Hügelform entstand.
Einen genauen Lageplan der restlichen Hügel habe ich - wahrscheinlich aus guten (Grabräuber-Gefahr!) Gründen - nicht finden können, doch seitdem sieht jede kleine Erhebung im Stadtwald ungleich interessanter aus als zuvor. Der Wald ist wirklich voller alter Geschichten und viele davon sind offenbar älter, als ich zuvor annahm.

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